Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Mädchen aus dem Meer: Roman

Das Mädchen aus dem Meer: Roman

Titel: Das Mädchen aus dem Meer: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Hohlbein
Vom Netzwerk:
Rinder!«, antwortete Cocha empört an Markanneschs statt, und der Alte nickte zustimmend.
    »Du glaubst nicht ernsthaft, dass sie sich einfach in andere Länder umsetzen lassen wie exotische Pflanzen, oder?«, fragte er kopfschüttelnd.
    »Zumal in solche, in denen montanisch als Schimpfwort gilt«, ergänzte Cocha. »In Länder, deren Bewohner Montania seit jeher mit Verachtung begegnen.«
    »Und das nur, damit sich dein größenwahnsinniger Vater und seine genauso selbstverliebten Gönner mit Gold und Edelsteinen schmücken können, die sie von einfachen Menschen ergaunert haben, die uns Cyprier für Götter halten. Nur weil wir Maschinen besitzen, die fliegen können und das Meer ohne Segel und Ruder bewältigen. Und Körperkundige, die Affenschwänze an cyprische Menschenärsche nähen, die in einem Massengrab verwesen, sobald sie damit fertig sind, sich an den Küsten der Unwissenden als Chimären aufzuspielen. Was sie überdies nur unter Einfluss der stärksten Betäubungsmittel schaffen, weil der Schmerz, der damit verbunden ist, allein schon ausreicht, um sie später zu töten«, führte Mikkoka weiter aus und beehrte mich mit einem verächtlichen Naserümpfen. » Götter , Prinzessin! Schau dich mal an. Oder deinen rotgesichtigen Liebhaber. Unfassbar, wenn du meine Meinung wissen willst.«
    »Will ich nicht«, sagte ich und ärgerte mich über ihre Wortwahl, aber vor allen Dingen schämte ich mich für meine eigenen naiven Gedanken und Äußerungen.
    Kratt grinste, doch Mikkoka erwiderte dieses Grinsen nicht, wie sie es früher getan hätte. Sie begegnete ihrem Bruder noch immer mit eisiger Abneigung und wollte nichts daran ändern, ehe er ihr endlich die ganze Wahrheit über die geschrumpfte Frau an seinem Gürtel und seine Zeit auf Hohenheim erzählt hatte. Aber in Sachen Sturheit waren die beiden auf gleicher Höhe. Kratt versuchte immer wieder, sich ihr in kleinen Schritten anzunähern, aber diesen einen großen Sprung zur Wahrheit tat er nicht, und darum blieb die Luft zwischen den beiden immerfort unterkühlt, obwohl der Frühling schnell milde Temperaturen herbeigetragen hatte und die Hitze in den Mittagsstunden inzwischen ab und an sogar unerträglich war. Das Wetter spielte völlig verrückt, Froh. Das tut es immer noch. Die meiste Zeit ist es viel zu heiß.
    Was mich angeht: Mir war es gleichgültig, was Kratts Mutter mit meinem Vater zu schaffen gehabt hat. Vermutlich waren sie sich über irgendwelche Geschäfte uneinig gewesen und hatten sich darüber böse zerstritten, und wahrscheinlich war mein Vater ihr mit aller Härte begegnet – dazu braucht es nicht viel. Aber egal, was hinter diesem alten Streit steckte: Unterm Strich, und das hatte Mikkoka ganz richtig erkannt, war es doch egal, wer die Paradieslosen neu organisiert und zuletzt zum Kampf aufgerufen hatte, und auch, warum, denn die Zeit war reif gewesen. Hätte Kratt die Dinge nicht in die Hand genommen, hätte es ein anderer getan. Dieser Brand hatte schon viel zu lange – und nicht zu Unrecht – im Untergrund geschwelt.
    »Das war jetzt nicht eben vornehm ausgedrückt, aber es fasst die Dinge ganz gut zusammen«, mischte sich Golondrin schlichtend ein. »Wenn man auf die Reisen an die Küsten der anderen Kontinente verzichten würde, käme man mit deutlich weniger Sternensilber aus. Die Fahrten lohnen sich nicht. Der Ertrag übersteigt den Einsatz kaum. Gut, Cypria hat fast kein eigenes Gold. Aber Gold ist nur eine Währung. Man könnte einfach mit etwas anderem rechnen.«
    »Mit was zum Beispiel?«, fragte ich.
    »Zum Beispiel mit Sternensilber«, behauptete Golondrin. »Oder mit Salpeter oder Zink. Natürlich nur im übertragenen Sinne. Wenn du willst, erkläre ich dir meine Idee heute Abend bei der Nachtwache. Wir beide sind nämlich heute an der Reihe.«
    »Wir? Aber wozu sind denn die Krieger bei uns? Und die Freiwilligen aus den Siedlungen und die Paradieslosen aus Lijm und Jama?«, erwiderte ich mit einer ausholenden Geste, die unser gesamtes, rund achtzig Mann starkes Gefolge einschloss.
    »Du bist hier in Montania, und in Montania ist niemand bedeutender als ein anderer«, lächelte Markannesch. »Nach dem Alphabet seid ihr beide heute Nacht einfach dran.«
    »He!«, protestierte ich. »Hattest du nicht gesagt, du ziehst es vor, bei dem Namen genannt zu werden, den deine Eltern für dich ausgesucht haben? Gormo und Golondrin, Chita und Cocha …«
    »Manchmal hat es durchaus Vorteile, zwischen mehreren Identitäten wählen

Weitere Kostenlose Bücher