Das Mädchen aus der Pearl Street
mit einem Hamburger 5 ?“ schlug Dean vor, als sie nebeneinander im Wagen saßen.
„Fein!“ stimmte Kitty zu und mußte sich auf die Lippen beißen damit ihre Zähne nicht vor Kälte aufeinanderschlugen. Es war wirklich sehr frisch geworden.
„Rutschen Sie ruhig ein bißchen näher“, lud er ein und zog ihren Kopf an seine Schulter, „so, so ist’s besser!“
Sie fuhren zu einer Milchbar, bestellten sich Hamburger mit Senf und Zwiebeln und verspeisten sie schweigend. Es war, als fürchte Dean, jedes Wort könne den Zauber dieses Abends stören. Als er sie dann nach Hause fuhr, legte sie ihren Kopf wieder an seine Schulter. Viel zu schnell rollte das Auto in die Pearl Street. Dean parkte und begleitete sie zur Tür.
„Kitty?“ begann er. Erwartungsvoll lächelte sie ihn an. „Würden Sie mir nächsten Samstag wieder den Abend schenken?“
„Von Herzen gern!“
„Das freut mich.“
„Es war wunderschön, Dean.“
„Ja.-Kitty--?“
Diesmal küßte er sie. Es war eigentlich kaum ein Hauch, mit dem seine Lippen ihre Stirn berührten, aber es war ein Kuß.
„Gute Nacht, Dean“, flüsterte sie und entschlüpfte ihm, denn nun fürchtete sie, jedes weitere Wort würde den Zauber dieses einmaligen, unvergeßlichen Augenblicks brechen.
Als sie die Tür hinter sich ins Schloß schnappen hörte, war sie beinahe froh, daß der Abend zu Ende war und sie nun beginnen konnte, jede köstliche, glückselige Einzelheit noch einmal im Geist nachzuerleben und zu überdenken, ehe sie sie in ein ganz besonderes Fach im Archiv ihrer Erinnerungen einordnete, um sich dann bereits auf das nächste Beisammensein mit Dean freuen zu können.
Nachdem Kitty fünfzehn Tage in der Plastikfabrik gearbeitet hatte, kassierte sie ihren ersten Lohn. Am Freitagabend händigte Al jedem seinen Scheck aus. Kitty konnte kaum erwarten, bis sie das grüne Papier in der Hand hielt. Sie hatte zuvor schon mehrmals solche Schecks in Empfang genommen, aber noch nie hatte sie zwei volle Wochen darauf warten und so schwer und erschöpfend für jeden Dollar schuften müssen. Die vergangenen fünfzehn Tage dünkten ihr eine kleine Ewigkeit, und es schien unendlich lange her zu sein, seit sie zum erstenmal an die stampfenden Maschinen-Ungeheuer herangetreten war. Es war damals heiß gewesen, und es war noch immer heiß; der Lärm hatte ihr in den Ohren gedröhnt, und er tat es nach wie vor; aber das alles nahm sie nun bereits als selbstverständlich hin. Sie fühlte sich nun schon als gewandte Fabrikarbeiterin.
„Danke, Al“, sagte sie, als er auf seiner Runde endlich bei ihr angelangt war.
„An Ihnen verdient der Unternehmer eine ordentliche Stange Geld“, lobte er sie mit einem Lächeln, „Sie sind die flotteste Anfängerin, die wir je gehabt haben.“
„Glauben Sie, daß ich in zwei Wochen von Ihnen einen noch dickeren Scheck präsentiert bekomme?“
Er kniff die Lippen zusammen.
„Vielleicht noch einmal die Hälfte dazu“, kalkulierte er, „also siebzig oder gar fünfundsiebzig, einschließlich Steuern natürlich. „
„Junge, Junge“, freute sie sich.
Als er gegangen war, betrachtete sie befriedigt ihren Scheck. Nach Abzug der Sozialversicherung und Lohnsteuer blieben ihr 42.80 Dollar, zweiundvierzig herrliche, fette Dollarnoten und achtzig Cent. Es war endlos erschienen, zwei Wochen auf diesen ersten Lohn warten zu müssen, aber von nun an sollte ihr jeden Freitag ein solcher Scheck winken, und außerdem blieb ihr noch die Gewißheit, daß selbst, falls sie diese Arbeit aus irgendeinem Grunde würde aufgeben müssen, ihr noch der Lohn für eine weitere Woche sicher war. Das Geld wartete auf sie wie ein Sparguthaben auf der Bank. Es war bereits während der ersten allerschwersten sechs Tage verdient; ein höchst beruhigender und angenehmer Gedanke.
Zweiundvierzig Dollar und achtzig Cent! Sie hatte sich schon Gedanken gemacht, wie sie diesen Reichtum anlegen sollte. Der einzige Kummer war, daß es allzu viele Möglichkeiten dazu gab, besonders darum, weil sie nun mit Dean öfters ausgehen würde. Am kommenden Samstag hatte sie sich bereits wieder zum Tanz mit ihm verabredet, und das bedeutete ein zweites neues Kleid. Außerdem mußte sie zurückzahlen, was sie neulich von Thomas’ erhaltenem Geld verbraucht hatte. Ebenso wichtig wie all diese Ausgaben erschien ihr die Anschaffung von einigen preiswerten Popelinröcken und Blusen für die Arbeit, denn die Bluejeans erwiesen sich als zu warm. Und ein paar hübsche, flache
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