Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Mädchen auf den Klippen - Riley, L: Mädchen auf den Klippen - Girl on the Cliff

Das Mädchen auf den Klippen - Riley, L: Mädchen auf den Klippen - Girl on the Cliff

Titel: Das Mädchen auf den Klippen - Riley, L: Mädchen auf den Klippen - Girl on the Cliff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucinda Riley
Vom Netzwerk:
aufwuchs. Wie ich, bis Grania auftauchte.
    Allerdings verstehe ich Lily jetzt besser. Ihre Schönheit machte sie genauso verletzlich wie Joe die geistige Behinderung. Sie war zerbrechlich wie er, wenn auch auf andere Weise. Möglicherweise spürte er das als Einziger. Für die meisten Leute gehen Schönheit und Reichtum mit Macht und Stärke einher. Doch Joe erkannte ihre Schwäche und wollte sie beschützen.
    An anderer Stelle habe ich behauptet, dass die Welt nichts dazulernt. Ich glaube, ich habe mich getäuscht. Früher hat man Menschen wie Joe entweder gleich nach der Geburt ertränkt oder weggesperrt; heute kümmert die Gesellschaft sich um sie. Natürlich hat das auch seine Kehrseite. Kinder müssen – zumindest in der westlichen Welt – nicht mehr als Kaminkehrer Schornsteine hochklettern; sie sind der Mittelpunkt des Familienuniversums. Gerade in letzter Zeit habe ich mit einigen sehr verwöhnten kleinen Egoisten Bekanntschaft gemacht.
    Ich bin froh, in der Gegenwart aufgewachsen zu sein. In der Vergangenheit wäre ich sicher als Hexe ertränkt worden.
    Doch zurück zur Geschichte …

34
    Ein livrierter Chauffeur wartete mit einem Schild, auf dem Granias Name stand, in der Ankunftshalle des Genfer Flughafens und brachte sie zu einem schwarzen Mercedes. Grania stieg ein.
    Als sie durch Genf fuhren, fragte Grania sich, ob sie blauäugig gewesen war. Konnte sie Alexander vertrauen? Sie wusste so wenig über ihn. Vielleicht war er ein Drogenbaron oder Waffenhändler …
    Der Wagen hielt in den Bergen hinter der Stadt vor einem hell erleuchteten modernen Gebäude. Der Chauffeur öffnete die Beifahrertür für Grania.
    »Ich warte hier auf Sie. Mr. Devonshire ist im zweiten Stock. Die Schwestern zeigen Ihnen das Zimmer.«
    Erst jetzt fiel Grania auf, dass sie sich vor der Clinique de Genolier befand. »Oje«, murmelte sie.
    Sie nahm den Lift nach oben und stellte sich im Schwesternzimmer vor.
    Eine der Schwestern begrüßte sie mit einem Lächeln. »Mr. Devonshire erwartet Sie. Folgen Sie mir bitte.«
    Grania ging mit ihr den Flur entlang. Als die Schwester an der Tür zu Alexanders Zimmer klopfte, erklang ein schwaches: »Herein.«
    Alexander war ein Schatten seiner selbst. Er hatte keine Haare mehr auf dem Kopf, die Haut schimmerte fahlgrau, er hing am Tropf und war mit Monitoren verbunden.
    »Ich lasse Sie eine Weile allein«, erklärte die Schwester und schloss die Tür hinter sich.
    »Grania, danke, dass du gekommen bist.«
    Grania wusste, dass ihr das Entsetzen im Gesicht geschrieben stand.
    »Das hast du sicher nicht erwartet«, krächzte Alexander.
    Grania schüttelte den Kopf. Er gab ihr mit einer matten Geste zu verstehen, dass sie näher kommen solle. Sie zog einen Stuhl heran, setzte sich und küsste ihn auf die kalte Stirn.
    »Alexander«, flüsterte sie, »was ist los? Bitte erklär es mir.«
    Er nahm ihre Hand in die seine.
    »Hirntumor. Ich weiß es seit einem Jahr. Es ist nicht die erste Behandlung.« Er lächelte traurig. »Wie du siehst, hat nichts angeschlagen. Ich liege im Sterben, Grania. Ich dachte, mir bleibt noch Zeit, aber …«, er fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen, »… ich hab nicht mehr lang.«
    Grania begann zu weinen. »O Gott, Alexander. Warum hast du nichts gesagt? Mir war klar, dass etwas nicht stimmt. Du hast furchtbar ausgeschaut. Und dann immerzu diese Kopfschmerzen … Jetzt begreife ich.« Sie holte ein Taschentuch hervor. »Warum hast du nichts gesagt?«, wiederholte sie.
    »Ich wollte nicht, dass ihr euch Sorgen macht.«
    »Können die Ärzte denn nichts mehr tun?«
    »Nein. Sie haben alles versucht.«
    »Wie lange …?« Grania schaffte es nicht, den Satz zu beenden.
    »Zwei Wochen, vielleicht drei … So, wie ich mich fühle, eher weniger. Grania …«, er drückte ihre Hand, »… du musst mir helfen.«
    »Was soll ich tun?«
    »Es beschäftigt mich, dass ich niemanden habe, der sich um Aurora kümmert, wenn ich nicht mehr bin.«
    »Mach dir darüber keine Gedanken. Meine Familie und ich, wir nehmen sie unter unsere Fittiche.«
    »Armes Mädchen … was sie schon alles durchmachen musste. Grania, warum ist das Leben so grausam?«
    »Ich weiß es nicht, Alexander. Aber ich verspreche dir, dass es Aurora gut gehen wird.«
    »Entschuldige … Ich bin furchtbar müde. Kommt von den Medikamenten.« Alexander schloss die Augen.
    Nach einer Weile öffnete er sie wieder. »Ich vertraue dir, Grania, weil ich weiß, wie sehr du Aurora magst. Und deine Familie

Weitere Kostenlose Bücher