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Das Locken der Sirene (German Edition)

Das Locken der Sirene (German Edition)

Titel: Das Locken der Sirene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiffany Reisz
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Boden auf.
    Gleichermaßen geschlagen und erleichtert, zog Nora sich ihr Hemd wieder über den Kopf und setzte sich im Schneidersitz aufs Bett. „Glaub mir, das ist nicht unsere Geschichte. Er ist überhaupt nicht so wie ich. Sie ist nicht wie du. Der Roman wurde nur von uns beiden inspiriert. Von dem, was ich über unsere Beziehung denke. Sie sind Liebende. Wir sind nur Freunde. Oder waren es zumindest. Himmel, Wes! Hast du das hier geplant?“ Nora konnte die Frage kaum aussprechen, denn das Ausmaß dessen, was sie beinahe getan hätten, traf sie in diesem Moment mit voller Wucht. Sie blickte hilflos auf ihr zerwühltes Bett.
    „Du hast den anderen Job gekündigt. Ich dachte, jetzt bedeutet es dir vielleicht so viel wie mir …“
    „Mein Gott, Wesley. Es bedeutet mir doch genauso viel wie dir.“
    „Oder geht es nur um dein Buch?“, fragte er und hielt die Seiten hoch. Dann schaute er genauer hin und überflog die Zeilen. „
Das Geschenk der Weisen
– meine Lieblingskurzgeschichte.“
    „Ich weiß. Darüber unterhalten sich die beiden an dem Abend, bevor es zu dieser Szene kommt. Darüber, was der Einzelne aufzugeben bereit ist, um mit dem anderen zusammen sein zu können.“
    „Also, wofür steht seine Uhr? Für meine Jungfräulichkeit? Ich war bereit, sie dir zu geben.“
    „Deine Unschuld. Sie ist so viel mehr wert, und es ist so viel traumatischer, sie zu verlieren.“
    „Und ihr Haar, was wäre das bei dir? Du hast deinen Job bei King ja schon gekündigt.“
    „Aber ich habe nicht aufgehört, die zu sein, die ich bin.“
    „Das bist nicht du, Nora. Dieser Job ist nur etwas, das du tust.“
    „Selbst wenn ich es nicht des Geldes wegen mache, macht es mich doch immer noch aus. Und ich kann es nicht verkaufen, nicht mal, um dir eine Uhrenkette zu kaufen. Das ist es, was mich diese Bücher schreiben lässt und was mich auszeichnet. Es ist das einzige von Wert, das ich besitze. Und selbst wenn du mir deine Unschuld schenken willst, wenn du mit Kämmen für mein Haar in meine Welt kommen möchtest, könnte ich das niemals zulassen. Was bedeutet das für uns? Sag du es mir.“
    „Vermutlich gibt’s dann erst mal keine Weihnachtsgeschenke.“
    „Nein, wahrscheinlich nicht.“ Nora war mit einem Mal sehr müde.
    Wesley wog die Seiten in den Händen, blätterte sie flüchtig durch und drückte sie dann an die Brust. „Warum hast du es geschrieben? Warum musste es ein Buch über uns sein?“
    „Weil ich vermutlich die ganze Zeit schon wusste, dass wir beide nie zusammen sein können. Mein Gott, vor ein paar Minuten habe ich wirklich gefürchtet, ohnmächtig zu werden, und das nur, weil ich versucht habe, mit dir ganz normalen Sex zu haben. Ich hasse es, dass das zwischen uns steht. Es bringt mich schier um – jeden Tag ein bisschen mehr. Das Buch … keine Ahnung. Ich vermute, ich habe gedacht, so könnten wir zumindest eine kleine Weile auf dem Papier zusammen sein. Das ist nicht viel, aber es ist wenigstens etwas“, fügte sie hinzu und versuchte zu lächeln. Es misslang gründlich.
    „Lass es mich lesen. Das ganze Buch.“
    „Du willst es doch gar nicht lesen, Süßer.“
    „Du hast gesagt, es geht um uns.“
    Nora rührte sich nicht.
    „Bitte!“, flehte Wesley. Die leise Verzweiflung, die in seiner Stimme mitschwang, entging ihr nicht. Sie nickte, rutschte vom Bett und ging in ihr Büro. Dort nahm sie den Ordner vom Tisch, in dem die neueste Version ihres Romans abgeheftet war, und kehrte ins Schlafzimmer zurück.
    „Er ist noch nicht fertig. Ich muss immer noch ungefähr acht Kapitel schreiben.“
    „Wie geht die Geschichte aus?“
    „Ich weiß es nicht“, log sie.
    „Der Trostpreis.“
Er klappte den Ordner auf und las den Titel laut vor.
    „Genau, der Trostpreis. Du weißt schon, das, was man bekommt, wenn man nicht gewinnt.“
    „Was willst du denn gewinnen?“ In seiner Stimme schwang ein stummes Versprechen mit. Wenn er könnte, würde er es ihr geben, das spürte sie.
    „Dich, Wes. Aber ich kann dich nicht für mich gewinnen, ohne das zu verkaufen, was ich bin.“
    „Und ich kann dich nicht gewinnen, solange ich meine Seele nicht verkaufe. Richtig?“, fragte Wesley.
    „Jetzt verstehst du, warum
Das Geschenk der Weisen
für mich eine Horrorgeschichte ist.“
    Wesley sah sie einen Moment nachdenklich an, dann schaute er auf ihren Roman in seinen Händen.
    Sie drehte sich auf dem Absatz um und ließ ihn mit ihrem Buch in ihrem Zimmer zurück. Dieses Buch hatte sie geschrieben

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