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Das Mädchen aus der Pearl Street

Das Mädchen aus der Pearl Street

Titel: Das Mädchen aus der Pearl Street Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman Butters
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Mutter geseufzt und bemerkt, daß Thomas die Hände seines Großvaters geerbt habe, der ein berühmter Chirurg gewesen war, und die Kinder hatten darüber gelacht wie über einen Scherz.
    „O Thomas!“ sagte sie ergriffen.
    „Nun“, fuhr er fort, und es war, als habe man Sand über seine angenehme Stimme gestreut, „ich mache mir nichts vor, ich weiß genau, daß zwar viele berufen, aber wenige auserwählt sind, und ich muß mich mit der Rolle des Berufenen zufriedengeben, der sein Ziel nicht erreichen darf. Aber immerhin, auch wenn ich mir darüber klarsein muß, freue ich mich auf die Zukunft. Cy hat für mich einen Posten ausfindig gemacht, an dem ich Interesse finden kann. In den Menlo-Laboratorien drüben! Zu Anfang muß ich allerdings auskehren und Reagenzgläser waschen und derartiges Zeug, aber Cy sagt, daß ich, wenn ich mein High School-Diplom habe und gute Zeugnisse in Naturwissenschaften, ja, er weiß es bestimmt, daß ich dann in eine gute Stelle aufrücken kann--irgend etwas mit Chemie, verstehst du?“
    „Gewiß, Thomas. Und ich freue mich so für dich.“
    Thomas grinste. „Natürlich hatte er gleich noch ein zweites Karnickel in seinem Zauberhut, sozusagen, mit andern Worten, die Sache hat einen Pferdefuß, aber ich betrachtete sie nicht so; hm, meine neue Stelle kann ich nächste Woche antreten, aber zur gleichen Zeit bietet sich eine andere, die ich anstandshalber auch betreuen soll, und zwar im Gemeindehaus den kleinen Bengeln Baseball beibringen.“
    Kitty lachte. Das war so echt Cy.
    Thomas stimmte in ihr Lachen ein, und Kitty freute sich von Herzen, auch wenn ein gewisser Schmerz ihr die Tränen in die Augen trieb. Alles Gute kam eben nie im Leben zusammen, aber zuweilen bot sich ein Trost zum Ausgleich. Piccolo war ihr für immer verloren, aber Danny würde bald gesund sein, und Thomas hatte sich nach langem, bangem Warten besonnen und war nun wieder ein Teil der Familie.
    Cy hatte ihr die Adresse gegeben. Clovis Hart sagte letzte Woche zu ihr: „Besuchen Sie mich mal, wenn Sie Zeit haben; ich glaube, wir sind Nachbarn!“ Und da stand Kitty also nun vor dem Haus Pearl Street Nr. 212. Zuerst glaubte sie, sie müsse sich geirrt haben. Nr. 212 war gegenüber von Nr. 211, eine verkommene Bretterbude, einem Kaninchenstall nicht unähnlich; es war eine der übelsten Mietsbaracken in diesem ohnedies schäbigen Wohnviertel. Liebe Güte, konnte sie denn nichts Besseres finden? durchzuckte es Kitty. Zahlte das Gemeindehaus ihr derart wenig für ihre Tätigkeit?
    Kitty begann vorsichtig die angefaulte Holzstiege zu erklimmen. Das Geländer war längst umgestürzt, und die Stufen waren so eng und steil, daß Kitty hoffte, es komme ihr niemand entgegen, denn der Gedanke, hier ausweichen zu müssen, war wenig angenehm. Als sie im dritten Stock angelangt war, blieb sie aufatmend vor der Wohnung Nr. 310 stehen.
    Die Essenszeit war gerade vorüber und das Gebäude voller Kochgerüche; Knoblauch herrschte dabei vor, aber Sauerkraut rangierte bestimmt gleich hinterher. Es gab kein Fenster im Flur, und sämtliche Türen waren verschlossen. Kitty überlegte, ob diese Gerüche wohl jemals verschwinden würden oder ob sie sich einfach immer Schicht auf Schicht verdickten wie der Schmutz auf dem Boden, Jahr um Jahr? Sie vergewisserte sich nochmals, ob sie auch vor der Tür Nr. 310 stehe, dann klopfte sie an.
    Clovis öffnete die Tür. Ihr Gesicht erschien, wie gewöhnlich, ruhig, bis diese Ausgeglichenheit beim Anblick Kittys in Erstaunen umschlug. „Hallo!“ rief sie verwundert.
    „Sie sagten doch, wir seien Nachbarn“, stammelte Kitty schüchtern.
    Clovis zögerte. „Gewiß“, antwortete sie, und ein warmes Lächeln wischte das Staunen hinweg, „ich bin gerade dabei, Chow Mein zu kochen. Bleiben Sie da, und essen Sie mit mir? Oder möchten Sie nicht gern chinesische Küche?“
    „Oh, es tut mir leid, ich wollte Sie nicht beim Abendessen stören. Ich habe bereits vor einer Stunde gegessen, denn um 10 Uhr muß ich in der Fabrik sein.“
    „Das macht absolut nichts. Ich weiß, ich halte meine Mahlzeiten recht unregelmäßig. Für eine oder zwei Gabeln voll finden Sie doch sicher noch Platz? Kommen Sie herein, und setzen Sie sich. Ich muß wieder zum Herd und rühren!“
    Sie verschwand hinter einem Vorhang, und Kitty schaute sich staunend in dem zigarrenkistenähnlichen Wohnzimmer um.
    Vor Jahren hatte eine ihrer Spielkameradinnen in einem dieser Häuser gewohnt, und Kitty wußte daher, wie häßlich

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