Das Locken der Sirene (German Edition)
wofür sie bezahlt haben, und nicht eine Minute mehr.“ Kingsleys Worte.
Nora kehrte zu Sheridan zurück und liebkoste ihren zitternden Rücken, küsste ihre bebenden Schultern.
„Pst“, befahl sie und strich mit einem Finger über die weiche Haut von Sheridans Wange. „Was Kingsley nicht weiß, macht ihn nicht heiß.“
Nora zog ihre Jacke aus und legte sie beiseite. Sie griff nach dem Rohrstock. Sheridan wimmerte.
Dieser Klang – er war jede Minute wert, jeden Cent.
Bevor diese Nacht endete, hätte sie Sheridans Körper und Seele offengelegt.
An manchen Tagen liebte Nora ihren Job.
Einige Stunden später zog Nora die Hosenträger hoch und steckte ihre Krawatte in die Hosentasche.
Sheridan lag noch im Bett. Das Laken lag zusammengeknüllt über ihrer Hüfte, sodass ihr schmaler, von Striemen und Blutergüssen übersäter Rücken zu sehen war.
„Das hast du heute Nacht sehr gut gemacht, kleine Miss“, sagte Nora. „Wie immer war es ein Vergnügen. Bis zum nächsten Mal.“
„Nora?“, sagte sie, und Nora drehte sich um. Sheridan setzte sich auf und zog das Laken züchtig bis zu ihren Brüsten. Eine merkwürdige Geste, wenn man die drei vergangenen Stunden bedachte, in denen sie Sex und SM geteilt hatten.
„Was ist los, Sher?“, wollte Nora wissen. Sie setzte sich neben die kleine Schönheit mit dem Porzellangesicht aufs Bett.
„Ich weiß nicht, ob es ein nächstes Mal geben wird. Ich werde heiraten.“
„Heiraten? So etwas machen die Leute heutzutage noch?“
Sheridan lachte. „Gott allein weiß, warum, aber ja.“
„Du hast ihm erzählt …“
Sie nickte. „Er sagt … er will’s versuchen. Wir arbeiten daran. Er wird nie so gut sein wie du, aber wer ist das schon?“
Nora lächelte zustimmend.
„Ich werde dich vermissen, du Schöne.“ Sie beugte sich vor und küsste das Mädchen mit einer Leidenschaft, die sie sich nur selten mit ihren Kunden erlaubte. Danach schaute sie in Sheridans große müde Augen. „Aber du musst tun, was du tun musst. Bist du sicher, dass du das willst?“
Sheridan zuckte mit den Schultern. Sie wirkte so klein und traurig, dass Nora für einen Moment den Verlobten des Mädchens mit einer so unbändigen Wut hasste, die sie sich sonst nur für ihre Streits mit Søren aufhob.
„Wir können das hier wohl nicht bis in alle Ewigkeit machen, hm?“, fragte sie. „Ich meine, es muss in meinem Leben noch mehr geben als Geld und Arbeit und das Warten darauf, dass du ein paar Stunden Zeit für mich hast. Du hast deine Bücher, Nora. Ich will auch so etwas haben. Etwas, das mir mehr bedeutet als alles andere. Verstehst du das?“
Nora nickte schweigend. Sie drückte ihre Stirn gegen Sheridans und rührte sich einen Moment lang nicht. Dann gab sie ihr einen Kuss auf den Scheitel und stand auf.
„Ruf mich an, wenn ich ihm das Handwerk zeigen soll.“ Sie ging zur Tür.
„Ich werde dich auch vermissen, Herrin.“
Ein letztes Mal drehte Nora sich um und zog den Hut wie der Star einer Matinee.
„Sei ein braves Mädchen“, sagte sie und ging, ehe sie ihre Meinung ändern konnte. „Sonst setzt’s was!“
Den ganzen Heimweg über ging ihr Sheridan nicht aus dem Kopf.
Wir können das hier wohl nicht bis in alle Ewigkeit machen, hm?
Nora ging direkt ins Büro und schaltete die Schreibtischlampe an. Sie warf den Hut auf den Sessel, fuhr den Computer hoch und öffnete das Manuskript.
Sie dachte an Zach. Daran, dass er anfangs geglaubt hatte, sie werde scheitern. Sie fragte sich, ob ein Teil von ihm das auch jetzt noch glaubte. Ein Teil von ihr glaubte es auf jeden Fall. Aber sie würde nicht scheitern. Sie hatte Zach gezeigt, wer sie wirklich war. Nora Sutherlin war Schriftstellerin. Eine gute Schriftstellerin. Und wenn er ihr Buch erst fertig gelesen hatte und der Vertrag unterzeichnet war, konnte sie ihm endlich erzählen, dass sie eine Domina war – beziehungsweise zu dem Zeitpunkt eine Exdomina.
Sie lehnte sich in ihrem Bürostuhl zurück und gähnte. Sie las die Szene, an der sie am Nachmittag gearbeitet hatte, noch einmal durch. Irgendwie gefiel ihr das alles nicht mehr, also löschte sie den Text und fing noch einmal von vorn an.
15. KAPITEL
Z ach zog das neueste Kapitel, das Nora ihm geschickt hatte, aus dem Drucker und nahm den Rotstift zur Hand. Er überflog die Zeilen und kniff sich müde in den Nasenrücken. Er musste unbedingt mit Nora über die letzten Kapitel reden. Sie waren so weit ganz okay, aber er fürchtete, sie könnte schon wieder
Weitere Kostenlose Bücher