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Das Mädchen Ariela

Das Mädchen Ariela

Titel: Das Mädchen Ariela Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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auf und ließ den scheppernden Schall der Musik durch den Lärm der vielen Menschen tönen.
    Meistens waren es Märsche. Er hatte sieben Platten, und sie lagen wie kostbare Diamanten eingewickelt in einer dicken Decke, damit sie nicht zerbrachen.
    Der Jordan. Die Bohlen des Laufstegs über die Eisengerippe der Brücke. Über dem Fluß schwebte die Luft wie eingedickte Sonnenglut.
    Dr. Schumann ging langsamer. Mahmud hinter ihm prallte auf ihn und zischte ihn an. »Weiter! Noch zweihundert Schritte …«
    Narriman ging voran. Ein israelischer Soldat führte sie bis zur Mitte der Brücke. Dort war die Grenze. Ein jordanischer Soldat streckte ihr die Hand hin … und sie ergriff sie, drückte sie und begann zu lachen, als sei sie irr.
    Dr. Schumann sah hinunter auf den Fluß. Links und rechts der zerstörten Brücke kletterten Flüchtlinge die Steilhänge hinunter und wateten, riesige Bündel auf den Köpfen, durch die sandgelben Fluten. Nur ganz Starke konnten das tun, denn am anderen Ufer hieß es dann, wieder die Felsen emporzuklettern, die unter den Händen zerbröckelten. Die meisten tasteten sich über die Brückenstege.
    Noch zehn Schritte, noch drei … noch einen …
    Dr. Schumann stand vor dem jordanischen Soldaten. Zwei Schritte hinter ihm folgte Mahmud, er passierte gerade den letzten israelischen Posten. Narriman lehnte an einem Eisenträger, ihre Augen glänzten in einem fanatischen Feuer. Sie streckte Schumann beide Arme entgegen, und er faßte ihre Hände und ließ sich hinüberziehen in ein Land, aus dem es keine Wiederkehr mehr gab.
    Sehr schnell erreichten sie das jordanische Ufer des Flusses. Sie liefen jetzt. Aber auch am anderen Ufer sah es nicht anders aus als drüben in Israel. Zeltlager, Lastwagen, alte Omnibusse, die Frauen und Kinder einluden, Hütten des Roten Halbmondes, einer Organisation ähnlich dem Roten Kreuz, UNO-Beobachter, Journalisten aus allen Ländern, die filmten und knipsten und interviewten, Soldaten, die mit finsteren Gesichtern über den Fluß sahen.
    »Nun sind wir da!« sagte Narriman und warf ihre schmutzigen Kleider ab. Auch Mahmud und Schumann zogen die dreckigen Hemden aus. Sie trugen Shorts und Netzhemden, nur die Kopftücher ließen sie auf wegen der sengenden Sonne.
    »Gebt das Brot her!« sagte Narriman hart. Sie nahm Mahmud und Schumann die israelischen Matzen ab, trug sie ans Ufer und warf das Brot hinunter in den Fluß. »Und wenn ich verhungern sollte!« schrie sie dabei. »Ich esse kein geschenktes jüdisches Brot!«
    »Was sind Sie für eine Frau, Narriman«, sagte Schumann. Er stand neben ihr und sah zu, wie arabische Kinder in den Jordan stürzten und sich das Brot aus dem Wasser fischten. Wie große braune Ratten wimmelten sie unten am Fluß zwischen den glühenden Felsen.
    »Sie kennen mich noch nicht, Doktor.« Narriman warf den Kopf in den Nacken. Sie schüttelte die Haare und breitete die Arme weit aus. »Frei! Frei! O Doktor … was fühlen Sie jetzt?«
    »Beklemmung über meine Feigheit.«
    »Es gehörte mehr Mut dazu, zu schweigen als zu schreien. Wissen Sie, wohin wir gleich fahren?«
    »Nach Amman, denke ich.«
    »In einen Palast. Und er wird Ihnen gehören …«
    Von der Straße kam Mahmud gelaufen und schwenkte beide Arme. »Der Wagen ist da!« schrie er. »Er wartet schon seit vier Tagen. Los! Los!«
    »Kommen Sie, Doktor.« Narriman hakte sich bei Schumann ein, als wollten sie eine Promenade durch einen Kurpark machen. »Von jetzt ab sind Sie eine geehrte Person. Sie haben einen Wagen, einen Chauffeur, drei Diener, einen eigenen Friseur. Gehen wir!«
    Über die Brückenbohlen balancierte der arabische Junge mit seinem Trichtergrammophon. Er drückte es fest an die Brust, es spielte, und der Trichter ragte unter seiner linken Achsel hervor und plärrte die Musik über den Jordan.
    Dr. Schumann hörte es ganz deutlich, und ein schmerzliches Lächeln glitt über sein staubiges Gesicht.
    Es war ein deutscher Marsch.
    Alte Kameraden …
    Neben einem großen amerikanischen Wagen stand ein in blendendes Weiß gekleideter Chauffeur und hielt die Tür auf. Er grüßte militärisch und sagte auf englisch: »Guten Abend, Sir …«
    Dr. Schumann stieg ein und schloß die Augen.
    Der goldene Käfig hatte sich geschlossen.

5
    Die erste Nacht in Amman, der haschemitischen Königsstadt, verbrachte Dr. Schumann auf dem flachen Dach seiner weißen Villa. Sie stand etwas erhöht am Dschebel El Luweibida, und vor ihm lag die weite Stadt im bleichen Mondlicht. Die

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