Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Luzifer Evangelium

Das Luzifer Evangelium

Titel: Das Luzifer Evangelium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
Vom Netzwerk:
bleibt dann noch von der Theologie? Wenn Gott ein Hirngespinst ist, eine Sehnsucht, dann ist die Theologie nichts weiter als das Studium des abergläubischen Irrsinns des Menschen. Der Gedanke bereitete ihm Unbehagen. Der Schreibtischstuhl begann zu schwanken. Denk an etwas anderes, Giovanni … Aber an was? Etwas anderes . Er dachte: Mein Gott, warum bist du so weit weg von mir? Wieso hilfst du mir nicht, wenn ich dir meine Not klage? Ich rufe dich am Tag, Gott – du antwortest mir nicht –, ich rufe dich in der Nacht – und ich finde keine Ruhe. Er starrte vor sich in die Luft. Er musste etwas tun. Eingreifen. Gott, sah er jetzt ein, würde nichts unternehmen, um Silvana zu retten. Musste Silvana, die arme, unschuldige Silvana, wegen einer Handschrift sterben? Einer verdammten Handschrift? Was konnte er tun? Was zum Teufel kann ich tun? Er spürte, wie seine Angst und das Ohnmachtsgefühl allmählich seinem Zorn wichen. Wie wertvoll Luzifers Evangelium auch sein mochte, wie bedeutend für eine verrückte religiöse Sekte, egal, welche Informationen darin enthalten sein mochten – nichts war wichtiger als Silvana. Also, was konnte er tun? Nichts. Oder doch? Sollte er hilflos hinter seinem Schreibtisch sitzen bleiben und tatenlos auf das Unausweichliche warten? Sollte er – konnte er – den Dekan zwingen, den Tresor zu öffnen? Aber wie? Die Sicherheitskräfte würden ihn aufhalten, ehe er den Ausgang erreicht hatte.
    Verdammt, ich kann überhaupt nichts tun!
    Oder doch?
    Was hätte Vater getan?
    Hätte er …
    Er drehte den Bürostuhl um und sah aus dem Fenster. Er fühlte seinen Herzschlag. Du bist jetzt einer der Gottlosen, Giovanni.
    Ein Bekenntnis.
    Ein Wendepunkt.
    Gottlos.
    Er ließ sich das Wort auf der Zunge zergehen. Gottlos. Was hatte Jesus am Kreuz gerufen? Elí, Elí, lemá sabaktáni? Auch ich habe Gott verloren, dachte er. Er hatte seinem Herrn vertraut. Zu welchem Nutzen? Zu welchem Preis?
    Lass Gott Silvana retten, wenn Er sie liebt. Lass Gott mich aufhalten, wenn Er mich liebt.
    Giovanni erhob sich, bedächtig, und ging zu dem Schrank, in dem er die Pistole aufbewahrte, die sein Vater während des Krieges benutzt hatte: eine halb automatische 9 mm Beretta M 1934. Als er den Klebestreifen der unbenutzten Schachtel mit .380 ACP-Patronen abriss, fühlte er sich von Dunkelheit eingehüllt. Er nahm das Magazin heraus und lud die Waffe. Ans Kreuz genagelt, hatte selbst der Erlöser genug gehabt. Davon, wie er umhergestoßen und herumkommandiert wurde. Verhöhnt. Schikaniert. Er hatte genug von Gottes Launen. Mit lauter Stimme hatte Jesus gerufen: Elí, Elí, lemá sabaktáni?
    Jetzt, dachte Giovanni. Jetzt bin auch ich an dem Punkt angelangt, an dem ich genug habe.

Von: Primus Pilus
    Datum: 15. 06. 2009 12:32
An: Legatus Legionis
Kopie: Großmeister
Betreff: Bericht: London
    Code: S/MIME PKCS7

    Dominus!
    Im Namen des Fürsten danke ich für das Vertrauen, das mir erwiesen wurde, als mir die Position des Primus Pilus übertragen wurde. Wir sind bereit zum Einsatz, um den Auftrag unserer tapferen Glaubensbrüder auszuführen, den Märtyrern des sanctus bellum , Friede sei mit ihnen. Laut Aussage von Bruder Raţ hält Beltø sich in London auf. Dominus, dieses Mal werden wir Erfolg haben. Wir halten das Hauptquartier unter ständiger Beobachtung. Weder Collins noch Beltø werden observiert. Laut Bruder Raţ hat das Luzifer-Projekt Niederlassungen in Hampstead, Windsor, Salisbury, Oxford und Cambridge. Ich schlage vor, dass wir sämtliche Orte überwachen, wofür wir die Einheit allerdings aufteilen müssten. Ich bitte deshalb um Erlaubnis für ein solches Vorgehen und warte die weiteren Befehle des Rates ab.
    Primus Pilus: Bruder Cheresteşiu

IX : Armageddon
    WINDSOR
15. JUNI 2009
    1
    Eine Sternschnuppe schoss über den Himmel. Ferne Galaxien und Sterne schimmerten im Dunkel des Universums. Schwach funkelnd zerfloss die Milchstraße zu einem diffusen Band aus Nebel.
    »Schön, nicht wahr?«, fragte CC hingerissen. »Wie wäre es mit einem Satelliten?« Den Kopf in den Nacken gelegt und die Hände auf die Hüften gestützt, folgte er der Bahn eines Kometen durch den Weltraum. Ich selbst lag zurückgelehnt auf einem weichen Liegestuhl und wohnte dem Angriff eines schwarzen Lochs auf das nächstgelegene Sonnensystem bei.
    »Gerne, wenn es nicht zu viel Aufwand ist.«
    »Geoff? Einen Satelliten, bitte!«
    Zehn Sekunden später schwebte ein Kommunikationssatellit in unser Blickfeld und trieb langsam und

Weitere Kostenlose Bücher