Das Lied von Eis und Feuer 6 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 6 - A Storm of Swords. Book Three of A Song of Ice and Fire (2)
hier entfernt war, und an die Lady, die ihr gesagt hatte, wie hübsch sie sei.
Für jeden Pavillon aus Seide gab es ein Dutzend Zelte aus Filz oder Segeltuch, die kein Licht durchließen und dunkel waren. Dazu kamen noch die Unterkünfte für die Fußsoldaten, die zwar jeweils vierzig Mann Platz boten, im Vergleich mit den Festzelten trotzdem immer noch winzig wirkten. Das Gelage dauerte schon seit Stunden an, schien es. Arya hörte gebrüllte Trinksprüche und das Scheppern von Bechern, dazwischen mischten sich die gewöhnlichen Geräusche des Lagerlebens, Pferdewiehern, Hundegebell, Wagen, die durch die Nacht rumpelten, Lachen und Flüche, das Klirren und Klacken von Stahl und Holz. Die Musik wurde immer lauter, während sie sich der Burg näherten, doch noch ein anderer, ein tieferer und dunklerer Ton nahm an Lautstärke zu: der Fluss, der angeschwollene Grüne Arm, der wie ein Löwe in seiner Höhle brüllte.
Arya drehte sich ständig nach allen Seiten, schaute hierhin und dorthin und suchte nach dem Schattenwolfabzeichen, nach einem Zelt in Grau und Weiß, nach einem Gesicht, das sie von Winterfell her kannte. Doch sie erblickte nur Fremde. Sie starrte einen Mann an, der sich im Schilf erleichterte, nein, es war nicht Bierbauch. Ein halb bekleidetes Mädchen stürzte lachend aus einem Zelt, das hellblau war, nicht grau, wie Arya zunächst geglaubt hatte, und der Mann, der dem Mädchen folgte, trug eine Baumkatze auf dem Wams, keinen Wolf. Unter
einem Baum spannten Bogenschützen gewachste Sehnen in die Kerben ihrer Waffen, doch es waren nicht die Schützen ihres Vaters. Ein Maester kreuzte ihren Weg, allerdings war er zu jung und zu dünn, um Maester Luwin zu sein. Arya blickte zu den Zwillingen auf, deren hohe Turmfenster sanft glühten, wo Licht brannte. Im Regendunst wirkten die Burgen gespenstisch und geheimnisvoll, als stammten sie aus den Geschichten der Alten Nan, doch sie waren nicht Winterfell.
Bei den Festzelten herrschte das ärgste Gewühl. Die breiten Klappen waren geöffnet, Männer schoben sich mit Trinkhörnern und Krügen hinein und hinaus, einige auch mit Marketenderinnen. Arya blickte ins Innere des ersten, als der Bluthund daran vorbeifuhr, und sah Hunderte von Männern, die sich auf den Bänken drängten oder um die Bier-, Met- und Weinfässer versammelt hatten. Es war kaum noch Platz, um sich zu rühren, was jedoch niemanden zu stören schien. Wenigstens hatte man es dort warm und saß im Trocknen. Arya beneidete die Männer; sie war nass und fror. Manche sangen sogar. Der feine nebelartige Regen verdampfte an der Tür, wo die Wärme austrat. »Auf Lord Edmure und Lady Roslin!«, hörte sie jemanden rufen. Dann tranken alle, und ein anderer Mann schrie: »Auf den Jungen Wolf und Königin Jeyne!«
Wer ist Königin Jeyne?, wunderte sie sich kurz. Die einzige Königin, die sie kannte, war Cersei.
Für die Feuer außerhalb der Festzelte hatte man Gruben ausgehoben und mit einfachen Dächern aus geflochtenem Holz und Häuten versehen, die sie jedoch nur vor Regen schützten, solange dieser senkrecht fiel. Der Wind wehte allerdings vom Fluss herauf, und so trieb der Nieselregen unter die Behelfsdächer und ließ die Feuer zischen und flackern. Dienstboten drehten Braten an Spießen über den Flammen. Die Düfte ließen Arya das Wasser im Mund zusammenlaufen. »Sollen wir nicht anhalten?«, fragte sie Sandor Clegane. »Da in den Zelten sind Nordmänner.« Sie waren an ihren Bärten zu erkennen, an ihren Gesichtern, an ihren Mänteln aus Bärenfell und
Seehundfell, an den undeutlichen Trinksprüchen und den Liedern, die sie sangen; Karstarks und Umbers und Männer der Bergstämme. »Ich wette, da sind auch welche aus Winterfell dabei.« Männer ihres Vaters, Männer des Jungen Wolfs, die Schattenwölfe der Starks.
»Dein Bruder wird in der Burg sein«, erwiderte er. »Deine Mutter auch. Willst du zu ihnen oder nicht.«
»Ja«, antwortete sie. »Was ist mit Seggen?« Der Feldwebel hatte gesagt, sie sollten nach Seggen fragen.
»Seggen kann sich ein heißes Schüreisen in den Arsch schieben. « Clegane schnalzte mit der Peitsche, ließ sie zischend durch den leichten Regen fliegen und einem der Pferde auf die Flanke klatschen. »Ich will zu deinem verfluchten Bruder.«
CATELYN
Die Trommeln dröhnten, dröhnten, dröhnten, und ihr Kopf dröhnte mit ihnen. Auf der Empore für die Musiker am unteren Ende der Halle klagten Dudelsäcke und trillerten Flöten, Fiedeln kreischten und Hörner
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