Das Lied von Eis und Feuer 7 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 7 - A Feast of Crows. A Song of Ice and Fire, vol 4 (4/1)
Sonnenturm herrichten lässt. Teilt meiner Tochter Arianne mit, dass ich morgen dort sein werde.«
Meine kleine Prinzessin. Der Hauptmann hatte sie schmerzlich vermisst.
»Man wird Euch sehen«, warnte der Maester.
Der Hauptmann begriff, worauf der Maester hinauswollte. Vor zwei Jahren, als sie Sonnspeer um des Friedens und der Zurückgezogenheit der Wassergärten willen verlassen hatten, war Fürst Dorans Gicht nicht halb so schlimm gewesen. Damals konnte er noch langsam gehen, wenn auch nur mit Hilfe eines Stocks, wobei er bei jedem Schritt das Gesicht verzogen hatte. Der Fürst wollte nicht, dass seine Feinde erfuhren, wie gebrechlich er geworden war, und der Alte Palast und seine Schattenstadt waren voller Augen. Augen, dachte der Hauptmann, und Stufen, die er nicht erklimmen kann. Er müsste fliegen können, um oben im Sonnenturm zu sitzen.
»Ich muss gesehen werden. Jemand muss die Wogen glätten. Dorne muss sich daran erinnern, dass es noch einen Fürsten hat.« Er lächelte matt. »Selbst wenn er alt und gichtig ist.«
»Wenn Ihr nach Sonnspeer zurückkehrt, müsst Ihr Prinzessin Myrcella eine Audienz gewähren«, gab Caleotte zu bedenken. »Ihr weißer Ritter wird sie begleiten … und Ihr wisst , dass er Briefe an seine Königin schickt.«
»Davon gehe ich aus.«
Der weiße Ritter. Der Hauptmann runzelte die Stirn. Ser Arys war nach Dorne gekommen, um seine Prinzessin zu begleiten, so wie Areo Hotah einst mit der seinen hierhergekommen war. Sogar ihre Namen klangen seltsam ähnlich; Areo und Arys. An diesem Punkt endeten die Gemeinsamkeiten allerdings. Der
Hauptmann hatte Norvos und seine Bärtigen Priester hinter sich gelassen, Ser Arys Eichenherz jedoch diente weiterhin dem Eisernen Thron. Hotah hatte stets eine gewisse Traurigkeit verspürt, wenn er den Mann in dem langen schneeweißen Mantel erblickte, bei den Anlässen, zu denen der Fürst ihn nach Sonnspeer geschickt hatte. Eines Tages, das fühlte er, würden sie gegeneinander antreten; an diesem Tag würde Eichenherz sterben, würde die Langaxt des Hauptmanns den Schädel des Ritters zertrümmern. Er strich über den glatten Eschenschaft seiner Axt und fragte sich, ob dieser Tag nahte.
»Der Nachmittag ist fast vorüber«, sagte der Fürst. »Wir warten bis morgen. Sorgt dafür, dass meine Sänfte beim ersten Tageslicht bereitsteht.«
»Wie Ihr befehlt.« Caleotte verneigte sich. Der Hauptmann trat zur Seite, damit er passieren konnte, und lauschte seinen verklingenden Schritten.
»Hauptmann?« Der Fürst sprach mit sanfter Stimme.
Hotah trat vor, in einer Hand die Langaxt. Das Eschenholz fühlte sich so glatt an wie die Haut einer Frau. Als er den rollenden Stuhl erreichte, stieß er den Knauf hart auf den Boden, um seine Gegenwart kundzutun, doch der Fürst hatte nur Augen für die Kinder. »Hattet Ihr Brüder, Hauptmann?«, wollte er wissen. »Damals in Norvos, als Ihr jung wart? Oder Schwestern?«
»Beides«, antwortete Hotah. »Zwei Brüder, drei Schwestern. Ich war der Jüngste.« Der Jüngste, und nicht erwünscht. Ein weiteres Maul, das gestopft werden wollte, ein großer Junge, der zu viel aß und zu schnell aus seinen Kleidern herauswuchs. Kein Wunder, dass sie ihn an die Bärtigen Priester verkauft hatten.
»Ich war der Älteste«, sagte der Fürst, »und dennoch bin ich jetzt der Letzte. Nachdem Mors und Olyvar in der Wiege gestorben waren, hatte ich die Hoffnung aufgegeben, Brüder zu bekommen. Ich war neun und Page an der Salzküste, da wurde Elia geboren. Als der Rabe mit der Nachricht eintraf, dass
meine Mutter einen Monat zu früh niedergekommen war, war ich alt genug, um zu verstehen, dass das bedeutete, dass das Kind nicht überleben würde. Selbst als Lord Gargalen mir mitteilte, ich hätte eine Schwester, versicherte ich ihm, sie müsse bald sterben. Doch sie überlebte durch die Gnade der Mutter. Und ein Jahr später war Oberyn da und schrie und strampelte. Ich war bereits ein erwachsener Mann, als sie in den Becken gespielt haben. Nun sitze ich hier, und sie sind tot.«
Areo Hotah wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Er war nur der Hauptmann der Wache und noch immer ein Fremder in diesem Land mit seinem siebengesichtigen Gott, selbst nach all den Jahren. Diene. Gehorche. Beschütze. Dieses Gelübde hatte er mit sechzehn abgelegt, an dem Tag, an dem er sich mit seiner Axt vermählt hatte. Einfache Gelübde für einfache Männer, hatten die Bärtigen Priester gesagt. Trauernde Fürsten zu trösten, hatte
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