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Das Limonenhaus

Titel: Das Limonenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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unterbrach ich Lella.
    »Ein Glückshemdchen sieht aus wie eine kleine Schürze ohne Knöpfe. Es ist aus Seide, wird hinten mit einer Schleife geschlossen und muss dem Kind als Erstes im Leben angezogen werden. Und zwar direkt auf die nackte Haut, damit es, genau wie die Zuckermandeln, fortuna, Glück, bringen kann. Der Tante gelang es dann aber noch, der kleinen Matilde in einem unbeobachteten Augenblick ein Heiligenbildchen ans Hemdchen zu stecken, als Schutz gegen alles Böse. Mit einer enormen Nadel, keiner Sicherheitsnadel.
Ganz nah am Herzen. Was für ein Geschrei, als sie es entdeckten!«
    Lella drehte ihr Weinglas in den Händen. »Grazia kam mit ihrem Baby nach Hause. Dort waren wir endlich alleine, niemand von ihrer Familie, nur Leonardo und ich. Aber sie guckte Matilde kaum an, sondern fing ständig an zu weinen. Sie weinte über alles: weil sie keine bequeme Position beim Stillen finden konnte, weil keine Makkaroni, sondern nur tagliatelle im Haus waren, und weil sie von Paprika plötzlich Blähungen bekam. Sie weinte beim Anblick ihrer Malsachen, das konnte ich ja noch verstehen ˿ ihre Bilder waren fürchterlich ˿, aber auch ohne Grund. Sie konnte einfach nicht verhindern, dass ihre Tränen immer wieder auf Matildes Gesicht herabtropften. Oder aber sie lag stumm und kraftlos, wie eine ausgepresste Zitronenhälfte, im Bett.«
    Lella hielt mir ihr leeres Glas hin. Viel zu laut plätscherte der Wein ins Glas, sie trank zwei große Schlucke.
    »Matilde wuchs schnell und bekam dicke Arme und Beinchen. Ich habe Grazia ständig das Kind abgenommen, habe ihr bei allem geholfen. Das dachte ich zumindest.« Sie zuckte mit den Schultern.
    »Lella?«
    »Ja?«
    »Ich finde, du machst das sehr gut mit Matilde. Sie vertraut dir. Kinder merken, ob man sie liebt, auch wenn man ihnen das nicht dauernd sagt.«
    Sie räumte die Gläser und Flaschen zusammen und schaute mich nicht an, als sie sagte: »Ich glaube, ich habe zu viel getrunken, lass uns schlafen gehen!«
    »Als ich heute vor dem Haus der Vermieter stand, weißt du, warum ich da nicht hineingegangen bin?«

    Sie blickte hoch. »Du wolltest nicht stören.«
    »Nein, ich wusste nicht mehr, wozu. Ich kenne diese Frau überhaupt nicht, habe ich gedacht.« Die Wahrheit hörte sich plötzlich so leicht und natürlich an.
    Wir gingen schlafen, jeder hinter seiner Tür.
    Ich löschte das Licht, zog Laken und Wolldecke bis unters Kinn und starrte in die Dunkelheit. Eine wohltuende Ruhe erfüllte mich.
    Brigidas Eltern lebten nicht auf der Insel? Und wenn schon, ich würde woanders nach ihnen suchen. Morgen, übermorgen, irgendwann. Die Villa, mein Auftrag und Signor Pappalardo stellten auch kein Problem dar. Ich konnte morgen Abend in aller Ruhe den letzten Zug zurück nach Palermo nehmen. Erleichtert über die Auszeit, die das für den morgigen Tag bedeutete, schlief ich ein. Ich schlief so tief und fest wie lange nicht mehr, bis mich das Klingeln meines Handys weckte. Es war stockdunkel, und es dauerte einen Moment, bis ich wusste, wo ich war.
    »Buona sera!« Signor Pappalardo entschuldigte sich, dass es schon so spät sei, aber » it is sucesso una cosa, somebody steal de german bis auto-mobil, in Puglia. Dey steal direkteli under bis seat away. «
    Sein Englisch war bizarr, dennoch verstand ich, dass dem deutschen Villenbesitzer in Apulien sein Auto abhandengekommen war.
    »My friend«, sagte er, dann wechselte er wieder ins Italienische. Ich konzentrierte mich auf seine Worte, irgendetwas mit der Villa, aspettare, aspettare, warten, und ob ich Zeit hätte?
    Si, natürlich hatte ich Zeit.
    »Bene! I call you. Schon hatte er aufgelegt.

    Bene, ein paar Tage länger auf Salina! Brigida würde anfangen, mich zu vermissen, und morgen könnte ich vielleicht einen Motorroller leihen. Bene. Ich schaltete das Telefon und meine Gedanken an Brigida aus und war sofort wieder eingeschlafen.

Kapitel 18
    LELLA
    Am nächsten Morgen saß ich vor meiner halb leeren Kaffeetasse und hielt mir einen kleinen, nervösen Vortrag: »Allora, wir haben Auberginen, Tomaten und Pecorino. Basilikum wächst neben dem Rosmarin unten im Garten, habe ich gesehen, das ergibt die allerbeste pasta alla norma .« Es wirkte nicht. Ich stieß die Luft in einem großen Schwall aus. »Vielleicht bin ich schon als Kindesentführerin in allen Nachrichten. Eigentlich sollte ich sofort losrennen und in die Zeitung schauen. Ich müsste fernsehen, alle Programme durch und so weiter. Doch ich stehe hier und tue

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