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Das Limonenhaus

Titel: Das Limonenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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Händen! Einen echten Liebesbrief, der Anfang war zumindest sehr verheißungsvoll. Schnell schaute ich, von wem er unterschrieben war. Tuo Finú. Ich begann noch einmal von vorn:
    Maria, Liebe meines Lebens, Licht meiner Augen, Sinn all meines Tuns, meine Seele! Ich bin gerade aus einem Albiraum erwacht. Ich habe geträumt, dass wir zusammen waren, aber plötzlich war da eine schwarze Wolke und hat Dich ganz umhüllt. Ich habe Dich nicht mehr gesehen. Ich hatte schreckliche Angst, dass ich Dich verloren haben könnte. Warum träume ich so etwas? Jetzt bin ich wach, und meine Gedanken drehen sich wieder und wieder. Um wen? Um Dich natürlich. Seitdem ich Dich kenne, gibt es keinen Moment mehr, in dem mein Denken nicht um die Frau meines Lebens kreist, die einzige, die ich mir jemals wünschte und begehrte - und die bist Du. Was für ein Glück, Dich getroffen zu haben. Mein Leben wäre kein wahrhaftiges ohne Dich. Danke, dass Du geboren bist, danke, dass Du mich in Dein Herz gelassen hast, danke für jeden Blick von Dir, unter dem meine Seele erbebt, danke für jedes Lächeln von Dir, das mich in den Himmel fliegen lässt, danke für Deine Liebe, meine »kleine« große Liebe!
    Eine Gänsehaut rieselte leise über meine Arme, und ich spürte, wie die Tränen meine Augen zu überschwemmen drohten. Jetzt nur nicht blinzeln:
    Heute, als Du nach Hause musstest und Du Dich aus meinen Armen löstest, um zu Deiner Tante zu laufen, da hatte ich die Gewissheit, dass ich nicht mehr ohne Dich leben kann und will!
    Als Du Dich dann umgedreht hast und zu mir zurückgelaufen kamst, um mir einen Kuss mit der Wärme Deiner Lippen zu schenken, in diesem Moment habe ich entschieden, dass wir Mann und Frau werden. Aber wie lange, wie lange müssen wir denn noch warten? Was macht es schon, dass Du noch nicht siebzehn bist? Ich werde mit meinen Eltern sprechen, und dann kommen wir alle zusammen zu Deiner ’Tante, und ich werden ihr meine Liebe zu Dir gestehen. Ich schwöre, dass ich Dich für immer lieben werde. Ich schwöre, dass ich für immer Dein sein werde! Dein Finú.
    Dein Finú! Er betete sie an, dieser Finú, mit Worten der Beschwörung, der Liebe und des Verlangens. Meine Mutter war noch nicht einmal siebzehn gewesen! Ich las Finús Zeilen wieder und wieder. Aber Zia Pina hatte doch von ihm gewusst, obwohl Maria und er die Beziehung geheim halten wollten. Ich stand vom Bett auf, um Zia Pinas Seiten noch einmal zu lesen, da erwachte Matilde. Sie wollte das Buch von den drei Schweinchen vorgelesen bekommen, das Phil heute Mittag aus Santa Marina Salina mitgebracht hatte. »Noch mal!«, forderte sie nach dem letzten Wort. Also begann ich von vorne. Und wieder pustete der Wolf. Insgesamt sechs Mal. Hin und wieder fiel mein Blick auf den Brief. Also wirklich, Mamma, dachte ich. Nicht zu fassen, dass du dich heimlich mit einem Jungen getroffen hast! Und Papa weiß garantiert nichts davon. Irgendwie freute mich das.
     
    Am Abend saßen wir wieder auf der Terrasse, wieder gab es Thunfisch. Nur unsere Gabeln klapperten. »Ich bin ein
Weichei«, sagte Phil plötzlich. »Dir kann ich es ja sagen.« Ich schaute ihn gespannt an. »Ich war heute in Santa Marina Salina am Hafen. Da stand einer dieser kleinen blauen Wagen, einer von denen mit drei Rädern, wie heißen die noch mal?« »Ape!«, half ich ihm aus. »Genau, ape, ein Fischer hatte seinen Fang darauf ausgebreitet. Seeigel und Garnelen und auch diese Kraken mit den langen Armen, von denen man immer Stücke im Meeresfrüchtesalat findet. Ich wollte uns eine zum Abendessen mitbringen und zeigte auf die Größte, die auf der Ladefläche in einem Wassereimer lag. Der Typ nimmt also eine blaue Plastiktüte, packt das Tier und stopft es da hinein. Doch das Ding wehrte sich! Die langen Tentakel wollten nicht in der Tüte bleiben, das Wesen drehte und wand sich plötzlich mit einer unglaublichen Kraft.« Phil gestikulierte mit beiden Armen. »Es bohrte seinen langen Kopf nach oben und spähte wie ein Außerirdischer hervor.«Jetzt hielt er seinen Kopf komisch schief und schielte. Ich kicherte los. »Es machte sich breit und war schon halb wieder aus der Tüte raus, bevor ich mein Geld hervorziehen konnte. Der Fischer stieß die wehrhafte Krake wieder hinein und knotete an den Henkeln herum - vergebens, das Tier beulte, ringelte und wand sich; immer wieder erschien einer seiner pockigen Saugnapfarme und meldete: Ich lebe noch, ich habe Kraft, ich will hier raus.« Phils abgewinkelter Arm

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