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Das Mädchen aus dem All

Das Mädchen aus dem All

Titel: Das Mädchen aus dem All Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Jefremow
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Pflanzenformen vorüber. Viele Tiere und Pflanzen waren jenen sehr ähnlich, deren Fossilien in den Schichten der Erdrinde gefunden worden waren. Vor den Augen der Betrachter zog die Entwicklung des Lebens in den ständig sich vervollkommnenden Formen der organischen Materie vorbei. Der unendlich lange Entwicklungsweg schien noch länger, quälender und schwieriger gewesen zu sein als der der Erdenbewohner.
    Immer neue Bilder tauchten auf: große Lagerfeuer, Anhäufungen von Felsbrocken auf einer Ebene, Kämpfe mit grimmigen Bestien, feierliche Bestattungszeremonien und religiöse Kulthandlungen. Dann wurde die ganze Wand von der Gestalt eines Mannes eingenommen, der in einen bunten Fellmantel gehüllt war. Mit der einen Hand hielt er einen Speer, die andere hatte er zu den Sternen emporgestreckt, einen seiner Füße hatte er auf den Nacken eines erlegten Ungeheuers mit langen Stoßzähnen und einer borstigen Rückenmähne gesetzt. Im Hintergrund stand eine Reihe Männer und Frauen, die sich paarweise bei den Händen hielten und zu singen schienen.
    Die Bilder verblaßten, und die polierte Fläche des grünen Steins wurde wieder sichtbar.
    Danach traten die beiden in der goldglänzenden Kleidung zur Seite, und das zweite Paar nahm ihren Platz ein. Mit einer schnellen Bewegung warfen sie die Umhänge ab, und auf dem perlmuttfarbenen Hintergrund der Wände spiegelten sich die dunkelroten halbentblößten Körper. Der Mann streckte der Frau beide Hände entgegen; sie antwortete ihm mit einem so strahlenden Lächeln, daß die Erdenbewohner unwillkürlich ebenfalls lächelten. Die beiden begannen einen langsamen Tanz. Eigentlich war es kein Tanz, sondern eher ein rhythmisches Posieren. Die Tanzenden wollten offenbar die Vollkommenheit und Schönheit, die plastische Geschmeidigkeit ihrer Körper zeigen. Bei der rhythmischen Folge der Bewegungen vermeinte man eine majestätische und gleichzeitig melancholische Musik zu spüren.
    Mwen Mass schien es, als höre er eine Melodie: eine Kadenz glockenreiner hoher Töne über dem gemessenen Rhythmus eines dröhnenden Basses. Weda Kong preßte Dar Weters Hand, doch er bemerkte es gar nicht. Mit angehaltenem Atem starrte Yuni Ant auf die Szene, und Schweißtropfen traten ihm auf die Stirn.
    Die Wesen des Tukans waren den Erdenmenschen so ähnlich, daß sich der Eindruckeiner fremden Welt allmählich verlor. Ihre Körper jedoch waren von so vollendeter Schönheit, wie sie auf der Erde nur selten existierte und oft nur in den Träumen und Schöpfungen der Künstler lebte.
    Je schwieriger und länger die Evolution bis zum ersten denkenden Wesen ist, desto schöner, desto zweckentsprechender sind die höchsten Formen des Lebens, dachte Dar Weter. Die Menschen haben längst begriffen, was Schönheit ist — die intuitiv erfaßte Zweckmäßigkeit der Struktur im Einklang mit einem bestimmten Ziel. Je vielseitiger die Bestimmung, desto schöner die Formen. Diese rothäutigen Wesen sind wahrscheinlich noch vielseitiger und geschickter als wir. Vielleicht hat sich in ihrer Zivilisation mehr der Mensch selbst, seine geistige und körperliche Kraft entwickelt und weniger dagegen die Technik. Unsere Kultur war lange Zeit vorwiegend auf Technik begründet, erst die Herausbildung der kommunistischen Gesellschaft hat zur Vervollkommnung des Menschen geführt und nicht nur seiner Maschinen, seiner Häuser, seiner Nahrung und seines Zeitvertreibs.
    Der Tanz wurde unterbrochen. Die junge rothäutige Frau trat in die Mitte des Saals, und die Fernsehkamera konzentrierte sich auf sie allein. Ihre ausgebreiteten Arme und das Gesicht waren der Saaldecke zugewandt.
    Unwillkürlich folgten die Augen der Erdenbewohner ihrem Blick. Entweder hatte der Saal überhaupt keine Decke, oder aber der Sternenhimmel mit den klaren, großen Sternen war eine geschickte optische Täuschung; höchstwahrscheinlich war es jedoch nur eine Darstellung. Die Anordnung der Gestirne rief keine Assoziationen hervor. Das junge Mädchen bewegte die Hand, und an ihrem linken Zeigefinger blitzte eine kleine blaue Kugel auf. Daraus schoß ein silbriger Strahl hervor, ein riesiger Zeigestab. Der runde leuchtende Punkt an der Spitze des Strahls verweilte bald auf dem einen, bald auf dem anderen Stern an der Decke. Gleichzeitig breitete sich auf der smaragdenen Wand ein langgestrecktes Panorama aus. Langsam wanderte die Spitze des Strahls, und ebenso langsam zogen die Bilder unbewohnter oder besiedelter Planeten vorüber. In bedrückender

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