Das Locken der Sirene (German Edition)
ich weiß das. Aber bitte, kannst du mir sagen, wo ich sie vielleicht finden kann?“
„Wir sprechen von Nora. Sie ist vermutlich dort, wo Sie sie am wenigsten vermuten.“
Zach legte auf und versuchte nachzudenken. Er beschloss, in seine Wohnung hinaufzufahren, den Ausdruck ihres Buches unter seinem Bett hervorzuholen und über die Lektüre zu versuchen, herauszufinden, was Wesley wohl gemeint hatte. Wenn sie nicht zu Hause war, konnte sie überall sein. Bei einem Kunden, im 8. Zirkel, auf dem Mond.
Wo Sie sie am wenigsten vermuten, dachte Zach, während er im Fahrstuhl stand, der ihn ins 23. Stockwerk trug. Diese Worte erinnerten ihn an etwas, das er mal gehört hatte.
Sie glauben, Sie kennen sie. Das ist einer ihrer besten Tricks. Sie flirtet, sie reizt die Männer, sie gibt alles zu, aber nichts von sich preis. Das ist der älteste Zaubertrick der Welt. Spiegel und Rauch, Täuschungsmanöver …
„Sie sind absolut sicher, dass sie hier ist“, hatte Søren gesagt. Zach steckte den Schlüssel ins Schloss seiner Wohnungstür und drehte den Knauf. „Dabei ist sie schon längst dort“ …
„Hallo, Zach.“
Es dauerte fast zehn Sekunden, ehe er begriff, dass Nora in seinem Wohnzimmer stand. Sie trug einen Anzug und eine Krawatte und hatte ein so trotziges Lächeln aufgesetzt, dass er genauso nervös wie erleichtert war.
„Du kommst heute aber früh von der Arbeit“, sagte sie. „Ich hatte mich eigentlich darauf eingestellt, den ganzen Tag zu warten.“
„Mein Gott, du bist hier. Ich habe gerade Wesley angerufen, weil ich dich suche.“
„Du hast mich gefunden. Und ich werde auch nicht allzu lange auf deiner Türschwelle herumlungern. Ich wollte dir nur dieses Geschenk persönlich vorbeibringen.“
Ein Stapel Papier landete mit einem dumpfen Knall vor seinen Füßen. Zach bückte sich und hob ihn auf. Es war ein Buch. Ihr Buch. Ausgedruckt und spiralgebunden. Er blätterte die fast fünfhundert Seiten durch.
„Nora …“
„Ich habe es vollendet, Zach. Ohne dich. Los, lies die Widmung.“
Mit zitternden Händen schlug Zach die erste Seite auf und blätterte zur Widmung weiter.
„Für Zach Easton, meinen Lektor. Fick dich.“
Er hob den Blick. „Sehr hübsch. Das habe ich wohl verdient.“
„Das hier hast du auch verdient“, sagte Nora. Sie kam zu ihm und schaute ihm in die Augen. Atmete tief durch. „Zach, es tut mir leid, dass ich dir nicht die ganze Wahrheit über mich erzählt habe. Es gab bisher niemanden, der mein Schreiben so ernst genommen hat wie du. Deine hohe Meinung hat mir von Anfang an so viel bedeutet, dass die Vorstellung, du könntest nicht mehr so über mich denken, mir schrecklich viel Angst gemacht hat. Ich habe mit diesem Teil meines Lebens inzwischen abgeschlossen und wieder mit dem Schreiben angefangen. Nur Schreiben. Ich weiß, du hast den Vertrag inzwischen zerrissen. Ich weiß, für Royal und mich ist es jetzt zu spät. Aber ich wollte, dass du das Buch liest und weißt, dass ich es vollendet habe. Du kannst den Ausdruck behalten. Es ist unter Umständen die einzige Ausgabe, die von diesem Buch je existieren wird.“
Zach hielt das Buch fest. Er konnte sein Glück kaum fassen. Er konnte nicht glauben, dass er sowohl das Buch als auch seine Schriftstellerin zurückhatte.
Nora schien darauf zu warten, dass er irgendwas sagte oder tat. Als er keine Worte fand, trat sie zurück, hob ihren Mantel auf und ging zur Tür.
„Ich habe …“
„Was hast du?“, fragte sie und drehte sich um.
„Den Vertrag. Ich habe ihn nicht zerrissen. Ich habe ihn noch.“
„Das ist wirklich lieb von dir. Aber ein Vertrag ohne Unterschrift ist ungefähr genauso viel wert wie ein geschredderter Vertrag.“
Zach drehte sich zu ihr um. „Ist das der einzige Ausdruck, den du hast? Oder hast du zufällig auch die Datei dabei?“
Nora neigte den Kopf. Dann griff sie in ihre Bluse und zog ein dünnes Schleifenband heraus, das sie um den Hals trug. „Auf dem USB-Stick.“
Zach streckte die Hand aus, und sie legte ihm den USB-Stick auf die Handfläche.
„Was machst du da?“, fragte sie. Er warf den Ausdruck auf sein Sofa und steckte den USB-Stick in sein Notebook. „Heute ist Freitag, und mein Flug geht Sonntag. Ich muss bis dahin noch ein Buch lektorieren.“
Nora blickte ihn forschend an. „Meinst du das ernst?“
„Absolut. Ich habe dir doch gesagt, ich werde den Vertrag erst unterschreiben, wenn ich die letzte Seite gelesen habe. Was für ein Glück für uns, dass ich
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