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Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)

Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)

Titel: Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
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verbundenen Gefahren.
    Und als würde ein Klischee bestätigt, hangelte sich auch schon einer dieser Glücklichen aus dem Fenster im fünften Stock und stolperte klappernd die Feuertreppe hinunter. Ein dumpfes Krachen ertönte, das war wohl die Wohnungstür gewesen, Dozers mächtige Rübe tauchte oben im Fensterspalt auf, machte ein Zeichen. A nickte, lockerte die Schultermuskeln, hüpfte ein- zweimal auf und ab. ›Vorbereitung war alles! Jetzt kam es auf sie an.‹ Bis die beiden Hünen endlich wieder auf der Straße waren, würde die Sonne untergehen. Es war Mittag.
    Der Mann, der keine Zeit gehabt hatte, sich vor der Flucht anständig anzuziehen, hing jetzt nur mit Hemd und Hose, von der die Träger baumelten, an der letzten Sprosse und ließ sich in die Müllsäcke darunter fallen. Ängstlich blickte er nach oben, ob von dort Gefahr drohte, doch da war nichts. So fuhr er sich fast lässig durch das fettige Haar, leckte sich nervös über die Lippen und entdeckte A, die an der Hauswand lehnte, die Mütze tief im Gesicht.
    »Scheiße!«, zischte er nur und dann nahm er die Beine in die Hand. So flink hatte der Typ gar nicht ausgesehen, wie er jetzt davonschoss. Anevay nahm die Verfolgung auf.
    Der Mann flitzte durch die Gasse wie ein Getriebener. Über einen Zaun aus Maschendraht war er so flink hinüber gekraxelt, dass man es durchaus als sportliche Leistung bezeichnen konnte, doch A rannte näher an die Wand, sprang, nutzte den Halt der Steine und schwang sich, ohne im Lauf innezuhalten, über das Hindernis. Es wirkte, als habe ein Wolf eine Bodenwurzel sachte übersprungen. Der Mann, der hektisch immer wieder über seine Schulter schaute, bekam einen panischen Blick, als er das sah. Jetzt begann Hoffnungslosigkeit in seine Beine zu dringen, das machte ihn langsamer, so hoffte Anevay. Doch weit gefehlt. Er forcierte seinen Lauf, stieß Mülltonnen in ihren Weg. Sie setzte so federleicht darüber, als hätte sie nie etwas anderes getan. Seit sie aus diesem dunklen Glasherz heraus war, erinnerte sich ihr Körper daran, wie gern er in Bewegung gewesen war. Jetzt fühlte sie sich wie ein junger Hund, der pausenlos rennen wollte, ohne müde zu werden. Vielleicht lag es aber auch daran, dass sie nicht länger Haferschleim und Apfelmus zu essen bekam.
    Und genau so ein Hund kam ihr plötzlich in die Quere. Aus einem verrotteten Eingang links vor ihr ertönten wilde, wütende Schreie. Zuerst flogen Gegenstände auf die Gasse, war das ein Lampenschirm?, dann erklang ein ängstliches Jaulen und schon blockierten zwei Dinge ihren Weg: Ein kleiner Kläffer und ein Mann in Unterwäsche, der einen Baseballschläger über seinem Kopf schwang. Bevor sie stoppen konnte, prallte sie gegen zweiteren, wobei der Mann fluchend zu Boden ging und der Holzschläger gegen die Gassenwand rollte. Anevay rappelte sich auf, drehte sich um, doch ihr Flüchtling war fort. ›Verdammt!‹
    »Du verfluchter Arsch!« Der Unterhosenheini kam auf die Beine, sein Knie blutete. Er hatte einen struppigen Schnauzbart, in dem noch Suppe hing, das einstmals weiße Unterhemd war voller fettiger Flecke. Die Haare standen ihm vom Kopf ab, ein Ohr fehlte.
    »Ich schlag dir die Fresse ein, du dämlicher Wichser!« Er furzte laut, als er sich nach seinem Schläger bückte. Er hatte eine längliche Narbe am linken Oberschenkel, ausgefranst, noch rötlich an den Rändern. A blieb stehen, wo sie war. ›Misch dich nicht ein!‹, so hatte Leonardo es gesagt.
    Der erste Hieb war schlecht gezielt, sie drehte nur leicht die Schulter, spürte den Luftzug. ›Was sollte das werden, wenn es fertig war?‹ Der nächste Schlag kam seitlich. Sie machte nur einen Schritt, wieder nur Leere, keine Anevay. Jetzt wurde der Mann wütend. Er umfasste seine Waffe, als wolle er Holz damit hacken. A duckte sich schneller, als er das Ding wieder in den Vorwärtsgang bringen konnte und schlug mit der Faust auf sein linkes Bein. Ein hohes Kreischen war die Folge, die Narbe brach auf, Blut spritzte, dann sackte er heulend auf das Pflaster, ließ den Prügel los. A aber stand längst wieder dort, wo sie die ganze Zeit gestanden hatte.
    »Du elendes Stück Scheiße, du hast mich verletzt!« ›War der Kerl nicht ganz bei Trost? Er hatte ihr den Schädel knacken wollen und nun beschwerte er sich über ihre Gegenwehr?‹ Hinter sich spürte sie, wie die Gasse dunkler wurde. Dozer! Der Unterhosenmann rollte theatralisch auf dem Asphalt herum, fluchte herzhaft, bis er das Klicken eines

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