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Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell

Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell

Titel: Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R R Martin
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ein mächtiges, sich aufblähendes Zelt, das man errichten konnte, um sich vor den seltenen Regenfällen zu schützen, oder einholen, um den endlosen Himmel hereinzulassen. Um die Halle gab es weite, grasbewachsene Pferdekoppeln, die von hohen Hecken eingefasst waren, dazu Feuergruben und Hunderte
von runden, irdenen Häusern, die sich vom Gras bedeckt wie winzige Hügel aus dem Boden wölbten.
    Eine kleine Armee von Sklaven war vorausgeeilt, um Khal Drogos Ankunft vorzubereiten. Jeder Reiter, der sich aus seinem Sattel schwang, löste seinen arakh aus dem Gürtel und reichte ihn einem wartenden Sklaven, und alle anderen Waffen, die er trug, ebenso. Nicht einmal Khal Drogo selbst bildete eine Ausnahme. Ser Jorah hatte erklärt, dass es verboten sei, in Vaes Dothrak eine Waffe zu tragen oder das Blut eines freien Mannes zu vergießen. Selbst Krieg führende Khalasars vergaßen ihre Fehden, solange sie in Sichtweite der Mutter aller Berge waren. An diesem Ort, das hatten die alten Weiber der Dosh Khaleen bestimmt, waren alle Dothraki vom selben Blut, ein Khalasar , eine Herde.
    Cohollo kam zu Dany, als Irri und Jhiqui ihr von der Silbernen halfen. Er war der älteste von Drogos drei Blutreitern, ein vierschrötiger, kahler Mann mit einer Hakennase und dem Mund voll zerbrochener Zähne, die zwanzig Jahre zuvor eine Keule zertrümmert hatte, als er den jungen Khalakka vor Söldnern rettete, die hofften, ihn an die Feinde seines Vaters verkaufen zu können. Seit dem Tag, an dem ihr Hoher Gatte das Licht der Welt erblickt hatte, war sein Leben mit dem Drogos verbunden.
    Jeder Khal hatte seine Blutreiter. Anfangs hatte Dany sie für eine Art Dothrakischer Königsgarde gehalten, darauf eingeschworen, ihren Herrn zu schützen, doch war das noch nicht alles. Jhiqui hatte ihr erklärt, Blutreiter seien mehr als nur Gardisten. Sie seien die Brüder des Khal , seine Schatten, seine wildesten Freunde. »Blut von meinem Blut«, nannte Drogo sie, und das waren sie auch. Sie teilten dasselbe Leben. Die uralten Traditionen der Reiterlords verlangten, dass, wenn ein Khal starb, auch seine Blutreiter mit ihm starben, um an seiner Seite in die Länder der Nacht zu reiten. Starb der Khal von Feindeshand, lebten sie nur so lange, bis sie ihn gerächt hatten, und dann folgten sie ihm freudig ins Grab. In manchen Khalasars , so sagte Jhiqui, teilten die Blutreiter mit
ihrem Khal den Wein, sein Zelt und sogar die Frauen, wenn auch nie seine Pferde. Das Pferd eines Mannes war sein eigen.
    Daenerys war froh, dass sich Khal Drogo nicht an diese alten Sitten hielt. Es hätte ihr nicht gefallen, wenn er sie mit anderen teilte. Zwar behandelte sie der alte Cohollo freundlich, doch die Übrigen machten ihr Angst. Haggo war groß wie ein Riese, schwieg stets und sah sie oft so finster an, als hätte er vergessen, wer sie war, und Qotho besaß grausame Augen und flinke Hände, die gern Schmerz zufügten. Stets ließ er dunkelblaue Flecken an Doreahs weicher, weißer Haut zurück, wenn er sie berührte, und manchmal brachte er Irri des Nachts zum Schluchzen. Sogar seine Pferde schienen ihn zu fürchten.
    Doch sie waren auf Leben und Tod mit Drogo verbunden, sodass Dany sie hinnehmen musste. Und manchmal wünschte sie, ihr Vater wäre von solchen Männern beschützt worden. In den Liedern waren die Weißen Ritter der Königsgarde edle Männer, tapfer und aufrichtig, und doch hatte einer von ihnen König Aerys ermordet, dieser hübsche Junge, den man den Königsmörder nannte, und ein anderer, Ser Barristan, der Kühne, war zum Usurpator übergelaufen. Sie fragte sich, ob wohl alle Männer in den Sieben Königslanden so falsch waren. Wenn ihr Sohn erst auf dem Eisernen Thron säße, wollte sie dafür sorgen, dass er eigene Blutreiter hatte, die ihn gegen den Verrat in seiner Königsgarde schützten.
    »Khaleesi« , sagte Cohollo zu ihr auf Dothrakisch. »Drogo, der das Blut von meinem Blut ist, befiehlt mir, Euch zu sagen, dass er heute Abend die Mutter aller Berge ersteigen muss, um den Göttern für seine sichere Heimkehr zu opfern.«
    Nur Männern war es gestattet, die Mutter zu betreten, das wusste Dany. Die Blutreiter des Khal würden ihn begleiten und im Morgengrauen heimkehren. »Sagt meiner Sonne, meinem Stern, dass ich von ihm träume und begierig seine Heimkehr erwarte«, erwiderte sie dankbar. Dany ermüdete leichter, je größer das Kind in ihr wurde. In Wahrheit wäre
ihr eine ruhige Nacht höchst willkommen. Ihre Schwangerschaft schien

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