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Das Limonenhaus

Titel: Das Limonenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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Haus ihrer Eltern. Also, das war wie verheiratet zu sein. Sie deckte schon immer abends die Teller für den nächsten Morgen, und ihre Mutter machte uns die Wäsche. Ich war ihr dankbar, aber auch erleichtert, als sie sich nach sieben Jahren endlich von mir getrennt hat und ich nach Düsseldorf gehen konnte. Und jetzt du!«, verlangte ich.
    Lella schüttelte den Kopf.
    »Du hast es versprochen! Später mehr, hast du gesagt«, beharrte ich, »jetzt ist später.«
    »Hatte ich das versprochen?!« Sie gab ein kurzes Stöhnen von sich, fing aber nach einem Schluck Wein an zu erzählen.
    »Also, wo fange ich an? Ich war damals von meinem Bruder zu seiner Hochzeit auf Sizilien eingeladen worden und... also, ich blieb jedenfalls gleich da. Leonardo und Grazia wohnten im Limonenhaus, das meine Mutter von ihrer Tante geerbt hat.«
    »Warum heißt es Limonenhaus?«
    »Die Tante meiner Mutter machte den Limoncello selber. Im Haus standen die Tontöpfe, in denen sie die Schalen der Zitronen ziehen ließ. Erst in Alkohol, dann kam eine Zuckerlösung hinzu. Es riecht noch heute danach. Vor dem Haus stand immer ein Hocker mit einer Limoncelloflasche darauf, das Zeichen für den Verkauf. Die Leute brachten ihr die Zitronen aus ihren Gärten und kauften bei ihr den Likör.«

    Lella strich sich die Haare aus dem Gesicht.
    »Alle im Ort kennen das Limonenhaus. Es steht direkt am Wasser, eigentlich schon mittendrin, man hört andauernd dieses Gluckern und Schlagen der Wellen, wie auf einem Boot. Ich hatte ein kleines Zimmer in dem Haus, war also ständig in Leonardos Nähe und verliebte mich sofort in seinen Freund, den ich mir genau so einfallsreich, gut gelaunt und zuverlässig zurechtfantasiert hatte wie meinen Bruder.« Lella verzog ihren herrlichen Mund. »Das hört sich so schnulzig an, aber in den ersten Wochen war ich glücklich wie nie zuvor in meinem Leben. Alle meine Wünsche waren plötzlich wahr geworden.« Sie lachte kurz auf. »Der Freund arbeitete in der Kanzlei seines Vaters, einer der ältesten Rechtsanwälte und Notare in Bagheria mit lauter einflussreichen Klienten. Wir sahen uns jeden Tag. Er kannte die ganze Stadt und hatte immer etwas Lustiges über die Leute zu erzählen. Es hätte mich stutzig machen sollen, dass er sich in dieser glatt rasierten Welt voller Unterschriften und Geld so erstaunlich gut zurechtfand.« Sie zuckte mit den Schultern. »Er kam jeden Nachmittag zu mir, immer im frischen Hemd, von seiner Mutter gebügelt. ›Als Sohn des Chefs kann ich es mir erlauben, für zwei, drei Stunden aus der Kanzlei zu verschwinden‹, prahlte er.«
    »Und was habt ihr dann gemacht?« Es reizte mich. Ich wollte es zwar nicht wissen, wollte es aber dennoch von ihr hören.
    Lella schaute hinaus in die Nacht. Sie sah mich nicht an. »Ganz bestimmt keine Nacktfotos.«
    »Hör mal, das mit diesen Fotos von Brigida tut mir leid, dazu erzähle ich dir später noch was, ja?!«
    Sie winkte ab, aber sie lächelte jetzt und schaute wenigstens
wieder kurz in meine Augen. »Ich wollte unbedingt schwanger werden, das stellte ich mir großartig vor. Meine Schwägerin Grazia kaufte bereits Babywäsche, besuchte ihren Computerkurs oder saß irgendwo und ließ die Ölkreide glücklich verträumt über ihrem leeren Skizzenblock schweben. Ich beneidete sie, ich wollte auch so ein Leben! Im Nachhinein kommt es mir vor, als wäre ich ein ganzes Jahr nur in dem Haus geblieben, aber das stimmt natürlich nicht. Ich saß stundenlang im Hafen, draußen bei den Segelbooten, und lauschte dieser Musik, die der Wind mit der Takelage macht. Kennst du das Geräusch?«
    »Ich glaube, ja.«
    »Na ja, nicht so wichtig. Ich saß da eben manchmal rum oder ging auf den Markt einkaufen. Ich kochte für alle, putzte und stellte die Möbel um. Eines Tages, das muss schon im November gewesen sein, befreite ich die Scheibe eines Fensters von einer zentimeterdicken weißen Farbschicht, was die Küche gleich viel heller werden ließ. Als Leonardo mich für diese Idee lobte, freute ich mich so, dass ich rot wurde und ihn fest an mich drückte. Über seine Schulter sah ich, dass Grazia das Zimmer verließ, daran erinnere ich mich komischerweise noch. Leonardo sagte: ›Du hast ein Auge für solche Dinge, und du kochst hervorragend! Marta lässt fragen, ob du bei ihr anfangen möchtest. Du könntest ihr beim Kochen helfen, und wie sie die Tische im Saal gestellt hat, das stimmt irgendwie noch nicht.‹
    ›Gebe ich zu viel Geld aus?‹, fragte ich ihn

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