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Das Limonenhaus

Titel: Das Limonenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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Beispiel Carla und Jan an, jede volle Windel ein Ereignis, und wie entspannt und abgeklärt haben die sich vorher gegeben!«
    Ich schaute Lella an. »Wir sehen aus wie Vater, Mutter, Kind.«
    »Das ist doch gerade das Gute.« Ihre vollen Lippen waren kaum mehr zu sehen, so sehr presste sie sie zusammen. »Sie vermuten bestimmt nicht, dass du noch dabei bist, sie werden die Autobahn nach einer Frau und einem Mädchen absuchen. Wir dagegen sitzen als Familie mit einem kleinen Sohn im Zug!« Damit zog sie eine Baseballkappe aus einer Plastiktüte, stülpte sie über Matildes Kopf, die ihr zu entwischen versuchte, und stopfte ruhig, aber bestimmt die langen schwarzen Haare darunter. Lella zog ihre Hand zurück und schnupperte.
    »Irgendwas riecht hier komisch«, murmelte sie. Matilde aß unbeirrt weiter, nach jedem Bissen tupfte sie sich mit der Serviette, die sie in ihrer kleinen Hand hielt, brav den Mund ab. Mit der Kappe, dem blauen Rugby-T-Shirt, halblangen weiten Hosen und derben schwarzen Turnschuhen würde niemand sie für ein italienisches Mädchen halten, denn die waren meistens rosa gekleidet, und ihre Frisuren
bestanden aus einem Überangebot niedlicher Zöpfe und Haarspangen.
    Der Bahnsteig füllte sich langsam, eine kleine Glocke begann hektisch zu bimmeln, aber es dauerte noch zehn Minuten, bis endlich unser Zug einfuhr.
    »Ich bin kein Familienvater«, brummte ich leise, »und werde auch so schnell keiner werden.« Nacheinander hob ich den kleinen Kinderkoffer, meinen und Lellas Koffer, mein Stativ sowie mehrere Einkaufstüten in den Waggon.
    Wir fanden ein leeres Abteil, Lella steckte mir die Fahrkarten zu.
    »Übernimm du das!«, sagte sie. Sie lächelte dünn und machte es sich neben Matildes Fensterplatz gemütlich. Das Mädchen hielt ihr zwei kleine Tigerfiguren unter die Augen, die wie durch ein Wunder in ihren Händen aufgetaucht waren. Lella sagte erstaunt etwas auf Italienisch, das sich ungefähr so anhörte wie: »He, wo hast du die denn her?« Ich setzte mich auf die Bank gegenüber, so weit weg wie möglich von den beiden, an die Tür. Lella schaute immer wieder aus dem Fenster und auf den Gang, während sie die beiden Tiere über die blauen Polster wandern ließ. Der Zug ruckte an, Lella stieß die Luft aus, ich beobachtete Matilde, die auch jetzt nicht aus dem Fenster guckte.
    Zappelten kleine Kinder nicht fortwährend herum und wollten aus dem Fenster schauen?
    Dieses nicht, dieses Kind war still und schon fast beängstigend brav.
    »So, jetzt sag mal, was hast du eigentlich vor?« Meine Stimme klang aggressiv.
    »Ich fahre mit dir und Matilde auf eine der äolischen Inseln, genauer gesagt nach Salina. Dort suche ich in Malfa
die Eltern von der Signorina für dich. Wie heißt die ›Kleine Nachtmusik‹ eigentlich mit Nachnamen?«
    »Zugegeben, ich finde den Klingelton auch albern. Brigida heißt Vinci mit Nachnamen, wie ›da Vinci‹.«
    »Wie heißt ihr Vater?«
    »Ihr Vater? Äh, das wusste ich sogar mal, ich glaube Elio.«
    »Elio Vinci? Toller Name.«
    Toller Name , immer sagte sie toller Name , schon das dritte Mal. Ich stand auf und stellte mich ans Fenster. »Und was geschieht nun mit ihr?«
    »Mit wem? Mit Mätti?«
    Ja, mit wem denn sonst? Hatten wir noch mehr Kinder entführt, ohne dass ich es bemerkt haben sollte? Matilde hob bei ihrem unvollständigen Namen kurz den Kopf, dann flüsterte sie in der Tigersprache weiter. Lella führte ihren Tiger abwesend hinter Matildes Tiger über die blauen Wiesen.
    »Wieso ist sie hier?«, drängelte ich, und wieso bist du hier, du Idiot, setzte ich in Gedanken dazu. Keine Panik, alles ist in Ordnung, beschwichtigte ich mich, Brigida wird nichts davon herausbekommen, absolut nichts. Ich könnte doch auch alleine unterwegs sein, besser, ich bin doch alleine unterwegs. Also fast.
    Lella atmete kontrolliert ein und wieder aus und antwortete dann: »Matilde musste da weg, ach, es würde Stunden dauern, dir das alles zu erklären.«
    »Auf einmal ist es zu viel? Das ist wirklich amüsant! Danke, da kann ich ja gehen!«
    Lella biss auf ihren Daumenknöchel und schaute auf den Boden des Abteils. Sie schien mit sich zu ringen, was sie
preisgeben sollte. Schließlich sagte sie: »Ihre Eltern sind tot. Das heißt, mein Bruder starb schon vor drei Jahren, und jetzt, vor ein paar Tagen, hat Grazia sich das Leben genommen. Ich habe meinem Bruder versprochen, mich um Matilde zu kümmern.«
    »Sie hat keine Eltern mehr, das habe ich verstanden, aber

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