Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell
Zugeständnis an Verzierungen.
»Einhundert Golddrachen auf den Königsmörder«, verkündete Kleinfinger laut, als Jaime Lennister auf den Platz kam, auf einem eleganten, roten Streitross. Das Pferd trug eine Decke aus vergoldeten Ketten, und Jaime glitzerte von Kopf bis Fuß. Selbst seine Lanze war aus dem goldenen Holz von den Sommerinseln gearbeitet.
»Abgemacht«, rief Lord Renly zurück. »Der Bluthund hat heute Morgen etwas Hungriges an sich.«
»Selbst hungrige Hunde sind klug genug, nicht die Hand zu beißen, die sie füttert«, rief Kleinfinger trocken zurück.
Sandor Clegane klappte sein Visier hörbar herunter und ging in Position. Ser Jaime warf einer Frau aus dem gemeinen Volk eine Kusshand zu, ließ sein Visier sanft herab und ritt zum Ende des Platzes. Beide Männer senkten ihre Lanze.
Ned Stark wäre nichts lieber gewesen, als zu sehen, wie sie beide unterlagen, Sansa hingegen beobachtete alles eifrig und mit feuchten Augen. Die eilig errichtete Empore erbebte, als die Pferde den Galopp aufnahmen. Der Bluthund beugte sich beim Reiten vor, die Lanze starr und unbeweglich, doch Jaime veränderte seine Sitzposition im Augenblick vor dem Aufprall. Cleganes Lanze wurde wirkungslos vom goldenen Schild mit dem Löwenwappen abgelenkt, während seine eigene voll traf. Holz splitterte, und der Bluthund wankte, kämpfte darum, im Sattel zu bleiben. Sansa stöhnte auf. Heiserer Jubel kam vom gemeinen Volk.
»Ich überlege schon, wofür ich Euer Geld ausgebe«, rief Kleinfinger zu Lord Renly hinab.
Der Bluthund hielt sich gerade noch im Sattel. Hart riss er sein Pferd herum und ritt für den zweiten Versuch auf die Bahn zurück. Jaime Lennister warf seine gebrochene Lanze fort und nahm sich eine neue, scherzte dabei mit seinem Knappen. Der Bluthund gab seinem Pferd die Sporen zu hartem Galopp, und Lennister ritt ihm entgegen. Diesmal, als Jaime sich im Sattel drehte, drehte sich Sandor Clegane mit ihm. Beide Lanzen explodierten, und als sich die Splitter gelegt hatten, trabte ein reiterloser Fuchs auf der Suche nach Gras davon, während Ser Jaime Lennister durch den Dreck rollte, golden und verbeult.
Sansa sagte: »Ich wusste, dass der Bluthund siegen würde.«
Kleinfinger hörte sie. »Falls Ihr auch wisst, wer den zweiten
Kampf gewinnt, sagt es mir schnell, bevor Lord Renly mich noch weiter rupft«, rief er ihr zu. Ned lächelte.
»Schade, dass der Gnom nicht bei uns ist«, sagte Lord Renly. »Da hätte ich schon das Doppelte gewonnen.«
Jaime Lennister stand wieder auf den Beinen, doch sein verzierter Löwenhelm war bei dem Sturz herumgedreht und eingebeult worden, und nun konnte er ihn nicht mehr abnehmen. Das Volk jubelte und deutete auf ihn, die Lords und Ladys versuchten, ihr leises Lachen zu unterdrücken, was ihnen nicht gelang, und über allem hörte Ned das Grölen König Roberts, lauter als alles andere. Schließlich musste man den Löwen von Lennister zu einem Schmied führen, blind und stolpernd.
Mittlerweile war Ser Gregor Clegane am Ende der Kampfbahn in Stellung gegangen. Er war ein Hüne, der größte Mann, den Eddard Stark je gesehen hatte. Robert Baratheon und seine Brüder waren allesamt große Männer, wie auch der Bluthund, und auf Winterfell gab es einen einfältigen Stalljungen namens Hodor, neben dem sie alle Zwerge waren, doch dieser Ritter, den man den Reitenden Berg nannte, hätte selbst noch Hodor überragt. Er war weit über sieben Fuß groß, fast schon acht, mit mächtigen Schultern und Armen, so dick wie die Stämme kleiner Bäume. Sein Streitross wirkte unter den gepanzerten Beinen wie ein Pony, und die Lanze, die er trug, sah bei ihm aus wie ein Besenstiel.
Im Gegensatz zu seinem Bruder lebte Ser Gregor nicht bei Hofe. Er war ein Einzelgänger, der sein eigenes Land nur selten verließ, es sei denn für den Krieg oder ein Turnier. Er war bei Lord Tywin, als Königsmund fiel, ein frisch gesalbter Ritter von siebzehn Jahren, selbst damals schon berühmt für seine Größe und seine unnachgiebige Grausamkeit. Manch einer sagte, Gregor sei es gewesen, der den Schädel des kleinen Prinzen Aegon Targaryen an einer Wand zerschmettert habe, und man flüsterte, danach habe er dessen Mutter, die Prinzessin Elia aus Dorne, vergewaltigt, bevor er sie mit seinem
Schwert aufspießte. In Gregors Gegenwart schwieg man über diese Dinge.
Ned Stark konnte sich nicht erinnern, jemals mit dem Mann gesprochen zu haben, obwohl Gregor während Balon Graufreuds Rebellion mit ihnen
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