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Das Mädchen Ariela

Das Mädchen Ariela

Titel: Das Mädchen Ariela Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Öfen aus Wüstensteinen die dünnen Fladen buk.
    »Allah, verfluche die Juden!« hatte ihr Vater geschrien, als sich in Bethlehem die Mutter niederlegte und kein Arzt da war, der sie untersuchte oder ihr Medikamente gab, denn man war arm geworden und hatte keinen Dinar mehr. Dann hatte er geweint, und die Mutter war in dem steinigen, öden Boden verscharrt worden, den man das ›Feld der Kichererbsen‹ nennt. Hier war es, wo Christus einst einen Bauern fragte, was er in dieser heißen Öde säe. »Ich säe Steine, Herr!« sagte der Bauer keck. Und Christus antwortete: »Dann wirst du Steine ernten!« Zwei Tage hatten sie am Grab der Mutter gebetet und um Allahs Rache an Israel gefleht. Dann war auch der Vater gestorben, die blutigen Fußsohlen gegen Osten, als wolle er noch bis Mekka laufen.
    Narriman schrak auf. Vor ihr lag Beersheba. Ein modernes Wunder in der Wüste. Auf den Feldern rund um die Stadt arbeiteten die Bauern und Mädchen, als sei tiefer Frieden. Aber neben den Gerätewagen standen Gewehre, und Stahlhelme hingen an den Sitzen. Ein Signal nur, und sie würden von den Feldern rennen, ihre Harken und Schaufeln wegwerfen, die Helme aufsetzen, die Gewehre nehmen und sich singend einreihen in die Kolonnen, die zur Grenze zogen.
    Narriman fuhr durch die Stadt, und niemand hielt sie mehr an. Sie gehörte jetzt dazu, sie war ein Mädchen unter Tausenden, das einen verdreckten, staubigen Wagen fuhr. Die Altstadt war menschenleer. Die arabischen Beduinen blieben in den Häusern, vor den Fenstern waren die Läden geschlossen. Soldaten und Jeeps patrouillierten durch die engen Gassen. Rund um Beersheba hatte sich Flak eingegraben. Die langen Rohre der Flugabwehrkanonen ragten schußbereit in die hitzeflimmernde Luft.
    Narriman fuhr einmal kreuz und quer durch die Stadt, ehe sie vor dem Haus der Landwirtschaftskammer hielt. Durch etliche Zimmer mußte sie sich durchfragen, ehe sie den Mann fand, der über Dr. Schumann Auskunft geben konnte. Er saß in einem Zimmer im Parterre und blickte über Sandsäcke hinweg auf die Straße.
    »Doktor Schumann?« sagte er. »Natürlich, Fräulein Aaron. Er muß in der Gegend von Qetsiot sein, wenn er nicht schon auf dem Rückweg ist. Nach Qetsiot kommen Sie auf keinen Fall. Der Kibbuz ist gesperrt. Nur Militär darf hin. Warten Sie hier. Das ist am sichersten.«
    Im großen Hias-Hotel in der Neustadt bekam Narriman ein Zimmer. Das Hotel war verlassen. Die Touristengruppen hatte man rechtzeitig abtransportiert, ein paar Geschäftsreisende saßen untätig herum und hofften, daß es keinen Krieg gebe. Dafür wimmelte es von Uniformen. Im Restaurant des Kulturhauses aß sie zu Abend, ging dann zu Fuß zum Hotel zurück und hatte Zeit genug, nach einem Weg zu suchen, der sie nach Qetsiot zu Dr. Schumann führen konnte.
    Es war schon dunkel, als Narriman auf dem Flur, an dem auch ihr Zimmer lag, ein Mädchen in der Uniform eines Feldwebels der Sanitätstruppe traf. Durch den Spalt der nur angelehnten Tür beobachtete Narriman, in welches Zimmer das Mädchen ging. Sie hatte gelächelt und sah so glücklich aus, daß Narriman voll weiblichen Einfühlungsvermögens wußte, daß sie verliebt war und sich an diesem Abend noch mit einem Mann treffen würde. So blieb sie an der Tür, wartete, rauchte nervös ein paar Zigaretten und hörte, wie Bomberstaffeln über das Hotel donnerten und schwere Panzer unten auf der Straße die Mauern erbeben ließen. Nach einer Stunde verließ das Mädchen ihr Zimmer. Sie trug jetzt ein geblümtes, kurzes Kleid, hatte die Haare zu einem dicken Zopf geflochten und ihr Gesicht geschminkt und gepudert. Mit schnellen, kleinen Schritten eilte sie davon.
    Narriman verspürte keine Spur von Angst, als sie aufrecht, als sei es ihr eigenes Zimmer, den fremden Raum betrat. Im Halbdunkel sah sie die Uniform … sie lag, militärisch korrekt, auf dem Bett, ausgebürstet und sauber. Auch die Stiefel waren geputzt. Das Schnellfeuergewehr hing an einem Haken an der Tür zur Brausekabine. Mit ruhiger Gelassenheit legte Narriman die Uniform über den Arm, klemmte das Gewehr unter die Achsel und ging hinüber in ihr eigenes Zimmer. Dort zog sie sich um, wickelte ihre Kleider zu einem Bündel zusammen, stopfte es in eine Segeltuchtasche, steckte ihr Haar im Nacken zusammen, wie es für die israelischen Mädchen in Uniform Vorschrift ist, setzte das Käppi auf und betrachtete sich im Spiegel.
    Es tat ihr körperlich weh, sich als jüdische Kriegerin zu sehen. Ihr Herz

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