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Das Maedchen am Klavier

Das Maedchen am Klavier

Titel: Das Maedchen am Klavier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosemarie Marschner
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Locken schleifte der Freiherr die lautstark protestierende Tochter durch den Raum und schleuderte sie zuletzt in Friedrich Wiecks Ohrensessel.
    Danach beruhigte man sich. Jeder hatte Gelegenheit, seine Argumente kundzutun. Ernestine versicherte unter Tränen, Robert Schumann sei der anständigste und liebevollste Mensch,den die Welt je erblickt habe, und seine Absichten seien nichts als ehrenhaft. Nie – »nein wirklich, Papa, niemals!« – sei er ihr in irgendeiner Weise zu nahe getreten. »Ein Ehrenmann, lieber Papa! Wirklich!«
    Auch Friedrich Wieck, der sich schuldig fühlte, weil er zu wenig auf den Umgang seiner Schülerin geachtet hatte, versicherte, Robert Schumann sei »ein hoch begabter, bis ins Tiefste geistig ausgebildeter Tonsetzer und Schriftsteller, nobel und schwärmerisch« – was den aufgeregten Freiherrn allerdings nur wenig besänftigte. Erst als Friedrich Wieck hinzufügte, der junge Mann habe von seinem verstorbenen Vater ein »gewisses Vermögen« geerbt, nahm Herr von Fricken auf dem Sofa Platz und verlangte, genauere Einzelheiten zu hören.
    Friedrich Wieck tat sein Bestes. Schließlich beauftragte man August, den jungen Mann eilends herbeizuschaffen.
    Friedrich Wieck atmete auf, als Robert Schumann eintraf. Da er sich noch immer im Hause Voigt aufgehalten hatte und nicht bei den Davidsbündlern im »Kaffeebaum« , war sein Äußeres so comme il faut , wie es von einem jungen Mann, der zum ersten Mal mit seinem möglichen Schwiegervater zusammentrifft, erwartet wurde.
    Es dauerte bis lange nach Mitternacht, dann war alles geklärt: Gleich am nächsten Morgen sollte Robert Schumann seine Mutter in Zwickau informieren, dass er beabsichtige, sich zu verloben, und dass er mit seiner zukünftigen Braut und deren Vater auf dem Weg nach Böhmen sei.
    »Wir werden sie nicht vermissen«, schrieb Friedrich Wieck am nächsten Abend in Claras Tagebuch. »Die Sonne brannte zu scharf auf sie, das heißt, Herr Schumann.« Damit legte er die Feder beiseite und atmete auf, weil das leidige Kapitel Robert Schumann nun endlich abgeschlossen und sein Clärchen nicht mehr in Gefahr war.
    Obwohl nun alles geordnet schien, gewannen die Gerüchte, die sich mit der Affäre Schumann – Fricken befassten, an Schärfe.Seltsamerweise ging es niemals darum, dass Ernestine aus adeligem Hause stammte, während Robert Schumann nur ein Bürgerssohn war. Sogar Madame Schumann in Zwickau wunderte sich, wie liberal der Vater ihrer künftigen Schwiegertochter gesonnen war. Gerührt zerdrückte sie ein paar Tränen, weil ihr lieber Robert offenbar das Herz seiner Schwiegerfamilie gewonnen hatte. Seit er als Verleger den Lebensweg seines Vaters fortsetzte, fand auch seine Mutter nichts mehr an ihm zu tadeln – außer vielleicht, dass er noch immer ein wenig zu leichtsinnig mit seinem Geld umging und ständig in Gefahr schwebte, sein » Capital« angreifen zu müssen. Aber das würde sich nun ja ändern. Ernestines Spitznamen »Millionenbraut« fand Madame Schumann zwar despektierlich, in seiner Bedeutung allerdings sehr beruhigend. »Meinen Segen habt ihr beiden«, schrieb sie deshalb in einem Brief, den sie bereits an das Gut Fricken adressierte, »von ganzem Herzen und mit ganzer Seele«.
    Als sie diesen Brief verfasste, waren der Freiherr und Robert Schumann noch die besten Freunde. Während der Fahrt nach Asch vollendete Robert Schumann seine »Symphonischen Etüden« und widmete sie dem künftigen Schwiegervater. Herr von Fricken, selbst ein begabter Flötenspieler, nahm das Werk gerührt entgegen und kurz danach ein weiteres, das Schumann bereits in Leipzig komponiert hatte: den Zyklus »Carnaval« , in dem die Tonfolge A-S-C-H in jeder einzelnen Nummer wiederkehrte – als Anspielung auf den Heimatort Ernestines. Daneben wies die Tonfolge auf den eigenen Namen des Komponisten hin: SCHumAnn. Ein romantisches und augenzwinkerndes Zeichen der Liebe und Verbundenheit sollte das Werk sein, und Herr von Fricken wusste es zu schätzen.
    Ernestine strahlte vor Glück, dass sich ihr Geliebter und ihr Vater so gut verstanden, und auch der Freiherr äußerte sich zufrieden darüber, dass Robert Schumann ganz offenkundig kein Mitgiftjäger sei, wie man zuerst befürchtet habe.
    Robert Schumann lächelte milde und versicherte, Geld sei für ihn kein Heiratsgrund. Nur auf die Liebe komme es an.
    Gleich nachdem man auf Gut Fricken eingetroffen war, tauschte man die Ringe, die man unterwegs erworben hatte. »Ich bin eine Braut!«,

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