Das Locken der Sirene (German Edition)
D/s-Paaren ist der Sex so ziemlich das Letzte, was zählt. Er wollte Gehorsam von mir. Absolute Unterwerfung. Mich zu zwingen, Jungfrau zu bleiben und so lange auf ihn zu warten, bewies mehr als alles andere, mehr noch, als wenn er mich sofort gevögelt hätte, dass er mich besaß. Außerdem – er hat mich auf das vorbereitet, was er von mir verlangte. SM ist nichts für Kinder oder für schwache Nerven. Er musste warten, um sicherzugehen, dass ich keins von beidem war. Und nun kommt meine Frage: Wie alt waren Sie?“
Zach starrte sie an. Sie streckte die Hand aus, und wortlos gab er ihr sein Glas, das sie füllte und ihm wieder zuschob.
„Jünger als zwanzig“, antwortete er und hob das Glas, um zu trinken.
Nora räusperte sich und winkte ab. Zach stellte das Glas wieder hin.
„Also gut, ich war dreizehn“, gab er zu. Kurz erinnerte er sich daran, wie er mit der hübschen älteren Schwester seines besten Freunds in einem kleinen Wäldchen nahe der Schule verschwunden und zehn Minuten später mit einem Grinsen wieder aufgetaucht war.
„Heilige Scheiße“, rief Nora und lachte. „Gut, dass Wes heute Nacht auf diese Mittelstufenschüler aufpasst.“
„Sie war erst vierzehn, und auch wenn es eine ziemlich peinliche und schnelle Nummer war, war es weder traumatisierend noch skandalös.“
„Mein erstes Mal war von vorne bis hinten durchgeplant und dauerte die ganze Nacht. Danach konnte ich mich eine Woche lang kaum bewegen. Ich vermute, da ich nun doch über Søren rede, können wir uns jetzt auch über Ihre Ehefrau unterhalten.“
„Dafür bin ich nicht betrunken genug.“
„Tja, dann trinken Sie schön weiter. Derweil können Sie mir wenigstens sagen, warum es Ihnen so schwer fällt, über sie zu reden.“
Er seufzte und nippte an seinem Whiskey. Nora schaltete die Schreibtischlampe an. Während ihres Gesprächs war die Sonne untergegangen, und obwohl es noch früher Abend war, hatte sich draußen ganz plötzlich die Schwärze der Nacht herabgesenkt. Warmes Licht flutete den dunklen Raum und warf bernsteinfarbene Schatten in die Ecken. Zach drehte den Kopf und sah sein Spiegelbild im Fenster. Aber er schien nicht er selbst zu sein. Er sah die Tür hinter seinem Rücken. Sie stand offen, und in der Tür stand Grace, die jetzt überall auf der Welt sein sollte, aber nicht in dieser Tür …
„Wenn ich darüber reden würde, wie es zu Ende ging und warum … dann fühlt es sich an, als sei es wirklich zu Ende. Und ich weiß noch nicht, ob ich dafür bereit bin, Nora. Tut mir leid.“
„Ich verstehe, wenn man nicht will, dass etwas vorbei ist. Können Sie mir wenigstens erzählen, wie alles begann?“
Zach schlug mit dem halb vollen Schnapsglas ganz leicht an sein Knie.
„Es fing ganz übel an. Ich würde fast sagen, wir waren von Anfang an dem Untergang geweiht.“
Nora rutschte vom Schreibtisch und sank vor ihm auf den Boden. Er fand das eine exzellente Idee. Ohne große Umstände gesellte er sich zu ihr auf den Teppich und lehnte sich mit dem Rücken gegen den Sessel.
Versonnen sah er dabei zu, wie Nora die Whiskeyflasche vom Tisch angelte und sich noch einen eingoss.
„In dem Jahr, nachdem ich Søren verlassen hatte, war ich von einer einzigen Frage besessen. Wann war das passiert? Ab wann war das, was wir wurden, unwiderruflich? Wann fielen all die kleinen Mosaiksteinchen an ihren Platz und besiegelten unser Schicksal? Wann war der Augenblick, der an allem, was daraufhin folgte, schuld war?“
„Haben Sie Ihre Antwort gefunden?“
Nora schüttelte den Kopf. „Nie. Ich vermute, unser Untergang und unser Schicksal waren schlicht zwei Seiten ein und derselben Medaille.“
„Ich muss mich das nicht fragen. Ich kenne den Augenblick, der an allem schuld war. Aber Sie haben Ihren Liebhaber verlassen, und ich wurde von meiner Liebe verlassen. Sie könnten wieder zu ihm zurückgehen, oder?“
„Zach, Søren ist nicht irgendein Freund, mit dem man sich streitet, um sich danach zu küssen, und alles ist wieder gut. Er ist die Armee, die einfach einmarschiert und der man sich ergibt, bevor sie das ganze Dorf niederbrennt.“
„Das klingt, als wäre er noch gefährlicher als Sie.“
„Das ist er. Bei Weitem. Er ist aber auch der beste Mann, dem ich je begegnet bin. Erzählen Sie mir von Grace. Wie ist sie?“
Zach zögerte mit der Antwort. Wie konnte er seine Frau beschreiben? Für ihn war Grace die Frau, die ihn mit offenen Armen empfing, wenn er nachts um zwei ins Bett kroch, nachdem
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