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Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell

Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell

Titel: Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R R Martin
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sie alle gewesen waren.
    Fast hatte Catelyn es schon vergessen. Im Norden fiel der Regen kalt und hart, und manchmal wurde er bei Nacht zu Eis. Er konnte das Korn ebenso leicht vernichten wie nähren, und ausgewachsene Männer flüchteten in den nächstbesten Schutz. Das war kein Regen, in dem kleine Mädchen spielten.
    »Ich bin triefnass«, beklagte sich Ser Rodrik. »Bis auf die Knochen.« Die Bäume um sie standen immer dichter, und das stete Prasseln von Regen auf den Blättern wurde begleitet
vom leise schmatzenden Geräusch, das ihre Pferde machten, wenn sie ihre Hufe aus dem Schlamm zogen. »Wir werden heute Abend ein Feuer brauchen, Mylady, und eine warme Mahlzeit würde uns beiden guttun.«
    »Es gibt einen Gasthof an der Kreuzung dort hinten«, erklärte ihm Catelyn. So manche Nacht hatte sie in ihrer Jugend dort geschlafen, wenn sie mit ihrem Vater reiste. Lord Hoster Tully war in der Blüte seiner Jahre ein rastloser Mann gewesen, der stets irgendwohin ritt. Noch heute erinnerte sie sich an die Wirtin, eine dicke Frau namens Masha Heddle, die bei Tag und Nacht Bitterblatt kaute und einen nie enden wollenden Vorrat an Freundlichkeit und süßen Kuchen für die Kinder bereitzuhalten schien. Die Kuchen waren von Honig durchtränkt, mächtig und schwer auf der Zunge, doch ihr Lächeln hatte Catelyn gefürchtet. Das Bitterblatt hatte Mashas Zähne dunkelrot gefärbt, was ihr Lächeln zum blanken Schrecken machte.
    »Einen Gasthof«, wiederholte Ser Rodrik versonnen. »Wenn nur … aber wir dürfen es nicht riskieren. Wenn wir unerkannt bleiben wollen, halte ich es für das Beste, wenn wir uns einen kleinen Unterstand suchen …« Er hielt inne, als sie vor sich auf der Straße etwas hörten, platschendes Wasser, das Klirren von Ketten, das Wiehern eines Pferdes. »Reiter«, warnte er, und seine Hand ging zum Heft seines Schwertes. Selbst auf dem Königsweg schadete es nie, wachsam zu sein.
    Sie folgten den Geräuschen um eine leichte Biegung und sahen sie: eine Kolonne bewaffneter Männer, die lärmend einen reißenden Bach durchquerten. Catelyn hielt ihr Pferd an, um sie passieren zu lassen. Das Banner in der Hand des vordersten Reiters hing schlaff und durchweicht herab, doch die Garde trug indigoblaue Umhänge, und auf ihren Schultern flog der silberne Adler von Seegart. »Mallisters«, flüsterte Ser Rodrik ihr zu, als wüsste sie es nicht. »Mylady, Ihr solltet lieber Eure Kapuze aufsetzen.«
    Catelyn rührte sich nicht. Lord Jason Mallister höchstselbst
ritt mit ihnen, umgeben von seinen Rittern, sein Sohn Patrek an seiner Seite und ihre Knappen gleich dahinter. Sie ritten nach Königsmund zum Turnier der Hand, das war ihr klar. Seit Wochen drängten sich die Reisenden wie die Fliegen auf dem Königsweg. Ritter und Edelfreie, Sänger mit ihren Harfen und Trommeln, schwere Wagen, beladen mit Hopfen oder Getreide oder Honigwaben, Händler und Handwerker und Huren, und sie alle waren auf dem Weg nach Süden.
    Offen betrachtete sie Lord Jason. Sie war ihm zuletzt begegnet, als er mit ihrem Onkel bei ihrer Hochzeit gescherzt hatte. Die Mallisters waren Vasallen der Tullys, und seine Geschenke waren verschwenderisch gewesen. Inzwischen war sein braunes Haar von Weiß durchzogen, sein Gesicht im Laufe der Jahre wie gemeißelt, doch hatte die Zeit seinem Stolz nichts anhaben können. Er ritt wie ein Mann, der nichts fürchtete. Darum beneidete ihn Catelyn. Sie selbst fürchtete mittlerweile so vieles. Als die Reiter passierten, nickte Lord Jason kurz zum Gruße, doch war es nur die Höflichkeit eines hohen Herrn einer Fremden gegenüber. In seinen grimmigen Augen lag kein Erkennen, und sein Sohn verschwendete nicht einmal einen Blick an sie.
    »Er hat Euch nicht erkannt«, sagte Ser Rodrik später staunend.
    »Er hat ein paar schlammverdreckte Reisende am Straßenrand gesehen, nass und müde. Ihm käme nicht in den Sinn, dass einer davon die Tochter seines Lehnsherrn sein könnte. Ich denke, wir dürften im Gasthof sicher sein, Ser Rodrik.«
    Es war fast dunkel, als sie ihn erreichten, am Kreuzweg nördlich des großen Zusammenflusses zum Trident. Masha Heddle war dicker und grauer, als Catelyn sie in Erinnerung hatte, kaute noch immer Bitterblatt, widmete ihnen jedoch nur einen höchst flüchtigen Blick, ohne auch nur die Andeutung ihres grässlich roten Lächelns. »Zwei Zimmer ganz oben am Ende der Treppe, mehr ist nicht mehr da«, sagte sie und kaute dabei. »Sie liegen unter dem Glockenturm, sodass Ihr

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