Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)
seiner Geburt ein besonderes gewesen und Caroline konnte gar nicht anders, als kumpelhafte Schwester und Mutterersatz zu spielen. Sie hatte immer seinen Aufstand , wie sie es nannte, gegenüber ihrem Vater als bewundernswert empfunden, auch wenn sie selbst diesem nur die Flucht entgegengesetzt hatte.
Robert schrieb zurück, fasste aber seine Arbeit nur in vage Worte, den Vorfall mit den Rabenmännern ließ er ganz weg, und hoffte sie, würde erkennen, dass es ihm nicht möglich war, völlig offen zu schreiben. Man konnte nie wissen, wann so ein Brief in andere Hände geriet. Zauberer waren zu einem gewissen Grad paranoid, oder milder ausgedrückt, exzentrisch. Der junge Lord bildete da keine Ausnahme. Während andere Zauberer das Grübeln begannen, sobald ihnen ein Problem vor die Flinte kam, grübelte Robert unentwegt. Er fand es unlogisch, sich erst dann Gedanken zu machen, wenn der Gegner vor einem stand. Viel gesünder war es, ein paar Tricks im Ärmel zu haben, die man dann nur noch herausziehen musste.
Auf ihren Rat hin, er solle sich in Hammaburg auch ein wenig vergnügen, versprach er, sich Mühe zu geben, ganz ehrlich. Als er dies schrieb, konnte er ihr verschmitztes Grinsen von Island bis in sein Zimmer fühlen. Sie fehlte ihm.
Aus der Küche ließ Robert sich einen Gemüseeintopf und vier Stück Schokoladenkuchen kommen.
Gegen Abend wurde seine Seele dunkel. Etwas, von dem er hoffte, es sei kein Erbe seines Vaters. Schwermut überkam ihn. Er stand am Bogenfenster und schaute durch einen Spalt auf die Stadt. Dunkles Grau hatte sich auf die Dächer Hammaburgs gelegt und kalter Wind war aufgekommen, der in heftigen Böen über den See trieb. Eilig segelten oder ruderten die letzten Boote Richtung Ufer. In der Mitte des Sees hatte man eine gigantische Plattform errichtet. Dort würde man ein Feuer zur Wintersonnenwende entfachen, welches die Götter noch in Asgard sehen würden. Das Sonnenrad lag bereits fest vertäut da. Später würde man es aufrichten. Die halbe Stadt wurde zu dem Spektakel erwartet. Ein großes Fest für das Ende des dunklen Jahres.
Robert entzündete den Kamin, legte sich aufs Bett. Ihm war nicht nach Lesen zumute und der Süßkram hatte auch nicht geholfen. So kramte er sein Tagebuch hervor. Es war ein mit Metall umhüllter Band, auf dem sich Zahnräder, ineinander laufende Sicherungsbolzen und zueinander passende Symbole aus Eisen befanden. Nur seine aufgelegte Handfläche konnte das Buch öffnen, tat es jemand anderes, vielleicht gar mit Magie oder Gewalt, verbrannte alles darin - jede Zeile, jede Notiz.
Doch waren die Notizen hier rein philosophischer Natur, ein Verlust wäre zu verkraften gewesen.
Wann immer Robert mit sich nicht klar kam, ihm die Welt wie ein Schatten auf den Schultern hockte, schrieb er seine Gedanken in dieses Buch. Manchmal half es, darin zu blättern, doch meistens fiel ihm frustriert auf, dass sich sein Gemütszustand über die Jahre nicht sonderlich verändert hatte. Eine unerklärliche Düsternis schien in seinem Bauch zu wohnen und sie überfiel ihn in unregelmäßigen Abständen. Dann fühlte er sich nicht mehr zugehörig, weder zu einer Familie, nochzu England oder sonst einem Anker, auf den er seinen Namen hätte ritzen können. Er wusste, warum er sich so fühlte, die letzten Ereignisse hatten die Düsternis wieder frei gelassen, doch half ihm diese Erkenntnis nicht im Geringsten weiter. Im Gegenteil, sie machte alles nur noch schlimmer, denn er hatte das Gefühl, diesen Schatten niemals wirklich entrinnen zu können.
Vielleicht sollte er nach dem Sonnenwendfest ein paar Tage an die See fahren. Den gestressten Lord mimen, sich eine Kurtisane für Zauberer buchen und den lieben langen Tag mit ihr im Bett verbringen. Er hatte Carolines Wink, er solle sich vergnügen, schon verstanden. ›Wie lange war es her, dass er mit einer Frau zusammen gewesen war? Allison Stuart, Götter, das musste bald ein Jahr her sein.‹
Poe lag mit dem Bauch nach unten in Roberts Halsbeuge, ein warmer kleiner Punkt aus weichem Fell. Taris hockte ganz entgegen seiner Gewohnheit auf einem der Drachenpfosten des Bettes und blickte sinnierend in die Flammen des Kamins. Wann immer Robert in diese Schwermut verfiel, suchten die beiden Clangeister sofort seine Nähe, als wollten sie ihn vor etwas beschützen, das nur sie sehen konnten. Skee interessierte das nicht, sie war ohnehin so gut wie nie anwesend. Ganz besonders aber Poe brauchte dann Körperkontakt zu ihm,
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