Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)

Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)

Titel: Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
Vom Netzwerk:
…«
    Der Schlag kam wie aus dem Nichts, traf sie mitten auf die Lippen, ihre Zähne knirschten, aber brachen nicht. Damit hatte sie nicht gerechnet. Sie ging zu Boden. Ihr Atem war weg. Blut füllte ihren Mund. Sie schluckte es hinunter, stand wieder auf. Dämlicher ...
    »Was?«
    ›War der Kerl irre? Kannte er nur dieses eine Wort?‹ Den zweiten Schlag erkannte Anevay in seinen grauen Augen. Sie wich aus und schlug zurück. Sie traf seine linken Bauchmuskeln, die so hart wie Stein waren. Erst jetzt kam der Schmerz von ihren Lippen dort an, wo er wirklich weh tat. In ihrem Stolz.
    »Ich kann kämpfen«, zischte sie.
    Voka Tupolev hielt inne. Er kräuselte die Nase wie ein Raubtier, das eine Maus in die Pranke gezwickt hatte, zuckte mit dem Mund, bohrte kurz in seinem Ohr.
    »Jeder kann kämpfen.« Ein recht schlichter, aber sauberer amerikanischer Satz. Anevay hatte nur noch eine Karte in der Hand. Sie gab sie nicht gerne her, denn sie gehörte nur ihr. Doch ihr blieb nichts anderes übrig. Sie wusste, dass die Siedler in den alten Kriegen enorme Verluste erlitten hatten, die sie am Ende beinahe hatten verzweifeln lassen. Angst war immer der erste Gegner, gegen den man antrat. Wenn die gewann, war alles andere schon verloren.
    »Ja, nur bleibe ich niemals liegen!«
    Bei diesen Worten hob Voka Tupolev eine graue Braue und betrachtete sie mit gänzlich anderen Augen. Es war der Glanz von Neugier darin.
     
    Anevay schlug zu. Die Boxbirne krachte an die Halterung. Sie schlug erneut, als der mit Luft gefüllte Gegner auf sie zukam.
    Wumm! Wumm, Wumm.
    Das rechte Handgelenk war viel stärker. Sie spürte es, wenn sie damit traf. Es tat nicht einmal weh. Anscheinend war durch den Bruch kein bleibender Schaden entstanden. Das war gut.
    Mit ihrem Daumen rieb sie immer wieder an der Lücke, die der ausgeschlagene Zahn hinterlassen hatte, den Fingermann jetzt wohl um seinen schmutzigen Hals trug, aber an den sie besser nicht denken wollte. 
    Eine harte Stelle schälte sich aus ihrem Zahnfleisch. Sie fummelte mit der Zunge darüber. Wuchs der etwa nach? War es womöglich ein letzter Milchzahn gewesen? Nachdenklich betrachtete A ihre bandagierten Hände. Sie waren schlank, stark, hatten keine Verletzungen oder Schürfwunden. Glatt und makellos. Was, wenn sie doch etwas Fremdes in sich hatte? LaRue war davon überzeugt gewesen. Vielleicht hatte er es nur nicht finden können. Anevay schauderte bei dem Gedanken. Das würde vieles schlimmer machen. Sie dachte an das Labyrinth, das sich aus dem Kompass geschält hatte wie etwas Lebendiges. Was, wenn es nur jemand benutzen konnte, der ebenfalls Magie in sich hatte? Ahhhhrrr! Sie wusste zu wenig darüber. Ihr Vater hatte niemals mit ihr über solche Dinge gesprochen. Das Wenige, das sie wusste, war aus Büchern oder Zeitungen gewesen. Aus gemurmelten Gerüchten an Tischen in Diners oder auf der Straße. Sie musste mehr darüber in Erfahrung bringen, ohne dass es jemand mitbekam. Eine Idee blühte in ihr: Konnte sie Robert danach fragen? Er schien ein Zauberer zu sein, oder? Es wäre eine Möglichkeit, aus erster Hand Informationen zu bekommen. Wenn sie einfach ganz ehrlich danach fragte, würde er ihr antworten? Zauberer waren verschwiegener als ihre Steine. Aber es war zumindest einen Versuch wert.
    »Hier ist Wasser.« A drehte sich um. Vor ihr stand ein afrikanischer Junge von vielleicht dreizehn Jahren. Der Schädel war rasiert, die Nase wohl gebrochen, schmale Schultern, ein leichter Silberblick, dafür aber ein Kinn, das er keck vorreckte wie lange erprobten Trotz.
    »Danke.« A nahm die Flasche und trank.
    »Naja«, tuschelte er. »Wir Dreier und Vierer müssen doch zusammenhalten, oder nicht?« Offenbar wollte er etwas von ihr, aber er verdeckte es mit einem schrägen Lächeln.
    »Dreier und Vierer?«
    Er schien froh darüber, dass sie angebissen hatte. »In diesem Land gibt es eine Hierarchie, musst du wissen. Ganz oben«, er hob seine Hand in die Höhe, »da stehen die weißen Siedler, jene, die als erste hier ankamen und die diese schöne Stadt erbaut haben.« Jetzt ließ er die Hand in Stufen sinken. »Dann die, die wenigstens noch den Anstand haben, halbwegs weiß auszusehen, also die Asiaten und so. Dann, auf Platz drei kommen die Schwarzen, die mehr verschleppt als eingewandert sind und dann gaaaanz zum Schluss, auf dem letzten Platz der Beliebtheitsskala, kommt ihr! Also die, die von den Stämmen sind.« Er schloss seinen kleinen Vortrag mit einer Geste, die fast

Weitere Kostenlose Bücher