Das Locken der Sirene (German Edition)
so weit ist. Ich werde ihn jedenfalls nicht bitten, sich meinetwegen zu ändern.“
Søren wandte sich von ihr ab. „Natürlich wirst du das nicht tun. Gott bewahre, dass du irgendwem gestattest, deinetwegen Opfer zu bringen. Denn wenn Wesley sich deinetwegen ändert, würdest du dich ihm verpflichtet fühlen. Und das lässt du nicht zu. Du bist so verliebt in deine lasterhafte Freiheit, dass du dich weigerst, irgendeiner anderen Person wegen irgendwas dankbar zu sein, aus Angst, der kleinste Anflug von Schuld oder Verpflichtung würde dich auf ewig niederdrücken.“ Søren wandte sich ihr wieder zu. „Nur weil du so verzweifelt darauf bedacht bist, deine Freiheit zu bewahren, ist Wesley noch immer Jungfrau. Und ich bin noch immer Priester.“
Nora schlug die Hände vors Gesicht. „Komm mir jetzt nicht wieder damit. Bitte.“
„Ich habe dir angeboten, meine Priesterschaft für dich aufzugeben, und stattdessen hast du mich aufgegeben.“
„Du wolltest dein Priesteramt nie aufgeben. Du wolltest mich nur auf jede erdenkliche Weise behalten. Ich konnte nicht zulassen, dass du meinetwegen dein Leben aufgibst.“
Nora versuchte ihn von sich zu stoßen, als Søren nach ihren Händen griff. Aber er war zu stark für sie. Behutsam zog er die Hände von ihrem Gesicht und sah sie an.
„Du bist jetzt und für alle Zeiten mein Leben.“ Seine Stimme war so leise und ehrlich, dass sie ihn nicht anschauen konnte.
„Du liebst deine Arbeit als Priester. Das Amt ist ein Sakrament. Du kannst es nicht ablegen, denn dieses Amt ist, was du bist.“
„Ja, ich liebe diese Arbeit. Es stimmt, sie ist, was ich bin. Und es stimmt auch, dass ich bereit war, das Priesteramt aufzugeben, damit wir zusammen sein können. Aber das hast du damals nicht zugelassen.“
„Und ich lasse es auch heute nicht zu. Genauso wenig wie ich Wes dazu zwingen werde, etwas zu sein, was er nicht sein will. Du sagst, das liegt daran, dass ich niemandem etwas schuldig sein will. Ich sage, dass ich einfach nicht zulassen kann, dass ihr beide meinetwegen euer Leben versaut.“
„Und wir haben nichts zu sagen?“
Nora fand endlich die Kraft, seinen Blick zu erwidern. Selbst nach fünf Jahren, nein, nach achtzehn Jahren, konnte sie ihm noch immer nicht in die Augen schauen, ohne sich auf der Stelle ein bisschen mehr in ihn zu verlieben. Die Zeit hatte ihre Liebe zu ihm immer mehr geschärft. Und mit jedem Jahr, das verging, schnitt sich diese Liebe tiefer in sie ein.
„Nein“, sagte sie. „Du hast nichts zu sagen. Genauso wenig Wes. Was er tun oder sein will, ist allein seine Entscheidung. Er gehört mir nicht. Und ich gehöre dir nicht.“
Søren richtete sich zu seiner vollen Größe auf. Das letzte bisschen Milde war aus seinen Augen verschwunden. Er legte die Hand auf den Aufzugschlüssel, ohne ihn umzudrehen.
„Ich habe sowohl die Hölle als auch das Fegefeuer erlebt. Ich versichere dir, das Fegefeuer ist die Strafe, die du bei Weitem mehr fürchten solltest.“
„Ich kann sein, wer und was ich bin.
Und
zugleich mit Wes zusammen sein. Ich muss nicht wählen.“
„Irgendwann wirst du aber wählen müssen, und zwar zwischen diesem Leben und dem, das Wesley dir verspricht. Du glaubst, nur weil du im Schlafzimmer zwischen den beiden Rollen switchen kannst, muss es dir auch in allen anderen Lebensbereichen gelingen. Eines Tages wirst du dich entscheiden müssen, ob du eine professionelle Schriftstellerin bist oder nur eine Professionelle, die schreibt. Und wie du dich auch entscheidest – du wirst Zachary sagen müssen, was du in Wahrheit bist. Wenn dir irgendetwas an ihm liegt, muss er es wissen.“
„Es überrascht mich, dass du es ihm noch nicht erzählt hast. Ich weiß, dass du zumindest versucht hast, ihn zu verjagen.“
„Ich wollte nur sehen, wie mutig er ist. Ob er deiner wert ist. Aber er hat mich doch beeindruckt, wenngleich er immer noch seine Frau liebt. Ich gestatte ihm, dir wehzutun, Eleanor. Aber wenn er es wagen sollte, dir zu schaden, werde ich nicht sehr glücklich mit ihm sein.“
Nora unterdrückte ein ängstliches Beben. Sie hatte schon einmal erlebt, was passierte, wenn Søren mit jemandem, der ihr wehgetan hatte,
nicht glücklich
war.
„Ich weiß deine Ritterlichkeit zu schätzen. Doch ich glaube, ich komme mit Zach ganz gut alleine klar.“
Søren legte seine Hand an ihre Wange und zwang Nora, ihm in die Augen zu schauen. „Die Ehe ist auch ein Sakrament, Eleanor. Wenn Zachary dir anbietet, seine Frau zu
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