Das Lied von Eis und Feuer 6 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 6 - A Storm of Swords. Book Three of A Song of Ice and Fire (2)
schweren Speere gegen das Holz. Lord Petyr zog Sansa auf die Füße. »Ihr seid doch nicht verletzt?« Als sie den Kopf schüttelte, sagte er: »Dann lauft und lasst meine Wachen ein. Rasch jetzt, wir haben keine Zeit zu verlieren. Dieser Sänger hat meine Hohe Gemahlin ermordet.«
EPILOG
Die Straße nach Altsteinen wand sich zweimal um den Berg, ehe man dessen Spitze erreichte. So überwuchert und steinig, wie sie war, wäre man selbst bei besserem Wetter nur langsam vorangekommen, doch durch den Schnee der letzten Nacht war sie auch noch aufgeweicht. In den Flusslanden Schnee zur Herbstzeit, das ist doch unnatürlich, dachte Merrett düster. Eigentlich war es nicht viel Schnee gewesen, er hatte den Boden kaum eine Nacht lang bedeckt. Das meiste davon war schon bei Sonnenaufgang geschmolzen. Dennoch betrachtete Merrett es als schlechtes Omen. Durch Regen, Hochwasser, Feuer und Krieg hatten sie zwei Ernten und einen Großteil der dritten verloren. Ein früher Winter würde in den Flusslanden zu einer Hungersnot führen. Viele Menschen würden darben müssen, und etliche würden sterben. Merrett hoffte nur, er würde nicht dazu gehören. Könnte allerdings leicht passieren. Bei meinem Glück. Könnte schon passieren. Viel Glück habe ich nie gehabt.
Unterhalb der Burgruine waren die unteren Hänge des Hügels so dicht bewaldet, dass darin ein halbes Hundert Geächtete lauern konnte. Vielleicht beobachten sie mich schon. Merrett schaute sich um und sah nichts außer Stechginster, Farn, Distel, Riedgras und Brombeeren zwischen den Kiefern und graugrünen Wachbäumen. An anderen Stellen bedeckten dürre Ulmen, Eschen und junge Eichen den Boden wie Unkraut. Er sah keine Geächteten, doch das hatte wenig zu bedeuten. Geächtete konnten sich besser verstecken als ehrliche Menschen.
Merrett hasste Wälder, um der Wahrheit die Ehre zu geben, und Geächtete hasste er sogar noch weniger. »Geächtete haben
mir das Leben gestohlen«, klagte er oft, wenn er zu tief in den Becher geschaut hatte. Sein Vater behauptete häufig und lautstark, er schaue zu häufig zu tief in den Becher. Allzu wahr, dachte er reumütig. In den Zwillingen musste man sich hervortun, sonst neigten sie dazu zu vergessen, dass man am Leben war, doch der Ruf, der größte Trinker der Burg zu sein, hatte seine Aussichten wenig verbessert, wie er hatte feststellen müssen. Einst hoffte ich, der größte Ritter zu werden, der je eine Lanze angelegt hat. Die Götter haben mir diesen Traum genommen. Warum sollte ich mir nicht von Zeit zu Zeit einen Becher Wein gönnen? Das hilft gegen die Kopfschmerzen. Außerdem ist mein Weib zänkisch, mein Vater verachtet mich, und meine Kinder taugen nichts. Wieso sollte ich also nüchtern bleiben?
Trotzdem war er jetzt nüchtern. Nun, er hatte zum Frühstück zwei Hörner Bier getrunken und einen kleinen Becher Roten beim Aufbruch, jedoch nur, damit sein Kopf nicht so sehr pochte. Merrett spürte, wie sich der Schmerz hinter seinen Augen aufbaute, und er wusste, wenn er ihm nur die kleinste Gelegenheit dazu ließe, würde der Schmerz bald wie ein Gewitter zwischen seinen Ohren wüten. Manchmal waren seine Kopfschmerzen so schlimm, dass selbst das Weinen zu wehtat. Dann konnte er nur mit einem feuchten Tuch über den Augen in einem dunklen Raum im Bett liegen, sein Schicksal und den namenlosen Geächteten verfluchen, der ihm dies angetan hatte.
Allein der Gedanke daran machte ihm Angst. Gerade jetzt konnte er sich Kopfschmerzen nicht leisten. Wenn ich Petyr sicher nach Hause bringe, wird sich das Blatt wenden. Er hatte das Gold, er brauchte nur noch die Spitze von Altsteinen erklimmen, sich mit den verdammten Geächteten in der Burgruine zu treffen und den Austausch vorzunehmen. Eine einfache Gefangenenübergabe. Die konnte sogar er nicht verderben … Wenn er keine so schlimmen Kopfschmerzen bekam, dass er nicht mehr reiten konnte. Bei Sonnenuntergang sollte er in der Ruine und nicht als jammerndes Bündel am Straßenrand liegen.
Merrett rieb sich mit zwei Fingern die Schläfe. Einmal noch um den Berg herum, und ich bin da. Als die Nachricht eingetroffen war, war er vorgetreten und hatte angeboten, das Lösegeld zu überbringen. Doch sein Vater hatte ihn von oben herab angeblinzelt und gefragt: » Du , Merrett?« Dann hatte er durch die Nase gelacht, wie es seine Art war, jenes grässliche he, he, he . Merrett hatte mehr oder weniger darum betteln müssen, dass er ihm den verfluchten Beutel mit dem Gold
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