Das Lied von Eis und Feuer 6 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 6 - A Storm of Swords. Book Three of A Song of Ice and Fire (2)
hätte, wegen der ich die Stadt hätte verlassen können. Kleinfinger war wirklich schlau.«
Joffrey und Margaery standen, umgeben von der Königsgarde, oben auf der Treppe, die auf den breiten Marmorplatz hinunterführte. Ser Addam Marbrand und seine Goldröcke hielten die Menge zurück, während die Statue von König Baelor dem Seligen wohlwollend auf sie herabblickte. Tyrion blieb keine andere Wahl, als sich in die Prozession einzureihen und dem frisch vermählten Paar zu gratulieren. Er küsste Margaery die Hand und wünschte ihr alles Glück. Glücklicherweise warteten hinter ihnen noch mehr Gratulanten, so dass sie nicht lange zu verweilen brauchten.
Ihre Sänfte hatte in der Sonne gestanden, und hinter den Vorhängen war es sehr warm. Während sie sich ruckelnd in Bewegung setzte, stützte sich Tyrion auf einen Ellenbogen, derweil Sansa auf ihre Hände starrte. Sie ist genauso hübsch wie das Tyrell-Mädchen. Ihr Haar war dicht und von einem herbstlichen Rötlichbraun, ihre Augen leuchteten im tiefen Tullyblau. Der Gram hatte ihr etwas Gehetztes, Verletzliches verliehen, was sie nur noch anziehender machte. Er wollte zu ihr durchdringen, wollte den Panzer ihrer Höflichkeit durchbrechen. Konnte er deshalb nicht aufhören zu reden? Oder war es nur das Bedürfnis, sich von seiner vollen Blase abzulenken?
»Ich dachte, wir könnten eine Reise nach Casterlystein unternehmen, wenn die Straßen wieder sicherer sind.« Weit fort von Joffrey und meiner Schwester. Je länger er darüber nachdachte, was Joffrey mit dem Leben vierer Könige angestellt hatte, desto mehr Sorgen machte er sich. Damit wollte er mir etwas sagen, o ja. »Ich würde Euch zu gern mein Zuhause zeigen, zum Beispiel die Goldene Galerie und das Löwenmaul und die Halle der Helden, wo Jaime und ich als Jungen gespielt haben. Dort kann man es grollen hören, wenn sich draußen die Brandung heranwälzt …«
Langsam hob sie den Kopf. Er wusste, was sie vor sich sah, die vorgewölbte, tierhafte Stirn, den rohen Stumpf seiner Nase, die schiefe rosige Narbe und die ungleichen Augen. Ihre eigenen Augen waren groß, blau und leer. »Natürlich werde ich meinen Hohen Gemahl überallhin begleiten.«
»Ich hatte gehofft, Euch damit eine Freude zu machen, Mylady. «
»Es wird mir Freude bereiten, Euch eine Freude zu machen, Mylord.«
Er presste die Lippen zusammen. Was für ein armseliger kleiner Mann du doch bist. Hast du geglaubt, dein Gerede über das Löwenmaul würde sie zum Lächeln bringen? Wann hast du eine Frau je zum Lächeln gebracht, es sei denn mit Gold? »Nein, es war ein dummer Einfall. Nur ein Lennister kann den Stein lieben.«
»Ja, Mylord. Wie Ihr meint.«
Tyrion hörte das gemeine Volk, das König Joffreys Namen rief. In drei Jahren wird dieser grausame Junge ein Mann sein und aus eigenem Recht herrschen … und jeder Zwerg mit nur ein bisschen Verstand sollte dann Königsmund möglichst weit hinter sich gelassen haben. Vielleicht nach Altsass. Oder sogar in die Freien Städte. Er hatte schon immer einmal den Titanen von Braavos sehen wollen. Vielleicht würde Sansa das gefallen. Leise sprach er von Braavos und stieß auf eine Mauer dumpfer Höflichkeit, ebenso eisig und undurchdringlich wie die Mauer, auf der er einst im Norden dahingeschritten war. Es ermüdete ihn. Damals und jetzt.
Den Rest des Weges legten sie schweigend zurück. Nach einer Weile ertappte Tyrion sich dabei, dass er hoffte, Sansa würde etwas sagen, irgendetwas, nur ein einziges Wort, doch sie öffnete nicht ein einziges Mal den Mund. Als die Sänfte im Burghof hielt, ließ er ihr von einem der Stallburschen heraushelfen. »Wir werden in einer Stunde auf dem Fest erwartet, Mylady. Dort werde ich mich in Bälde zu Euch gesellen.« Steifbeinig ging er davon. Von der anderen Seite des Hofes hörte er Margaerys atemloses Lachen, als Joffrey sie aus dem Sattel hob. Der Junge wird eines Tages ebenso groß und stark sein wie Jaime, dachte er, und ich bin dann immer noch der Zwerg zu seinen Füßen. Und eines Tages wird er mich vermutlich noch kürzer machen …
Er fand einen Abtritt und seufzte dankbar, während er sich des morgendlichen Weins entledigte. Manchmal fühlte sich das Pissen fast genauso gut an, wie bei einer Frau zu liegen, diesmal zum Beispiel. Könnte er sich nur ebenso leicht von seinen Zweifeln und Schuldgefühlen befreien.
Podrick Payn wartete vor seinen Gemächern. »Ich habe Euch das neue Wams hingelegt. Nicht hier. Auf Euer Bett. Im
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