Das Locken der Sirene (German Edition)
entschuldigte sich für einen Moment.
„Du würdest wohl auch gern wieder nach Hause, was, Zach?“, fragte Finley und haute Zach auf den Rücken. Zach musste einen Schauder unterdrücken und drehte sich um. Natürlich hatte Thomas gewartet, bis J. P. verschwunden war, ehe er sich näherte. „England, meine ich. Ich weiß nicht, ob L. A. für dich sicher ist. Warst du schon mal braun in deinem Leben? Vermutlich nicht. Im Nebel wird man nicht braun.“
„Ich habe vor, in L. A. zu arbeiten, Thomas. Das ist kein Spiel.“
„Willst du wie Faulkner arbeiten?“, fragte Finley mit einem schmierigen Grinsen. „Wie viele Affären hatte Faulkner, während er in Los Angeles war? Drei? Vier? Natürlich bist du nicht mehr verheiratet, daher zählen die Affären kaum als solche. Ach nein, wie konnte ich das vergessen! Du bist ja noch verheiratet, nicht wahr? Manchmal ist das aber auch nicht so leicht zu erkennen. Ich nehme also an, Nora Sutherlin war für dich Nummer eins.“
Zach blickte Finley in die Augen. „Ich habe nicht und werde nicht mit Nora Sutherlin schlafen. Sie ist, also war, eine meiner Schriftstellerinnen. Ich versuche diese Grenze zu respektieren.“
„Schriftstellerin? Sie ist eine Hure, Zach. Das wissen wir doch beide.“
„Du weißt überhaupt nichts, Thomas“, konterte Zach. „Nenn sie, wie du willst. Sie ist immer noch eine der vielversprechendsten Schriftstellerinnen, mit denen ich je zusammenarbeiten durfte. Ich würde außerdem viel lieber mit Huren als mit billigen Schmierfinken zusammenarbeiten.“
„Schmierfink?“ Wütend machte Thomas einen Schritt auf ihn zu. „Keiner meiner Schriftsteller ist eine Hure. Und sie sind definitiv keine Schmierfinken.“
„Ich habe auch nicht über
deine Schriftsteller
gesprochen.“ Zach hörte ein kollektives Luftholen im ganzen Raum, als die Zuhörer begriffen, was er damit andeutete.
„Du Hurensohn.“ Bevor irgendwer außer Zach reagieren konnte, hob Thomas den Arm und holte nach ihm aus.
Zach hatte in seinem Leben mehr Kämpfe mit betrunkenen Hooligans ausgefochten, als er zählen konnte. Dank seiner Zeit als Barmann während seiner Studienzeiten duckte er sich geschickt und schlug zurück. Thomas’ Kinn machte hart und unnachgiebig Bekanntschaft mit Zachs Faust, sein Kopf wurde zur Seite gerissen, und augenblicklich ging Thomas zu Boden.
Im Konferenzraum herrschte lange Schweigen, während die Anwesenden versuchten, die Szene zu begreifen, die sich soeben vor ihren Augen abgespielt hatte. Dann fing jemand an zu klatschen, und bald löste erleichtertes Lachen die Spannung.
„Wusstest du, Mary“, sagte Zach, „dass die erste Regel bei Sadomasochismus lautet, man darf Schmerzen zufügen, aber keinen Schaden anrichten?“
Thomas wischte sich das Blut vom Mund.
„Für mich sieht er nicht aus, als hätte er Schäden davongetragen.“
Ohne auch nur noch eine Sekunde länger zu verharren, verließ Zach den Konferenzraum und eilte zu den Aufzügen.
„Wo willst du hin?“, rief Mary und rannte hinter ihm her.
„Ich hole meine Schriftstellerin zurück. Oder zumindest ihr Buch.“
Mary strahlte ihn an.„Viel Glück dabei, Zach. Nur damit du’s weißt: Das ist der Grund, warum du für alle Zeiten mein Lieblingsboss bleiben wirst.“
Zach verließ fluchtartig das Gebäude. Seine rechte Hand pochte, als er ein Taxi heranwinkte. Plötzlich ging ihm auf, dass er nicht genau wusste, was er jetzt tun sollte.
Er nannte dem Fahrer die Adresse zu seiner Wohnung. Er würde wieder versuchen, Nora von dort aus zu erreichen. Wenn sie nicht da war, konnte er immer noch zu ihr fahren. Und wenn er sie dort nicht antraf, nun … dann würde er sie schon irgendwie aufstöbern.
Zach blieb in der Lobby seines Apartmenthauses stehen und benutzte das Telefon am Empfangstresen. Er wählte Noras Nummer. Wenn sie zu Hause war, brauchte er gar nicht erst nach oben in seine Wohnung zu gehen.
„Wesley“, sagte Zach erleichtert, als der junge Mann sich am anderen Ende meldete. „Hier ist Zach. Ich muss mit Nora sprechen. Ist sie da?“
„Sie ist fort, Zach. Sie war heute früh schon aus dem Haus, als ich aufgestanden bin. Was wollen Sie von ihr? Sie haben Nora fallen lassen, schon vergessen?“
Zach seufzte. Die Schuldgefühle nagten schmerzhaft in seinen Eingeweiden.
„Ich hatte in Bezug auf sie unrecht, Wesley. Ich muss mich – wieder mal – bei ihr entschuldigen.“
„Dieses Mal sollte sie Ihnen das echt nicht durchgehen lassen.“
„Glaub mir,
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