Das Mädchen auf den Klippen - Riley, L: Mädchen auf den Klippen - Girl on the Cliff
Körperverletzung angeklagt werde. Bis zur Verhandlung müsse er im Gefängnis von Cork bleiben.
Als der Polizist weg war, setzte Sophia sich an den Tisch, stützte den Kopf auf die Unterarme und begann, stumm zu weinen. Seamus trat zu ihr und legte, ebenfalls Tränen in den Augen, die Arme um sie.
Nach einer Weile hob Sophia den Blick und ergriff die Hand ihres Mannes. »Er war es nicht, oder?«
»Nein, Schatz.« Seamus schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung, wie wir die Anschuldigungen entkräften sollen.« Seamus wandte sich Kathleen zu. »Irgendjemand muss sich doch erinnern, was in der Nacht passiert ist. Kathleen, wie konntest du nur Kartoffelschnaps trinken? Du weißt, was der mit dem Hirn anstellt, besonders mit einem wie dem von Joe!«
»Pa, es tut mir so leid.« Kathleen hätte sich nichts sehnlicher gewünscht, als ihm zu erzählen, wie Gerald sie hereingelegt hatte.
»Die Polizei glaubt wie immer dem Engländer. Vielleicht sollte ich persönlich mit Gerald sprechen«, überlegte Seamus laut, während er in der Küche hin und her ging.
»Glaubst du, er würde dir die Wahrheit sagen? Wir wissen, dass unser Joe Lily das nicht angetan hat. Aber was sollen wir machen?« Sophia schüttelte verzweifelt den Kopf. »Wenn Gerald es war, gibt er es nie zu.«
»Und Lily?«, schlug Kathleen vor. »Darf ich sie besuchen? Du weißt, wie nahe wir uns sind, Mam.«
Sophia sah fragend ihren Mann an. »Was meinst du, Seamus? Soll Kathleen zu ihr gehen?«
»Es wäre einen Versuch wert«, antwortete Seamus.
Am folgenden Tag fuhr Kathleen mit dem Bus nach Cork, wo Lily im Bons Secours Hospital lag.
Als Kathleen das Zimmer betrat, hatte Lily die Augen geschlossen. Kathleen betrachtete die geplatzte Lippe und die blauen Flecken in ihrem Gesicht. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Joe seiner geliebten Lily so etwas angetan hatte. Kathleen setzte sich auf den Stuhl am Bett.
Wenig später schlug Lily blinzelnd die Augen auf.
Kathleen griff nach ihrer Hand. »Wie fühlst du dich?«
»Ich bin müde«, antwortete Lily. »Sehr müde.«
»Haben sie dir was gegen die Schmerzen gegeben? Vielleicht macht dich das müde.«
»Ja.« Lily leckte sich die Lippen. »Gibst du mir was zu trinken?«
Kathleen half Lily, sich aufzusetzen. Als das Glas leer war, stellte Kathleen es auf das Tischchen und fragte vorsichtig: »Was ist passiert, Lily?«
»Ich weiß es nicht.« Lily schloss die Augen wieder. »Ich erinnere mich nicht.«
»Du musst dich an was erinnern«, drängte Kathleen sie. »Du glaubst nicht, dass … Joe würde dir so etwas nie antun, das weißt du doch, oder, Lily?«
»Die Leute von der Polizei fragen mich das auch die ganze Zeit, und ich kann ihnen keine Antwort darauf geben.«
»Lily, sie haben Joe verhaftet«, flüsterte Kathleen. »Sie halten ihn für den Schuldigen. Bitte sag ihnen, dass Joe dich liebt und dir niemals wehtun würde … Bitte, Lily.«
Lilys Augen blieben geschlossen. »Ich kann es mir auch nicht vorstellen, aber wie soll ich etwas beschwören, woran ich mich nicht erinnere?«
»Was ist mit Gerald? Hat er versucht …? Hast du dich gegen ihn wehren müssen …?«
Lily schlug die Augen auf. »Kathleen! Er ist mein Halbbruder. Ihn kann ich wohl schlecht dafür verantwortlich machen. Außerdem …«, die Augen fielen ihr wieder zu, »… weiß ich es wirklich nicht. Bitte, ich bin sehr müde und will nicht weiter darüber reden.«
»Lily.« Kathleen schluckte die Tränen hinunter. »Wenn du dich nicht für Joe einsetzt, kommt er vielleicht ins Gefängnis! Ich flehe dich an …«
»Genug«, sagte eine Stimme hinter ihr.
Tante Anna stand mit verschränkten Armen an der Tür. »Ich g-glaube, es ist Zeit, dass du gehst, Kathleen.«
»Bitte, Tante Anna. Sie denken, unser Joe hätte Lily das angetan, aber du weißt, dass er sie anhimmelt und sie immer beschützen würde.«
»Genug!«, wiederholte ihre Tante mit rauer Stimme. »Es tut L-Lily nicht gut, wenn du dich so aufregst. Ich würde vorschlagen, du lässt die Polizei ihre Arbeit machen. Niemand weiß, wozu Joe imstande ist, wenn er g-getrunken hat, und ich glaube auch nicht, dass du dir dazu eine Meinung erlauben kannst, Fräulein. Du hast selber g-getrunken und nichts gesehen und gehört.«
»Nein, aber ich bin Gerald begegnet, und er hatte Blut …«
»Jetzt reicht’s! Verschwinde sofort aus dem Zimmer meiner T-Tochter, sonst lasse ich dich rauswerfen. Sebastian und ich sind uns einig, dass der Schuldige seiner g-gerechten Strafe
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