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Das Locken der Sirene (German Edition)

Das Locken der Sirene (German Edition)

Titel: Das Locken der Sirene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiffany Reisz
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wegen dieser Frauen, ob sie nun existiert haben oder nicht, bleibst du bei mir?“, fragte er und lachte sie wie so oft aus
.
    Caroline streckte die Hand aus, um ihn zu streicheln, zog sie aber wieder zurück. Er hatte ihr nur zu gut beigebracht, ihn nicht ohne Erlaubnis zu berühren. Es gab Augenblicke, in denen er bereute, sie so gut ausgebildet zu haben
.
    „Jeden Tag kämpfst du aufs Neue mit einem Feind, den ich weder mit dir noch für dich bekämpfen kann. Aber wenn es jemals eine Chance auf Begnadigung geben sollte, würde ich dich auf meinem Rücken durch die ganze Welt tragen, nur um zu sehen, wie du endlich Frieden findest.“
    William lächelte das zwanzigjährige Kind an, das ihn mehr liebte, als er je verdient hatte oder verdienen könnte
.
    „Aber was ist, wenn der Feind, von dem du glaubst, du müsstest ihn bekämpfen, gar kein Feind ist?“, fragte er. Er fasste sie am Kinn und zwang sie, ihm in die Augen zu sehen. Einen Moment lang ließ er sie dort all seine dunklen Sehnsüchte sehen. „Was ist, wenn nur ich der Feind bin?“
    Caroline schreckte nicht vor dem zurück, was sie sah. Auch das hatte er ihr beigebracht
.
    „Dann werde ich dich vor dir selbst retten.“
    Armer Wesley, dachte Zach. Wusste dieser arme verknallte Junge eigentlich, dass er die Inspiration für Noras neueste, hoffnungslose und von Liebe gepeinigte Heldin war? Wusste Nora es?
Ich werde dich vor dir selbst retten …
Er konnte geradezu hören, wie Wesley genau diese Worte an Nora richtete. Der Junge hatte eben noch nicht begriffen, dass man jemanden nicht retten konnte, der nicht gerettet werden wollte.
    Zach wollte gerettet werden. Er versuchte sich vorzustellen, wie Grace – fünfzehn Zentimeter kleiner als er und leicht wie eine Feder – versuchte, ihn hochzuheben und auf dem Rücken zu tragen. Sie hatte einmal die Chance gehabt, ihn zu retten. An dem Tag, als er ihr erzählte, er werde den Job bei Royal House annehmen und in die Staaten ziehen. Sie hätte ihn mit einem Satz retten können – „Ich gehe mit dir.“ Mit einem Wort – „Nicht.“
    Zach öffnete sein E-Mail-Programm und schrieb:
Nora – entweder du streichst das Kapitel auf die Hälfte zusammen, oder ich tue es. Egal wie, die Hälfte muss weg
.
    Ohne Gewissensbisse drückte er auf Senden. Es stimmte, Nora arbeitete wirklich am besten, wenn er ihr richtig Druck machte und brutal ehrlich war. Er musste seine Kritik nicht in ein Kompliment verpacken. Sie wollte keine Komplimente hören. Sie wollte ihr Buch besser machen.
    Zach schloss sein Notebook. Er streckte sich auf dem Sofa aus und schaute sich in seinem Apartment um. Grace wäre entsetzt, wenn sie sehen könnte, wie spartanisch es eingerichtet war. Sie würde ihn aufziehen und ihn sanft daran erinnern, dass
minimalistisch
kein Synonym für
leer
war. Aber als er nach New York gekommen war, hatte er gewusst, dass sein Aufenthalt in der Stadt nur vorübergehend wäre. Er hatte acht Monate in der Stadt, bis die aktuelle Cheflektorin des Westküstenbüros in L. A. ihre letzten Projekte vollendet hatte, und dann würde er erneut umziehen. Es hatte für ihn daher keinen Grund gegeben, mehr zu kaufen als das absolute Minimum: ein Sofa, ein Bett, einen Fernseher, den er eigentlich auch nur zu den Fußballspielen von Everton einschaltete, und ein Festnetztelefon, das auf dem Fußboden stand. Wieso noch einen Couchtisch fürs Wohnzimmer kaufen? Noch ein verfluchtes Möbelstück, das er einpacken musste.
    Er nahm einen Schluck aus der Bierflasche. Es war Montagabend, gerade mal sieben Uhr, und er war schon so erschöpft, dass er darüber nachdachte, einfach ins Bett zu gehen. Nur sein männlicher Stolz bewahrte ihn davor, diesem Wunsch zu so früher Stunde nachzugeben. Selbst sein sechsundsechzigjähriger verwitweter Vater ging nie vor acht ins Bett.
    Der Gedanke an seinen Vater weckte wieder eine Angst, die er bisher erfolgreich verdrängt hatte – die Pillen in Noras Medizinschränkchen. Er konnte immer noch nicht glauben, dass sie so krank war, wie das Fläschchen es vermuten ließ. Vielleicht hatte sie nur eine schwächere Version. Eine Arrhythmie oder etwas ganz Harmloses, das sich gut behandeln ließ. Er versuchte sich die Angst auszureden, aber er konnte nicht leugnen, dass er sich um sie sorgte.
    Zach nahm die Seiten zur Hand, die er zuletzt lektoriert hatte, und überflog sie noch einmal.
Warum bleibst du bei mir?
Die Frage hatte er Grace nie gestellt, obwohl er sich das während ihrer Ehe fast jeden

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