Das Mädchen aus dem All
getrennt war, konnte sein brennendes Verlangen nicht verringern.
In Mwen Mass war etwas herangereift, was sich nun verselbständigt hatte und außerhalb der Kontrolle des Willens und der kühlen Vernunft war. Der Afrikaner hatte bisher fast ausschließlich seiner Arbeit gelebt,noch nie geliebt oder etwas empfunden, was der freudigen Erregung glich, die diese Begegnung über riesige Entfernungen von Raum und Zeit hinweg in ihm ausgelöst hatte.
Gefangene der Finsternis
Auf den orangeroten Skalen, die die vorhandenen Anamesonvorräte anzeigten, standen die breiten schwarzen Zeiger auf Null. Bis jetzt war das Sternschiff noch nicht von seinem bisherigen Kurs abgewichen, da seine Geschwindigkeit noch groß genug war. Unaufhaltsam näherte es sich der für Menschenaugen unsichtbaren, unheimlichen Sonne.
Zitternd vor Anstrengung und Schwäche, nahm Erg Noor, von Pel Lin gestützt, an der Rechenmaschine Platz. Die planetarischen Triebwerke waren verstummt, der Steuerautomat hatte sie abgeschaltet.
»Ingrid, was ist ein Eisenstern?« fragte leise Keh Ber, der die ganze Zeit unbeweglich hinter der Astronomin gestanden hatte.
»Ein für uns unsichtbarer Stern der Spektralklasse T, schon erloschen, aber noch nicht endgültig erkaltet. Er sendet langwellige Lichtstrahlen aus, die im Wärmebereich des Spektrums liegen — infrarote Strahlen —, und ist nur durch den Elektroneninvertor sichtbar. Eine Eule könnte den Stern wahrnehmen, da sie infrarote Strahlen sieht.«
»Weshalb heißt er aber Eisenstern?«
»Auf allen bisher erforschten Sternen ist Eisen in erheblich größerer Menge vorhanden als auf der Erde. Handelt es sich um einen großen Stern, sind Masse und Gravitationsfeld gewaltig. Ich fürchte, wir sind auf solch einen Stern gestoßen.«
»Und was nun?«
»Ich weiß nicht. Du siehst selbst, wir haben keinen Treibstoff mehr. Dabei fliegen wir weiter geradewegs auf den Stern zu. Wir müssen die ›Tantra‹ bis auf ein Tausendstel der Lichtgeschwindigkeit abbremsen, so daß ein genügend großer Abweichungswinkel erreicht werden kann. Wenn uns dabei auch noch der planetarische Treibstoff ausgeht, nähert sich unser Schiff allmählich dem Stern, bis es abstürzt.« Ingrid zuckte nervös mit dem Kopf, und Keh Ber streichelte beruhigend ihren von einer Gänsehaut bedeckten Arm.
Der Expeditionsleiter trat ans Steuerpult und konzentrierte sich auf die Instrumente. Alle warteten atemlos und schwiegen. Auch Nisa Krit, die eben erst erwacht war und instinktiv das Gefährliche der Situation begriffen hatte. Der Treibstoff reichte wahrscheinlich nur zum Abbremsen des Sternschiffs, je mehr es aber an Geschwindigkeit verlor, desto schwerer würde es ohne die Anamesontriebwerke der gewaltigen Anziehungskraft des Eisensterns entkommen. Wenn die »Tantra« nicht schon so nahe wäre und Pel Lin rechtzeitig begriffen hätte . . . Doch was half jetzt noch ein Wenn und Aber!
Drei Stunden mochten vergangen sein, da hatte Erg Noor einen Entschluß gefaßt. Das heftige Vibrieren der Ionentriebwerke ließ die »Tantra« erzittern. Vier Stunden lang verringerte das Sternschiff seine Geschwindigkeit. Kaum merklich bewegte Erg Noor die Hebel, und alle verspürten sogleich ein schreckliches Unwohlsein. Der furchterregende braune Himmelskörper verschwand vom vorderen Bildschirm und tauchte auf dem Seitenbildschirm auf. Wie die Instrumente anzeigten, hielten noch immer die unsichtbaren Ketten der Gravitation das Schiff fest. Erg Noor riß die Hebel zu sich heran — die Triebwerke standen still.
»Entkommen!« flüsterte Pel Lin erleichtert. Der Leiter wandte sich langsam zu ihm und sagte: »Nein! Der Treibstoff reicht nur für Umkreisung und Landung.«
»Was jetzt?«
»Abwarten! Ich habe den Kurs ein wenig ändern können. Aber wir kommen immer noch zu dicht heran. Wer wird den Sieg davontragen: die Schwerkraft des Sternsoder die Geschwindigkeit der ›Tantra‹? Wir haben jetzt das Tempo einer Mondrakete. Wenn es uns gelingt, von diesem Stern freizukommen, fliegen wir in Richtung der Sonne. Die Reisezeit wird dann allerdings beträchtlich länger. In dreißig Jahren werden wir ein Notsignal senden, und acht Jahre darauf wird Hilfe eintreffen . . .«
»Achtunddreißig Jahre!« flüsterte Keh Ber Ingrid kaum hörbar zu. Sie zog ihn heftig am Ärmel und wandte sich ab.
Erg Noor lehnte sich im Sessel zurück und ließ die Hände sinken. Die Menschen schwiegen, nur die Geräte summten leise. Ein disharmonischer, drohend
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