Das Lied von Eis und Feuer 6 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 6 - A Storm of Swords. Book Three of A Song of Ice and Fire (2)
anvertraute.
Im Unterholz neben der Straße bewegte sich etwas. Unwillkürlich zügelte Merrett sein Pferd und griff nach seinem Schwert, doch nur ein Eichhörnchen huschte vorbei. »Idiot«, schalt er sich und schob das Schwert wieder in die Scheide zurück, ohne es ganz herausgezogen zu haben. »Geächtete haben keine Schwänze. Verflucht noch mal, Merrett, reiß dich zusammen. « Sein Herz klopfte, als wäre er ein grüner Junge, der zum ersten Mal in die Schlacht ritt. Als wäre das hier der Königswald, und ich hätte es mit der alten Bruderschaft zu tun und nicht mit dem armseligen Haufen des Blitzlords. Einen Augenblick lang war er versucht, den Berg wieder hinunterzureiten und die nächste Bierschenke zu suchen. Mit diesem Beutel voll Gold konnte man eine Menge Bier kaufen, genug, damit er Petyr Pickel vergessen würde. Sollen sie ihn doch hängen, er hat sich die Suppe selbst eingebrockt. Genau das hat er verdient, dafür, dass er einfach mit einer verfluchten Lagerhure verschwindet wie ein brünstiger Hirsch.
Sein Kopf hatte zu pochen begonnen, schwach nur, aber er wusste genau, bald schon würde es schlimmer werden. Merrett rieb sich die Nasenwurzel. Er hatte wirklich kein Recht, so schlecht von Petyr zu denken. In seinem Alter habe ich das Gleiche getan. Bloß hatte ihm das lediglich die Lustseuche eingetragen, und dennoch konnte er nicht so hart darüber urteilen. Huren hatten ihre Reize, besonders wenn man ein Gesicht hatte wie Petyr. Der arme Kerl hat eine Frau, gewiss, aber sie war das halbe Problem. Sie zählte nicht nur doppelt so viele Jahre wie ihr Gemahl, sondern sie stieg auch zu seinem Bruder
Walder ins Bett, wenn man dem Gerede Glauben schenken konnte. Auf den Zwillingen gab es immer viel Gerede, und nur wenig davon entsprach der Wahrheit, doch in diesem Fall glaubte es Merrett. Der Schwarze Walder war ein Mann, der sich nahm, was er wollte, sogar die Frau seines Bruders. Er hatte sich auch Edwyns Weib genommen, das war allgemein bekannt, die Schöne Walda schlüpfte von Zeit zu Zeit unter seine Decke, und einige meinten sogar, er habe die siebente Lady Frey viel besser gekannt, als ihm zugestanden hätte. Kein Wunder, dass er sich weigerte zu heiraten. Warum eine Kuh kaufen, wenn alle Euter in der Umgebung darum betteln, gemolken zu werden?
Merrett fluchte leise vor sich hin, drückte dem Pferd die Fersen in die Flanken und ritt weiter den Berg hinauf. So verführerisch der Gedanke auch war, das Gold zu vertrinken, er wusste, wenn er ohne Petyr Pickel zurückkehrte, brauchte er eigentlich gar nicht zurückzukommen.
Lord Walder würde bald zweiundneunzig werden. Er war so gut wie taub und fast blind, und seine Gicht war so schlimm, dass er überallhin getragen werden musste. Vermutlich würde er es nicht mehr lange machen, darin waren sich alle seine Söhne einig. Und wenn er gestorben ist, wird sich alles ändern und nicht zum Besseren. Sein Vater war verdrossen und starrsinnig, hatte einen eisernen Willen und eine Zunge wie ein Wespenstachel, doch er sorgte für die Seinen. Für alle Seinen, sogar für die, die ihn verärgert und enttäuscht hatten. Sogar für jene, an deren Namen er sich nicht mehr erinnern kann. Wenn er jedoch einmal dahingegangen wäre …
Als Ser Stevron noch Erbe gewesen war, hatte es gar nicht so schlecht ausgesehen. Der Alte Mann hatte Stevron sechzig Jahre lang zu seinem Nachfolger herangezogen und ihm eingehämmert, Blut sei nun einmal Blut. Aber Stevron war gestorben, während er mit dem Jungen Wolf in den Krieg gezogen war – »am Warten, ohne Zweifel«, hatte der Lahme Lothar gespottet, als der Rabe die Nachricht brachte –, und seine Söhne
und Enkel gehörten zu einer anderen Sorte Freys. Stevrons Sohn Ser Ryman würde die Zwillinge nun erben, ein begriffsstutziger, starrköpfiger und gieriger Mann. Und nach Ryman waren seine eigenen Söhne Edwyn und der Schwarze Walder an der Reihe, die noch schlimmer waren. »Glücklicherweise«, hatte der Lahme Lothar einmal gesagt, »hassen sie sich gegenseitig noch mehr als uns.«
Merrett war sich nicht sicher, ob das wirklich ein Glück war, und außerdem könnte Lothar gefährlicher sein als jeder der beiden. Lord Walder hatte das Gemetzel an den Starks bei Roslins Hochzeit befohlen, doch der Lahme Lothar hatte es zusammen mit Roose Bolton geplant bis hin zu den Liedern, die gespielt werden sollten. Lothar war ein sehr amüsanter Kerl, wenn man mit ihm zechte, doch Merrett würde niemals so dumm sein, ihm den
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