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Das Mädchen aus dem Meer: Roman

Das Mädchen aus dem Meer: Roman

Titel: Das Mädchen aus dem Meer: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Hohlbein
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wie es ihm möglich war. Seine Nase berührte die weiß bemalten Bretter.
    »Ich glaube, meine Geschichte langweilt ihn. Aber gut: Du siehst wirklich bedauernswert aus«, seufzte Chita und manövrierte einen Tonbecher voller kaltem, klarem Wasser zwischen sein Kinn und die Wand. »Trink das.«
    Froh presste die Lippen aufeinander.
    »Ich sagte, du sollst das trinken!«, bestimmte Chita und bedrängte ihn so sehr mit dem Becher, dass ihm erneut Wasser übers Gesicht schwappte. Dabei war das Fell unter seinem Kopf noch feucht von ihrem letzten Attentat, aber das scherte ihn ebenso wenig wie der Umstand, dass sich der Stotterer in seiner Wade festbiss, während sich Chita entnervt auf seine Hüften setzte und sein Gesicht in ihre Richtung zu drehen versuchte, indem sie ihn am Schopf packte. Obwohl das nun wirklich unangenehm war.
    »Froh! Du wirst verdursten, wenn du nicht endlich etwas trinkst!«, schalt Chita ihn. »Und ich werde nicht zulassen, dass du stirbst. Also mach jetzt gefälligst den Mund auf und trink!«
    Sie klemmte den Becher zwischen Bett und Wand, packte ihn mit der nun freien Hand zusätzlich am Kinn und versuchte mit aller Gewalt, seinen Oberkörper in die Höhe zu ziehen und seinen Kopf zu drehen, was unter Umständen sehr schmerzhaft hätte enden können. Die gegebenen Umstände jedoch ließen sie im hohen Bogen vom Bett fliegen und auf den Boden krachen, denn irgendein Reflex beförderte Frohs Ellbogen mit großer Wucht in ihre Magengrube.
    »Bist du verrückt geworden, du Simpel?«, keuchte Chita, während sie sich umständlich wieder aufrichtete. »Was ist denn mit dir los, Froh? Seit du auf dem Atoll zusammengeklappt bist, bist du unausstehlich. Du hörst mir überhaupt nicht mehr zu, und vor allem lässt du dich völlig gehen! Du bist … Moment!« Sie stemmte die Hände in die Hüften und faltete die Stirn zu einem kunstvollen Muster. »Jetzt weiß ich, was du hast«, triumphierte sie schließlich. »Es ist wegen deinen Göttern und dieser Aufgabe, von der du glaubst, dass sie sie dir gestellt haben, nicht wahr? Es ist, weil du dachtest, dass du mich retten musst, um deine Seele vor der Verdammnis zu bewahren. Und jetzt, da Barrum sich um mich kümmert, hast du deine Pflicht erfüllt und kannst endlich in Ruhe sterben. Genau wie du es schon vorhattest, als du in dein jämmerliches kleines Boot gestiegen bist. Du wolltest über das Ende der Welt hinausrudern und sterben. Aber daraus wird nichts, mein Freund. Ich erlaube es nicht.«
    Chita positionierte sich am Kopfende, sodass er sie doch wieder, wenngleich nur aus dem Augenwinkel, sah, und verschränkte die Arme vor der Brust. In der Wand hinter ihr befand sich ein rundes Loch mit diesem Glas in der Wand, das sie so oft erwähnt und er in Form der durchsichtigen Krüge bereits in seinem Baumboot bestaunt hatte. An dieser Stelle, dachte er bitter, hätte er es schon erkannt haben müssen. Aber nein! Er musste ja erst einen hässlichen, aggressiven Vogel mit Zähnen, die in einer Wade sehr wehtaten, ausbrüten, um zu begreifen, dass alles, was sie sagte, stimmte. Allem voran, dass es keine Götter gab.
    »Und weißt du auch, warum du mir nicht einfach wegsterben wirst?«, erkundigte sich Chita triumphierend, während er sich dem Stotterer an seinem Bein zuwandte, um sie nicht mehr sehen zu müssen, auch nicht aus dem Augenwinkel. »Weil ich mich deinem Hungerstreik nämlich anschließe«, klärte Chita ihn auf. »Dann verdursten und verhungern wir beide. Und dann, hm? Was dann, Froh? Ich sage dir, was dann passiert: Dann hast du nicht gut genug auf mich aufgepasst und endest zur Strafe doch noch in Vulkas Höhle. Oder in irgendeiner anderen göttlichen Folterkammer. Ha!«
    Froh richtete sich in eine sitzende Position auf, kämpfte den Schwindel nieder, der ihn allein dadurch schon wieder zu übermannen drohte, bog den Schnabel des nackten Riesenkükens auseinander und schob den sogleich lautstark protestierenden Vogel mit einer matten Geste von seinem Lager. Hätte es nicht so schrecklich gebrannt, hätte er ohne weiteres zugelassen, dass das Vieh ihn Stück für Stück verspeiste, ehe er endlich ganz tot war. Aber es war eben doch zu unangenehm. Wenn er schon keine Seele besaß, für deren Heil es sich lächelnd zu leiden lohnte, dann zog er es vor, friedlich und schmerzfrei zu entschlafen.
    »Was hast du gesagt?«, verlangte Chita zu wissen.
    Froh sah sie an. »Ich habe nichts gesagt«, antwortete er. Eigentlich wollte er überhaupt nicht mehr

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