Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Mädchen Ariela

Das Mädchen Ariela

Titel: Das Mädchen Ariela Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
und der so gern Beatmusik gehört hatte.
    »Weiter!« schrie Golan seinem Fahrer zu, als er hörte, wie der Motor gedrosselt wurde. »Bist du verrückt, David. Die Zügel los! Vollgas!«
    Der Panzer zitterte und klirrte. Das 90-Millimeter-Geschütz feuerte. »Nach links!« schrie Golan seinen Fahrer an. »Nach links, David. Auf den Kerl zu!«
    Der schwere M48 drehte sich. Frontal fuhr er auf die beiden eingegrabenen ägyptischen Panzer zu, die mit ihren Türmen erstaunliche Schwenker machten und wild durch die Gegend schossen.
    Es war ein Angriff, der fünf Minuten dauerte. In der sechsten Minute brannte der erste, in der siebten Minute der zweite ägyptische T 54. Aus den Turmluken kletterten die Soldaten, sie schrien, hoben die Hände, liefen vom Panzer weg … drei brannten bereits, rissen sich die Uniformen vom Leib und wälzten sich im Sand, um ihre brennende Haut zu löschen.
    Oberst Golan ließ halten. Er riß eine Decke aus dem Fahrzeug und kletterte aus der Luke, lief zu einem ägyptischem Offizier, der sich im Sand wand und die Flammen seiner Uniform nicht mehr ersticken konnte. Er war mit Öl bespritzt, und dieses Öl auf seinem Körper brannte lichterloh.
    Golan warf die Decke über ihn, rollte ihn hinein und schlug auf den sich windenden Körper ein, um die Flammen zu löschen. In diesem Augenblick, als er sich bückte und den jungen Offizier auf den Rücken drehte, traf ihn ein Schuß. Neben dem brennenden Panzer kniete ein ägyptischer Soldat; er schrie mit einem Jubel, der schon an Wahnsinn grenzte, auf, als er den Oberst fallen sah, dann preßte er das Gewehr an seine Brust und drückte ab. Der Schuß zerschmetterte sein Kinn, durchschlug seinen Kopf und trat oben an den Haaren wieder heraus. Er war tot, bevor sieben Israelis sich auf ihn stürzten und ihn mit ihren Schnellfeuergewehren wie ein Sieb durchlöcherten.
    Während die Panzer weiterrollten nach Bir Hasana, lag Oberst Golan unter der Plane des Lazarettwagens und atmete schaumiges Blut aus. Der junge Militärarzt sagte nichts … aber da er auch nichts tat, wußte Golan, daß es hoffnungslos war. Er hatte keine Schmerzen, nur ein Gefühl der Leichtigkeit und eine sinnlose Fröhlichkeit. Bloß der Schaum vor dem Mund störte, und er sah den Sanitäter dankbar an, als dieser ihm ab und zu den Mund abtupfte.
    Hinter Golans Kopf spielte ein Transistorradio. Und während der Oberst mit wachem Verstand an seine Panzer dachte, die jetzt weiterfuhren und noch fünf Riegel zu überwinden hatten, während er daran dachte, was wohl Ariela tun würde, wenn sie erfuhr, daß er gestorben war, während er sich sagte, er habe versäumt, Rishon und Ariela zu verloben, damit es eine neue, gesunde Familie in Israel gäbe, brach die Musik ab, und eine aufgeregte Stimme sprach.
    »… In diesen Minuten gehe ich auf die Klagemauer zu …«
    Die Gestalt Golans streckte sich. Er hielt den Atem an. Der Arzt beugte sich über ihn. »Haben Sie Schmerzen, Oberst?«
    Golan wollte etwas sagen, aber nur blutiger Schaum quoll wieder über seine Lippen. Dann schüttelte er den Kopf. Halt den Mund, dachte er. Junge, halt den Mund. Sie sprechen von der Mauer …
    Und so erlebte er es, unter einer Plane liegend, über die Wüstenstraße schaukelnd, den Panzern nach, seinen Panzern, die den Weg zum Suezkanal freischossen:
    Das Widderhorn blies … die Soldaten sangen … Hatikwa … Sie beten das Kadisch …
    Arnos Golan faltete mit großer Mühe die Hände. Er sah die Mauer vor sich, Quader über Quader aufgerichtet, für die Ewigkeit gebaut.
    Zweitausend Jahre waren über sie hinweggezogen. Völker waren gestorben, Nationen geboren worden. Kriege hatten Kontinente zerstört.
    Königreiche waren wie Spreu im Wind verweht. Aber die Mauer stand noch … und sie stand weiter zweitausend Jahre … und noch einmal zweitausend … so lange stand sie, bis Gott zur Erde kam und die Posaunen der Engel alle Mauern umbliesen …
    »Wir haben die Mauer, Herr Oberst«, sagte der junge Arzt hinter Golans Kopf. »Wir haben sie … O Gott im Himmel!«
    Golan hob mit letzter Anstrengung den Kopf. Sogar die Kraft hatte er jetzt noch, sich den blutigen Schaum von den Lippen zu wischen und zu rufen: »Nimm die Plane weg!« Und wenn es auch nur ein Gurgeln war, das aus seiner zerfetzten Lunge schäumte, man verstand ihn doch. Der Arzt und der Sanitäter schoben die Plane etwas nach vorn. Golan sah hinaus.
    Die Wüste. Ockergelb oder rötlich. Wenn der Abend kam, lagen blaue Schatten in den

Weitere Kostenlose Bücher