Das Luzifer Evangelium
Zukunft?«
»Der größte Risikoasteroid, den wir kennen, trägt den Namen 2007 VK184. Er passiert oder trifft die Erde 2048. Das Problem sind aber nicht die Asteroiden oder Kometen, die wir kennen. Das Problem sind all jene, die wir nicht kennen. Und vor diesen könnte uns Luzifers Evangelium vielleicht warnen.«
»Und zu welchem Zweck? Kann man eine solche Kollision denn irgendwie verhindern?«
»Natürlich«, sagte Dr. Maxwell. »Aber dazu brauchen wir Zeit. Zeit, die entsprechenden Maßnahmen zu planen und zu berechnen. Alles hängt von der Größe des Asteroiden ab. Wir können ihn mit atomaren Waffen sprengen, wir können ihn anschieben, damit er seine Bahn ändert. Aber allein die Vorbereitungen für eine solche Rettungsaktion würden Jahre in Anspruch nehmen. Deshalb müssen wir wissen, wann wir mit einem Besuch rechnen müssen.«
»Und deshalb«, sagte CC , »brauchen wir die komplette Version des Luzifer-Evangeliums.«
3
Ich starrte nach oben in den Weltraum, der sich unter der Kuppel über mir wölbte. Einer Eingebung folgend – einer Neugier, die mich seit Kindertagen begleitet hatte –, fragte ich: »Glauben Sie, dass es da oben Leben gibt?«
»Leben?«, fragten CC und Dr. Maxwell beinahe gleichzeitig.
»Ja. Intelligentes Leben?«
»Na klar!«, sagte Dr. Maxwell.
»Sicher«, erwiderte auch CC .
»Die Astronomen auf der ganzen Welt suchen mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln nach intelligentem Leben«, sagte Dr. Maxwell. »Schon 1960 starteten Astronomen an der Cornell-Universität mithilfe von Radioteleskopen die Suche nach Signalen in der Umgebung der Sterne Tau Ceti und Epsilon Eridani. Eine lange Reihe von SETI -Projekten – Search for Extraterrestrial Intelligence – wurde in den folgenden Jahren gestartet.«
»Es ist viel wahrscheinlicher, dass es da draußen intelligentes Leben gibt, als dass es keines gibt«, sagte CC . »Allein in einem kleinen Bereich der Milchstraße haben Astronomen an die vierhundert Exoplaneten ausgemacht, also Planeten, die um eine Sonne kreisen. Im März dieses Jahres schoss die NASA die Weltraumsonde Kepler mit einem Teleskop und einem Lichtphotometer ins All, um die Suche nach weiteren solchen Planeten zu erleichtern. Im Universum gibt es Billionen von Exoplaneten.«
Dr. Maxwell übernahm: »Die Drake-Gleichung wurde in den Sechzigerjahren von dem Astronom Frank Drake entwickelt, um die Wahrscheinlichkeit für Leben in unserer eigenen Galaxie zu bestimmen. Ja, nicht bloß Leben, sondern intelligentes Leben. Die Zahlen sind überwältigend … Geoff!«, rief er. »Kannst du mal die Drake-Gleichung laden?«
Der Sternenhimmel unter der Decke wurde durch eine Formel ersetzt:
N = N* x fp x ne x fl x fi x fc x L
»Ich werde nicht auf die Details eingehen …«
»Das ist mir ganz recht.«
»… sondern mich damit begnügen, Ihnen zu erklären, dass N für die Chance steht, dass sich in einem Sternensystem intelligentes Leben entwickelt. N ist somit die Funktion verschiedener astronomischer Parameter wie die Anzahl Sterne innerhalb eines Planetensystems, die Anzahl Planeten, die potentiell primitives oder intelligentes Leben ermöglichen würden und so weiter.«
»Und die Schlussfolgerung?«
»Die Schlussfolgerung ist unumstritten: Es wäre absurd anzunehmen, dass die Erde der einzige Planet der Milchstraße ist, auf dem es intelligentes Leben gibt.«
ROM, MAI 1970
Giovanni lehnte sich an einen Laternenpfahl und wartete. Mit seinem Filzhut und der grauen Baumwolljacke sah er wie einer der arbeitslosen Akademiker aus, die sich häufig in der Nähe der Universität herumtrieben, als warteten sie auf eine frei werdende Professur. Sein Fahrrad hatte er in einer Seitengasse abgestellt, die so schmal war, dass ihm kein Auto dorthin folgen konnte. Die Sonnenbrille verbarg seine Augen, die aufmerksam alles und jeden beobachteten. Eins der repräsentativen Fahrzeuge der Universität, ein Fiat 2300, fuhr auf den Bürgersteig vor dem Haupteingang und hielt mit laufendem Motor. Giovanni riss sich von dem Laternenpfahl los und schlenderte zum Eingang. Dekan Salvatore Rossi kam, gefolgt von den zwei Ägyptern, aus dem Haus. Einer der beiden trug einen schwarzen Lederaktenkoffer. Rossi sagte etwas, worüber die beiden Ägypter lachen mussten. Giovanni näherte sich langsam. Als der uniformierte Chauffeur Rossi und die Ägypter erblickte, stieg er aus und öffnete die Tür im Fond. Der Dekan hatte sein Bestes gegeben, seine beiden Gäste zu hofieren und
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