Das Löwenamulett
Orbilius würde da sein, dachte ich. Nur keine Panik!
Ich nickte Delia zu. »Wir kommen.«
Wenige Augenblicke später standen wir zusammen mit Pacuvius in der kleinen Werkstatt. Pacuvius suchte aus verschiedenen Kästen Feilen, Hobel, einen Hammer, ein langes Messer und anderes Werkzeug zusammen, das Tischler bei ihrer Arbeit verwenden. Er steckte alles in einen großen Leinenbeutel. Delia und ich lehnten an einer Werkbank, ließen unsere Blicke über die vielen fertigen und halb fertigen Stühle, Leitern, Tische und Schränke schweifen, die die Werkstatt füllten, und wussten nicht, was wir sagen sollten.
»Nun, was wollt ihr noch wissen?«, fragte Pacuvius ungeduldig, als er seine Tasche gefüllt hatte. Er wirkte fahrig und schien es eilig zu haben. »Onkel Orbilius wartet auf mich. Er ist bei einem Freund, ein paar Straßen weiter, und repariert eine Kommode.«
»Ich dachte, ihr hättet heute Nachmittag frei«, sagte Delia.
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Die Unsicherheit in ihrer Stimme war nicht zu überhören.
»Der Freund kam vorhin vorbei«, sagte Pacuvius, »und bat meinen Onkel um den Gefallen.«
»Und deine Tante?«, fragte ich.
»Sie ist auch dort«, sagte Pacuvius. »Sitzt in der Küche und plaudert mit Lucretia, während wir Männer arbeiten.
Die Kommode ist klappriger, als wir dachten. Darum hole ich noch ein wenig mehr Werkzeug.«
»Ach so«, sagte ich und schluckte schwer. Wir waren also allein mit Pacuvius. Allein in dieser düsteren Werkstatt.
»Also«, sagte er und trat einen Schritt auf uns zu. »Was ist los? Was wollt ihr noch wissen? Ich habe wirklich nicht viel Zeit.«
Ich klammerte mich an der Tischkante fest. »Wir wollen dir von unserem Freund Myron erzählen«, sagte ich und blickte ihn unverwandt an. Von der Seite spürte ich Delias entsetzten Blick. Ich wusste in dem Moment auch nicht, warum ich das sagte. Ich hatte nur das unbestimmte Gefühl, dass es der richtige Weg sein könnte.
»Myron?«, fragte Pacuvius. »Wer soll das sein? Ich dachte, ihr seid wegen Urbicus gekommen.«
»Myron wurde gestern Nacht gefasst«, fuhr ich fort und wandte meinen Blick nicht von Pacuvius. »Er ist Sklave im Haus des Senators Metellus. Ein sehr freundlicher und gebildeter Junge. Er ist Grieche, stammt aus Athen. Senator Metellus hat ihn erst vor wenigen Tagen gekauft. Er kennt den ganzen Homer auswendig.« Ich wusste natürlich nicht, ob das stimmte. »Er hat ein großes Herz, kann keinem Menschen etwas zuleide tun.«
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Ich machte eine Pause und wartete auf eine Reaktion von Pacuvius.
»Und?«, fragte er mit belegter Stimme. »Warum ist er gefasst worden?«
»Gestern Nacht schreckte er aus dem Schlaf auf«, fuhr ich fort. »Er hatte Geräusche gehört, aus dem Arbeitszimmer seines Herrn. Er rannte nach unten, sah Senator Metellus am Boden liegen, davor einen Unbekannten mit einem Dolch in der Hand. Er stürzte sich auf ihn und wurde niedergeschlagen. Doch zuvor konnte er dem Unbekannten das Amulett entreißen, das wir dir vorhin gezeigt haben.«
Ich stieß Delia in die Rippen. Sie nestelte das Löwenamulett aus ihrer Tunica hervor und hielt es Pacuvius entgegen.
Er zuckte mit der Hand. Ich merkte, dass es ihm schwerfiel, nicht danach zu greifen.
»Tja«, sagte ich, »und dann ist Myron in Panik geflohen, nachdem ihn eine Sklavin vor seinem bewusstlosen Herrn gefunden hatte.«
»Der Senator ist nicht tot?«, fragte Pacuvius. Er atmete schwer.
»Nein«, sagte ich, »er hat nur starke Kopfschmerzen und wird bald wieder auf die Beine kommen.«
Pacuvius holte tief Luft. Fast schien es, als wollte er etwas sagen. Doch er schwieg.
»Alles spricht gegen Myron«, fuhr ich fort. »Er hielt den Dolch in der Hand. Von dem wahren Täter hatte außer ihm niemand etwas bemerkt. Und er ist ein Sklave, ein griechischer Sklave, neu im Haus des Senators. Wer sollte ihm glauben?«
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Pacuvius presste die Lippen aufeinander. Sein Blick zuckte unruhig zwischen Delia und mir hin und her.
»Und morgen wird man ihn hinrichten«, ergänzte Delia.
Sie hatte verstanden, was ich erreichen wollte. »Natürlich nicht sofort, du weißt ja, was man mit Sklaven vor ihrer Hin-richtung macht, nicht wahr?«
»Das weiß ich«, flüsterte Pacuvius. Erst jetzt bemerkte ich, dass er seine Hand in den Leinenbeutel geschoben hatte, den er um die Schulter trug. Mein Magen krampfte sich zusammen. Ich dachte an die Werkzeuge, die er eben dort hinein-gesteckt hatte. Pacuvius stand zwischen uns und der einzigen Tür der Werkstatt. Und er
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