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Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell

Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell

Titel: Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R R Martin
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glaubt Ihr, wie lange ein solcher Pöbel dem Angriff von vierzigtausend Reitern standhalten könnte, die Blut sehen wollen? Wie gut würden Lederwesten sie schützen, wenn es Pfeile regnet?«
    »Nicht lange«, sagte sie, »nicht gut.«
    Er nickte. »Wohlgemerkt, Prinzessin, wenn die Lords der Sieben Königslande auch nur den Verstand besitzen, den die Götter einer Gans gegeben haben, wird es dazu nie kommen. Die Reiter finden keinen Gefallen an Belagerungen. Ich bezweifle, ob sie auch nur die schwächste Burg der Sieben Königslande nehmen könnten, doch wenn Robert Baratheon dumm genug wäre, sich ihnen in der Schlacht zu stellen …«
    »Ist er das?«, fragte Dany. »Ein Dummkopf, meine ich?«
    Darüber dachte Ser Jorah einen Moment lang nach. »Robert
hätte als Dothraki auf die Welt kommen sollen«, sagte er schließlich. »Euer Khal würde Euch erklären, dass sich nur ein Feigling hinter steinernen Mauern versteckt, statt sich seinem Feind mit einer Klinge in der Hand zu stellen. Der Usurpator würde dem zustimmen. Er ist ein starker Mann, kühn … und aufbrausend genug, dass er sich einer dothrakischen Horde auf dem Feld stellen würde. Doch die Männer um ihn, nun, deren Pfeifer spielen ein anderes Lied. Sein Bruder Stannis, Lord Tywin Lennister, Eddard Stark …« Er spuckte aus.
    »Ihr hasst diesen Lord Stark«, sagte Dany.
    »Er hat mir alles genommen, was ich liebte, wegen ein paar verlauster Wilderer und seiner kostbaren Ehre«, sagte Ser Jorah verbittert. An seiner Stimme hörte sie, dass der Verlust ihn nach wie vor quälte. Eilig wechselte er das Thema. »Dort«, verkündete er und deutete auf etwas. »Vaes Dothrak. Die Stadt der Reiterlords.«
    Khal Drogo und seine Blutreiter führten sie über den großen Basar des Westlichen Marktes und die breiten Straßen jenseits davon. Dany hielt sich auf ihrer Silbernen in seiner Nähe und bestaunte die seltsamen Dinge um sich herum. Vaes Dothrak war gleichzeitig die größte und die kleinste Stadt, die sie je gesehen hatte. Sie glaubte, sie müsse zehn Mal so groß wie Pentos sein, eine Weite ohne Mauern oder Grenzen, die breiten winddurchwehten Straßen mit Gras und Schlamm gepflastert und von wilden Blumen wie ein Teppich überzogen. In den Freien Städten des Westens drängten sich Türme und Häuser und Schuppen und Brücken und Läden und Burgen aneinander, doch Vaes Dothrak breitete sich gleichförmig aus, briet in der warmen Sonne, uralt, hochfahrend und leer.
    Selbst die Bauten waren in ihren Augen seltsam. Sie sah gehauene Steinzelte, aus Gras geflochtene Herrenhäuser, groß wie Burgen, wacklige Holztürme, gestufte Pyramiden, mit Marmor verblendet, Baumhallen, die zum Himmel hin offen waren. An Stelle von Mauern waren manche Paläste
von dornigen Hecken umgeben. »Kein Gebäude gleicht dem anderen«, stellte sie fest.
    »Euer Bruder hatte zum Teil Recht«, gab Ser Jorah zu. »Die Dothraki bauen nicht. Vor tausend Jahren, wenn sie ein Haus bauen wollten, gruben sie ein Loch in die Erde und bedeckten es mit einem Dach aus geflochtenem Gras. Die Bauten, die Ihr hier seht, wurden von Sklaven errichtet, die aus geplünderten Ländern hierhergebracht wurden, und jedes wurde nach der Sitte ihres eigenen Volkes errichtet.«
    Die meisten Bauten, selbst die größten, wirkten menschenleer. »Wo sind die Menschen, die hier leben?«, fragte Dany. Auf dem Basar hatte sie herumlaufende Kinder und schreiende Männer gesehen, doch ansonsten hatte sie nur ein paar Eunuchen entdeckt, die ihren Geschäften nachgingen.
    »Nur die alten Weiber der Dosh Khaleen wohnen ständig in der heiligen Stadt, sie und ihre Sklaven und Diener«, erwiderte Ser Jorah, »hingegen ist Vaes Dothrak groß genug, jeden Mann aus jedem Khalasar unterzubringen, falls alle Khals eines Tages zur Mutter heimkehren sollten. Die alten Weiber haben prophezeit, dass dieser Tag irgendwann kommen würde, und daher muss Vaes Dothrak bereit sein, all seine Kinder in die Arme zu schließen.«
    Schließlich ließ Khal Drogo in der Nähe des Östlichen Marktes halten, zu dem die Karawanen von Yi Ti und Asshai und den Schattenländern zum Handel kamen, während die Mutter aller Berge über ihnen aufragte. Dany lächelte, als sie an Illyrios Sklavenmädchen und ihr Gerede von einem Palast mit zweihundert Räumen und Türen aus reinem Silber denken musste. Der »Palast« war eine höhlenartige, hölzerne Festhalle, deren grob gehauene Holzwände vierzig Fuß hoch aufragten, das Dach aus genähter Seide,

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