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Das Mädchen Ariela

Das Mädchen Ariela

Titel: Das Mädchen Ariela Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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poliert. »Junge, hast du schon mal jehört, wie 'n T 34 fährt? Wie dat klingt, wenn da ankommt? Dat is Musik! Hör mal zu.«
    »Lassen Sie den Unsinn!« rief Kurzleb und trat weit zurück. »Sie können doch nicht hier den Panzer fahren.«
    Müller XII tauchte wieder in der Luke auf. Irgendwo im Panzer knatterte etwas. »Und jetzt!« rief er. »Feind im Anmarsch! Visier fünfzehnhundert Meter. Aufjepaßt … der Turm dreht sich. Wir nannten dat immer ›Kopfwackeln‹!«
    Er tauchte im Turm unter. Im Inneren des Panzers rumorte es dumpf. Dann begann sich der Turm zu drehen, ganz langsam, das lange Geschützrohr hob sich etwas, beschrieb einen Halbkreis und zog noch etwas höher.
    Und dann ertönte ein ohrenbetäubender Krach, das lange Rohr zitterte, über die Köpfe hinweg pfiff etwas. Drummser ließ sich sofort zu Boden fallen, während Freitag und Kurzleb wie gelähmt unter dem Rohr standen, aus dem eine Qualmwolke quoll und träge in der Luft hing. Es roch nach Pulver und heißem Eisen. Direkt nach dem Knall des Abschusses aber schlug es gegenüber in eine Hauswand ein, die Mauer stürzte zusammen, Fenster wirbelten durch die Luft, ein Dach hing plötzlich schief.
    Bleich, mit verklebten Haaren steckte Müller den Kopf aus der Turmluke. Aus einer der Nebenstraßen preschten zwei israelische Panzer auf den Platz. Plötzlich wimmelte der Platz von schreienden Menschen.
    »Er war geladen …«, stammelte Müller fassungslos. »Er war tatsächlich …« Er starrte hinüber auf das beschossene Haus und auf das noch im Kalkstaubnebel schwimmende Loch. »Sauladen! … Lauf leer … dat ist doch Nummer eins beim Abstellen!«
    Er kletterte vom jordanischen T 34, als die israelischen Panzer vor ihm auffuhren und zwei Offiziere mit gezückter Pistole auf ihn zurannten. Drummser, Kurzleb und Freitag bildeten ein klägliches Häuflein, das sofort von Soldaten umringt war.
    Erst am Abend erfuhr man im King-David-Hotel von der Verhaftung der vier Deutschen und dem Alleingang des T 34.
    Um diese Zeit saß Müller XII vor Major Moshe Rishon und wurde verhört. Mit unbewegtem Gesicht hörte dieser sich an, was ein T 34 für einen alten Rußland-Landser bedeutete. In seinen Augen war die Abneigung gegen alles zu lesen, was deutsch war.
    Der Übergang über die zerfetzte Allenby-Brücke, die neue Kriegs grenze zwischen Israel und Jordanien, vollzog sich reibungslos. Die leise Hoffnung Schumanns, daß er jetzt, inmitten der israelischen Soldaten, sich befreien konnte, indem er einfach schrie: »Ich werde entführt! Das sind jordanische Agenten!«, wurde von Mahmud vereitelt. Bevor sie zum Jordan aufbrachen und Schumann sich in eine alte zerrissene Dschellabah hüllen mußte und seinen Kopf mit ei nem schmutzigen Tuch bedeckte, das mit zwei Gummibändern um die Stirn festgehalten wurde, sagte der Fellhändler:
    »Sie werden nicht schreien, Sie werden nicht flüchten, Sie werden keine Zeichen geben! Ich gehe hinter Ihnen, die Pistole in der Hand. Und ich erschieße Sie bei dem geringsten Laut.«
    Das fatalistische Lächeln der Orientalen, das wie eine Theatermaske wirkt, erschien auf seinem Gesicht. »Sicher. Ich werde dann auch erschossen werden. Aber Sie wissen, daß uns das Leben wenig bedeutet. Ihre Rechnung mit der Freiheit geht nicht auf. Sie werden auf keinen Fall überleben! Hat das einen Sinn?«
    Schumann schwieg. Die Logik Mahmuds war zwingend. Er blickte hinüber zu Narriman und sah sie in einem fürchterlich schmutzigen alten Kleid, in dem sie aussah wie eine Urahne. In ihre schönen Haare hatte sie Dreck geschmiert; niemand würde sie länger als eine Sekunde betrachten.
    »Wir verstehen uns?« fragte Mahmud und stieß Schumann an.
    »Ja«, antwortete Dr. Schumann heiser.
    »Dann los.«
    Der Zug zum Jordan war mühselig. Die Ochsen hatte Mahmud dem Bauern gegeben, bei dem sie nun fast sechs Tage gewohnt und gewartet hatten. Auch der Karren blieb zurück. Dafür luden sich Mahmud, Narriman und Schumann große Ballen aus Decken auf die Schultern, so wie alle anderen arabischen Flüchtlinge, die hinüber wollten in das freie Jordanien. Was sie dort erwartete, wußten sie: Hunger, Elend, Obdachlosigkeit, Armut … und vielleicht ein Grab am Straßenrand oder zwischen den Steinen der Wüste Gor. Aber sie waren frei! Sie lebten nicht mehr mit den Juden zusammen. Und sie konnten hassen.
    Vergeblich verhörten in diesen Tagen ganze Trupps der internationalen Hilfsorganisationen die arabischen Flüchtlinge … ein tragisches

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