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Das Locken der Sirene (German Edition)

Das Locken der Sirene (German Edition)

Titel: Das Locken der Sirene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiffany Reisz
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eine der Kerzen, die neben dem Bett brannten. Sie hielt sie behutsam fest, um kein Wachs zu verschütten. Michaels Blick folgte dem brennenden Docht, als Nora die Kerze über seine sich schnell hebende und senkende Brust hielt.
    „Und wie fühlst du dich jetzt?“, fragte sie und bewegte ihre Hüften.
    Michael keuchte auf. Sein Blick glitt von der Kerze zu ihrem Gesicht. Seine Miene spiegelte ängstliches Vertrauen, vertrauende Angst.
    „Sicher“, sagte er.
    Nora lächelte ihn an und ließ das heiße Wachs auf ihn niederregnen.
    Søren löschte Noras Öllampe und schloss die Tür hinter ihnen. Zach folgte dem Priester über Treppen und Flure, bis er vor einer weiteren Tür stehen blieb. Er machte allerdings keine Anstalten, die Tür zu öffnen. Wie über eine unsichtbare Schwelle hinweg blickten die beiden Männer sich an.
    „Warum haben Sie mich hier runtergebracht?“, fragte Zach.
    „Ich dachte, Sie wollen sehen, was Eleanor ist. Sie haben ja bis zu diesem Abend geglaubt, sie zu kennen.“
    „Ich kenne sie auch.“
    „Nein, Sie glauben nur, sie zu kennen. Das ist einer ihrer besten Tricks. Sie flirtet, sie lockt, sie gibt alles zu, aber sie gibt nichts von sich preis. Das ist der älteste Taschenspielertrick der Welt: Rauch und Spiegel, eine Irreführung hier und da. Sie sind sich absolut sicher, dass sie hier ist“, Søren schnippte mit den Fingern direkt an Zachs Ohr, „aber in Wahrheit ist sie hier.“
    Zach schaute auf Sørens rechte Hand. Der Priester hielt seine Geldbörse hoch.
    „Netter Trick.“ Zach schnappte sich die Geldbörse und schob sie zurück in die Hosentasche. „Aber ich glaube, ich kenne Nora besser.“
    „Wirklich? Dann sagen Sie mir – was, glauben Sie, ist ihr dunkelstes Geheimnis?“
    „Sie“, antwortete Zach. „Sie war einst die Geliebte eines katholischen Priesters. Das weiß ich jetzt, und es gibt kaum etwas, das mich weniger stören könnte.“
    „Ich? Ich soll ihr dunkelstes Geheimnis sein? Wohl kaum. Sie hält mich um meinetwillen geheim, nicht um ihretwillen.“
    „Wir tun alle Dinge, für die wir uns schämen. Jeder hat eine Vergangenheit.“
    „Ja, auch Eleanor hat eine. Aber sie hat auch eine Gegenwart.“
    Zach machte einen Schritt nach vorn. Ihn überraschte sein eigener Mut, aber er starrte Noras Priester an, ohne den Blick zu senken.
    „Sie sind eifersüchtig“, sagte Zach.
    „Bin ich das?“
    „Ja. Weil sie ein Leben ohne Sie aufgebaut hat und es auch führt. Sie hat mir erzählt, Sie wollen sie zurück. Aber sie wird nicht zu Ihnen zurückkommen. Sie hat Sie früher geliebt, aber inzwischen sind Sie nur noch ein Spiel für sie, das sie leid geworden ist.“
    „Ich versichere Ihnen, das Spiel hat erst begonnen.“
    Zach wich keinen Zentimeter zurück.„Dieses Spiel, das Sie mit mir spielen, ist jedenfalls vorbei. Na los, zeigen Sie mir schon, was Sie mir zeigen wollen. Erzählen Sie mir all die Horrorgeschichten, die Sie über sie wissen. Aber ich weiß, was Nora Sutherlin in Wahrheit ist.“
    „Ach, tatsächlich. Und was ist sie?“
    „Eine Schriftstellerin.“
    „Das ist sie auf jeden Fall, noch dazu eine sehr talentierte. Aber sie ist nicht nur eine Schriftstellerin, Zachary.“
    „Mir ist egal, was sie in ihrer Freizeit tut. Und egal, was Sie noch sagen, sie ist kein Monster.“
    Søren seufzte. Zach sah in den Augen des Mannes etwas, das er nicht erwartet hätte. Mitgefühl.
    „Nein, da haben Sie recht. Sie ist kein Monster“, stimmte Søren zu. Er richtete seine Aufmerksamkeit auf die Tür. Zach folgte dem Blick des Priesters. Anders als bei den anderen Türen war hier der Knauf weiß angemalt, und daran baumelte eine Reitgerte, die ihm vertraut vorkam – schwarz mit weißer Lederverzopfung. Und aus dem Zimmer hinter der Tür erklang ein leises Geräusch. Ein schmerzerfülltes Wimmern, das so traurig und herzergreifend war wie das Weinen eines Kindes. Zach spürte Sørens Blick. „Aber sie ist auch keine Heilige.“

22. KAPITEL
    Z ach war erleichtert, am Ende des Rundgangs durch den 8. Zirkel wieder in die Bar zurückzukehren. Søren führte ihn zu einem Tisch in der Ecke des Raumes, die am weitesten von der Galerie entfernt war. Der Tisch stand auf einer kleinen Plattform und war eindeutig der beste Platz in der Bar und allein Søren vorbehalten. Sobald er und Zach Platz genommen hatten, versammelte sich eine kleine Armee der Bediensteten – unter ihnen Griffin – um den Tisch, um ihnen zu Diensten zu sein.
    „Möchten Sie etwas

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