Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell
aus seiner Stirn. »Sie ist gestorben, als ich klein war. Sie hatte gelbes Haar, und manchmal hat sie mir etwas vorgesungen, daran erinnere ich mich noch. Sie hat in einer Bierschenke gearbeitet.«
»Hat auch Lord Stannis dir Fragen gestellt?«
»Der Kahle? Nein, der nicht. Der hat die ganze Zeit kein Wort gesagt, hat mich nur finster angesehen, als wäre ich ein Vergewaltiger, der sich an seiner Tochter vergangen hätte.«
»Achte auf deine unflätigen Worte«, sagte der Meister. »Vor dir steht die Hand des Königs.« Der Junge senkte den Blick. »Ein kluger Junge, aber halsstarrig. Dieser Helm … die anderen nennen ihn stur wie ein Ochse, also hat er ihnen das Ding vor den Wanst geknallt.«
Ned legte dem Jungen die Hand auf den Kopf und fühlte das dicke, schwarze Haar. »Sieh mich an, Gendry.« Der Lehrling blickte auf. Ned betrachtete die Form seines Unterkiefers, die Augen wie blaues Eis. Ja , dachte er, ich sehe es. »Geh wieder an deine Arbeit, Junge. Es tut mir leid, wenn ich dich gestört habe.« Er kehrte mit dem Meister zum Haus zurück. »Wer hat das Lehrgeld für den Jungen bezahlt?«, fragte er beiläufig.
Mott machte ein ärgerliches Gesicht. »Ihr habt den Jungen gesehen. Ein so kräftiger Junge. Diese Hände, seine Hände sind für den Hammer wie geschaffen. Er war so vielversprechend, dass ich ihn ohne Lehrgeld genommen habe.«
»Sagt die Wahrheit«, drängte Ned. »Die Straßen sind voll kräftiger Jungen. Der Tag, an dem Ihr einen Lehrling ohne Lehrgeld annehmt, wird der Tag sein, an dem die Mauer einstürzt. Wer hat für ihn bezahlt?«
»Ein Lord«, sagte der Meister zögerlich. »Er hat keinen Namen genannt und trug kein Siegel an seinem Mantel. Er hat in Gold gezahlt, das Doppelte der üblichen Summe, und er sagte, er zahlte einmal für den Jungen und einmal für mein Schweigen.«
»Beschreibt ihn.«
»Er war stämmig, mit runden Schultern, nicht so groß wie Ihr. Brauner Bart, doch mit etwas Rot darin, das würde ich beschwören. Er trug einen teuren Umhang, daran erinnere ich mich noch, schwerer, roter Samt mit silbernem Faden, aber die Kapuze verdeckte sein Gesicht, und ich konnte es nicht richtig sehen.« Einen Moment lang zögerte er. »Mylord, ich möchte keine Schwierigkeiten.«
»Keiner von uns möchte Schwierigkeiten, nur fürchte ich, dass wir in schwierigen Zeiten leben, Meister Mott«, sagte Ned. »Ihr wisst, wer der Junge ist.«
»Ich bin nur ein Waffenschmied, Mylord. Ich weiß nur, was man mir sagt.«
»Ihr wisst, wer der Junge ist«, wiederholte Ned geduldig. »Das ist keine Frage.«
»Der Junge ist mein Lehrling«, sagte der Meister. Er sah Ned in die Augen, unbeugsam wie altes Eisen. »Wer er war, bevor er zu mir kam, geht mich nichts an.«
Ned nickte. Er kam zu dem Schluss, dass ihm Tobho Mott, der meisterliche Waffenschmied, gefiel. »Sollte je der Tag kommen, an dem Gendry ein Schwert lieber schwingen als schmieden möchte, schickt ihn zu mir. Er sieht wie ein Krieger aus. Bis dahin seid Euch meines Dankes gewiss, Meister Mott, und meines Versprechens: Sollte ich je mit einem Helm Kinder erschrecken wollen, komme ich zuallererst zu Euch.«
Seine Garde wartete draußen bei den Pferden. »Habt Ihr etwas herausgebracht, Mylord?«, fragte Jacks, als Ned aufstieg.
»Allerdings«, erklärte Ned und überlegte. Was hatte Jon Arryn von einem Bastard des Königs gewollt, und wieso war dies sein Leben wert gewesen?
CATELYN
»Mylady, Ihr solltet Euren Kopf bedecken«, erklärte Ser Rodrik, während sich ihre Pferde gen Norden schleppten. »Ihr werdet Euch erkälten.«
»Es ist nur Wasser, Ser Rodrik«, erwiderte Catelyn. Ihr Haar hing nass und schwer herab, eine lose Strähne klebte an ihrer Stirn, und sie konnte sich vorstellen, wie abgerissen und wild sie aussehen musste, doch diesmal war es ihr egal. Der Regen im Süden war weich und warm. Catelyn gefiel es, wie er sich auf ihrem Gesicht anfühlte, sanft wie die Küsse einer Mutter. Es führte sie zurück in ihre Kindheit, zu langen, grauen Tagen in Schnellwasser. Sie erinnerte sich an den Götterhain, herabhängende Äste, schwer von der Feuchtigkeit, und an das Lachen ihres Bruders, wenn er sie durch Haufen feuchter Blätter jagte. Sie erinnerte sich daran, wie sie mit Lysa Matschkuchen gebacken hatte, wie schwer diese waren, und an den glitschigen, braunen Schlamm zwischen den Fingern. Sie hatten sie Kleinfinger serviert, kichernd, und er hatte so viel Matsch gegessen, dass er eine Woche krank war. Wie jung
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