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Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)

Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)

Titel: Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
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beeindruckt, verzog nachahmend den Mund, unsichtbar mitkauend. Eine einzige Frage brannte auf ihrer Zunge:"Sind alle so?"
    Francesca überlegte still, blickte aus dem schmalen Fenster, in dessen Ecken sich Eisblumen gebildet hatten.
    ›Sie denkt ziemlich lange nach‹, dachte Anevay und starrte auf ihren Teller, der plötzlich wie ein Haufen Gedärme in vergossenem Blut aussah. Sie zog die Gabel zurück. ›Das war ja lächerlich.‹
    »Nicht alle, aber die meisten. Jene, die schön reden können aber sind die Schlimmsten! Nichts als heiße Luft, umhüllt mit zuckersüßen Phrasen, allesamt Schweine!«
    Anevay blinzelte. ›Dann hatte sie also Kontakt zu einem …‹ sie brach den Gedanken ab. Er gehörte nicht hierher, fand sie.
    ›Wer sagte schon so schonungslos die Wahrheit? Niemand!‹ Aber er tat es, und das wollte sie ihm zurückgeben. Deshalb wartete sie auf seine Briefe wie ein Junkie. Ob das irgendwer verstand, war ihr vollkommen egal. Die verdammten Nudeln vor ihr waren egal und Francescas rote Lippen ebenfalls. Sie erhob sich, die Fäuste auf den Tisch stemmend.
    »Nicht alle!«, versicherte sie. Weil sie die Wahrheit kannte. ›Kannte sie doch? Hoffentlich.‹
     
    Sie wohnte nicht mehr im Theater-Distrikt, sondern in Brooklyn, nicht weit von den Piers entfernt. A hatte keine Lust mehr gehabt, die weite Strecke zu Vokas Haus der Schmerzen zu fahren, deshalb hatte sie jetzt eine kleine Wohnung bezogen. Leonardo Szuda gehörten hier ganze Häuserblocks, einfache Häuser, aber wenigstens stürzten sie nicht einfach in sich zusammen, wie manch andere. Weil hier nicht jeder, der einen Hammer festhalten konnte, auch gleich ein Haus bauen durfte. Szuda hatte so etwas wie einen Mindeststandard eingeführt und das dankten ihm die Leute, indem sie pünktlich ihre Miete überwiesen. Oder auch nicht.
    Ihr Zimmer war im obersten Stock, drei Wohnungen darunter war das von Francesca. A schloss die Tür auf, im Flur waren wieder einmal Glühlampen gestohlen worden, was seit dem Winter immer häufiger geschah. Sie schloss die Tür hinter sich, legte drei Ketten davor, platzierte eine leere Milchflasche auf dem Knauf. Sollte sich jemand hier zu schaffen machen, würde der Krach sie wecken. Das war der Plan. Es war eine verbrauchte Wohnung, aber das machte Anevay nichts aus. Jemand, der sein halbes Leben unter freiem Himmel verbracht hatte, den kümmerte es nicht, wie die verfluchte Tapete aussah. Sie war in so vielen Motels eingeschlafen und wieder aufgewacht, dagegen war das hier purer Luxus. Die Fenster hatte sie ebenfalls gesichert und wenn sie ging, dann verstreute sie manchmal Spurenpulver, das Nick der Schmale ihr besorgt hatte.
    Es war kalt, doch A war kein Püppchen. Sie fror nur selten und für die Nacht hatte sie sich eine anständige Decke gekauft. Das alles landete auf ihrem Deckel , wie Leonardo seine Ausgaben für sie bezeichnete. Worauf sie aber nicht verzichten konnte, war ein Horizont, das Gefühl von Weite. Das hatte sie in Fallen Angels am meisten zermürbt und deswegen wohnte sie auch ganz oben. Außerdem hatte dieser Block eine Feuerleiter.
    Die Tapeten waren von einem verblassten Lindgrün mit ebenso kaum noch sichtbaren goldenen Blumenmustern. Lilien, schätzte A. Der Boden war von einem dicken Teppich bedeckt, so dass sie sogar meist barfuß durch ihr kleines Reich stapfte. Möbel waren fast ebenso rar, wie man das kurze Gestrüpp auf ihren Kopf eine Frisur nennen konnte. Ein breites Bett, wohl vom Vormieter, aber die Matratze hatte A ausgewechselt, ein klappriger Schrank, ein Ofen, ein Tisch mit zwei Stühlen, nichts wofür sich ein Einbruch lohnen würde.
    Jetzt saß sie auf dem Bett, die Knie bis ans Kinn gezogen, eine Kerze flackerte in dem Raum, und wartete. ›Was konnte sie sonst tun?‹
    Das Labyrinth schwieg, so sehr sie es auch böse anstarrte. »Schreib mir mehr!«, befahl A dem Geflecht aus Kompass und Metall, aber es antwortete nicht. Ich habe Vokas Zirkel bezwungen , schrieb sie nun selbst. Aber es war nicht das, was sie schreiben wollte.
    Sie faltete den letzten Zettel auseinander, die Worte erschütterten sie noch immer:
    Heute habe ich mit meinem Namen einen Mann getötet.
    Robert hatte heftig dabei geschluckt, Anevay konnte es zwischen den Buchstaben fühlen.
    Jetzt gehört er für immer mir.
    Ich musste dir das schreiben.
    Verzeih mir.
    R.
     
    ›Log er? Nein!‹ Er schrieb nieder, was er fühlte. Wie einsam doch seine Zeilen waren. Sie vertraute ihm. Bedingungslos. Es war

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