Das Locken der Sirene (German Edition)
vom Weg abkommen. Ganz offensichtlich liebte sie ihre Protagonisten und wollte so viel Zeit wie möglich mit ihnen verbringen. Aber ihre Träumereien verlangsamten die Geschichte. Er musste sein Schweigen aufgeben und sich ihr wieder stellen. Fünf Tage waren nun seit jenem Abend vergangen. Er konnte noch immer nicht daran denken, ohne sich selbst jedes Mal ein bisschen mehr zu hassen. Es war ihm unmöglich gewesen, nicht ihr Gesicht zu berühren … Ihre Haut war so warm und weich. Er hatte sehen wollen, wie ihr Haar ihr Gesicht umspielte. Darum hatte er die Stifte aus ihrem Dutt gezogen … Und erst ihre Stimme, die in ihn hineinzukriechen schien und ein Feuer in ihm entfachte, von dem er vor langer Zeit geglaubt hatte, es sei für immer verloschen.
Er hob den Kopf, nahm nun doch das Telefon und wählte. Nach dem zweiten Klingeln hob Wesley ab.
„Sie ist nicht hier, Zach. Wollen Sie ihr eine Nachricht hinterlassen?“
„Hat sie ihr Handy dabei? Weißt du, wo sie ist?“
„Sie ist in Ihrem Büro, Zach.“
Er blickte auf. Da stand Nora. Sie klopfte zweimal gegen die offene Tür und wartete.
„Es hat sich erledigt, Wesley. Sie ist hier.“ Zach legte auf. „Wie geht es dir, Nora?“
„Wir müssen über den Blowjob reden.“
Zach stand auf und eilte auf sie zu. Er zog sie ins Büro und knallte die Tür hinter ihr ins Schloss.
„Ich rede von der Blowjob-Szene in meinem Buch“, ergänzte sie lauter. Zach setzte sich wieder hinter seinen Schreibtisch.
„Irgendwann bist du noch mein Tod. Das weißt du, oder?“
„Ich habe keine Ahnung, wovon du redest. Ich bin hergekommen, weil ich mit meinem Lektor über mein Buch reden will. Ich habe doch noch einen Lektor, oder?“
„Natürlich. Ich war diese Woche sehr beschäftigt.“
„Ja, damit beschäftigt, mich zu ignorieren.“
„Ich habe auf alles reagiert, was du mir geschickt hast.“
„Ja, mit Notizen und höflichen Vorschlägen. Ich brauche keine höflichen Vorschläge. Höflichkeit bringt mich nicht weiter. Woher weiß ich, was ich richtig mache, wenn du mir nicht erklärst, was ich falsch mache? Ich brauche dich wieder so wütend wie vorher. Nicht so nett und brav. Ich glaube, es hat mir besser gefallen, als du mich gehasst hast.“
„Ich habe dich nie gehasst.“ Zach zwang sich, ihren Blick zu erwidern. Er atmete tief ein und setzte sich gerade hin. „Ich habe weder dich noch das Buch irgendwann gehasst. Es ist bloß … Was Samstagnacht passiert ist …“
Nora machte den Mund auf, aber er hob die Hand.
„Wegen Samstagnacht“, fing er noch einmal an, „muss ich mich entschuldigen.“
Nora blickte ihn erstaunt aus großen Augen an. „Zach …“
„Bitte, lass mich ausreden. Es tut mir schrecklich leid, was da passiert ist. Ich habe zu viel getrunken, und ich war nach Graces letzter E-Mail immer noch ganz durcheinander. Ich weiß, das ist keine Entschuldigung. Ich hätte deinen Zustand nicht ausnutzen dürfen. Es war dumm und schamlos, und ich …“
„Zach, jetzt mal im Ernst. Du sollst den Mund halten.“ Nora lachte.
Zach starrte sie an. Sie schüttelte bloß den Kopf.
„Weißt du, warum ich hier bin? Ich bin hergekommen, um mich bei dir zu entschuldigen“, sagte sie.
„Wofür denn?“
„Dafür, dass ich dich in deinem Zustand ausgenutzt habe. Aber nach dem, was du gerade gesagt hast, bin ich offenbar nicht der Täter, sondern das Opfer. Ein ganz neues Gefühl für mich. Ich bin nicht sicher, ob es mir gefällt.“
„Nora, ich bin dein Lektor.“
„Ja, mein wunderbarer Lektor mit diesem vornehmen britischen Akzent und den eisblauen Augen und den Armen eines Tennisspielers, bei denen die Adern vom Handgelenk bis zum Ellbogen deutlich zu sehen sind. Oh nein, bitte zwingen Sie mich nie wieder, Ihnen einen zu blasen, Mr Easton. Das ist ein schlimmeres Schicksal als der Tod.“
„Das ist verflucht noch mal kein Witz.“
„Nein, ist es auch nicht. Es ist ein Blowjob.“
„Würdest du bitte aufhören, ständig dieses Wort zu sagen?“
„Na fein. Ich hab’s dir mit dem Mund gemacht, hab ihn gelutscht, habe Fellatio betrieben. Aber egal, wie du es nennst, Zach: Ich habe dich an meinen Schreibtisch gekettet und dir einen geblasen, bis du dich im Himmel wähntest. Und aus irgendeinem Grund bist du nicht begeistert, dass es so weit gekommen ist. Das ist ein ganz schöner Schlag für mein Ego, aber ich werde es überleben. Was ich jedoch wissen will, ist, warum du das so persönlich nimmst.“
Zach lehnte sich
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