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Das Mädchen aus Mantua

Das Mädchen aus Mantua

Titel: Das Mädchen aus Mantua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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Schnaps kommt? Zu meiner Zeit waren die jungen Burschen trinkfester. Allerdings waren wir auch Männer, keine hilflosen kleinen Knaben, die sich aneinander festklammern mussten.«
    Timoteo merkte erst, dass er Galeazzo losgelassen hatte, als dieser auf dem Pflaster landete und von dem rüden Aufprall wach wurde.
    »Wasch?«, nuschelte er.
    William hatte Galeazzo ebenfalls losgelassen, um Timoteo in den Arm fallen zu können.
    »Verbannung«, sagte Gentile freundlich. Nur dieses eine Wort. Dann schlenderte er mit aufgeräumtem Lächeln davon.
    Timoteo blickte ihm zähneknirschend nach und nahm die Hand vom Degenknauf. Hatte er eben beim Verlassen der Schenke noch gemeint, einen über den Durst getrunken zu haben, fühlte er sich nun schlagartig ernüchtert.
    »Das ging gerade noch mal gut«, sagte William besorgt. »Du darfst dich nicht von denen provozieren lassen. Ich bin nicht immer dabei, um dich zurückzuhalten.«
    »Es war ein Fehler«, sagte Timoteo. Sein Herz klopfte hart.
    »Von dir oder von mir?«
    »Von mir. Ich hätte mich zusammenreißen müssen.«
    »Wenigstens siehst du es ein. Beim nächsten Mal passt du besser auf. Versprichst du es?«
    »Wo bin ich?«, wollte Galeazzo wissen. Er lag auf dem Rücken und blickte zum Sternenhimmel hinauf. »Haschu mein Bett rausgetragn, Gu-guglielmo?«
    William klaubte den Freund vom Pflaster und legte sich dessen Arm über die Schultern. Timoteo fasste mit an, und gemeinsam traten sie den Heimweg an.
    Timoteo brachte die beiden bis vor die Tür des Hospiziums. Während William sich anschickte, den bezechten Galeazzo ins Haus zu schleppen, sagte Timoteo zögernd: »Danke, William. Wahrscheinlich hast du mir vorhin das Leben gerettet.«
    »Gern geschehen. Gute Nacht.«
    Die Tür des Wohnheims fiel ins Schloss, und Timoteo ging weiter. Von der Wut, die ihn beim Auftauchen Gentiles gepackt hatte, spürte er nichts mehr. Stattdessen machte er sich Vorwürfe, weil er um ein Haar die Beherrschung verloren hatte. Und dabei hatte er sich beim Grabe seiner Mutter geschworen, dass es nicht dazu kommen würde! Unter keinen Umständen wollte er dafür verantwortlich sein, dass seine Familie des Landes verwiesen wurde. Mochten doch sein Bruder oder sein Vater die Verantwortung übernehmen, wenn sie beim Anblick eines Bertolucci nicht an sich halten konnten. Natürlich würde man ihn mit ihnen zusammen verbannen, aber wenigstens konnte man die Katastrophe dann nicht ihm anlasten.
    Vielleicht, so sinnierte er, lief letzten Endes ohnehin alles auf dieses schmähliche Ende hinaus. Das Schicksal schien sich bereits auf das kommende Unheil auszurichten, wie bei einer klassischen griechischen Tragödie, bei der zum Schluss alle Mitspieler der Vernichtung anheimfielen. Denn nur in Vernichtung und Tod konnte es enden, dass er sich in Chiara verliebt hatte.
    Merkwürdigerweise hatte das seinen Hass auf die Bertolucci eher geschürt als gemildert. Schließlich war es ihre Familie, die zwischen ihr und ihm stand. Gäbe es ihren Vater, ihren Onkel und ihren Bruder nicht, hätte ihn nichts daran gehindert, offen Chiaras Nähe zu suchen.
    Nun ja, vielleicht nicht ganz offen. Schließlich war zu berücksichtigen, dass seine Familie ebenfalls nichts davon erfahren durfte, oder genauer: erst recht nicht. Sein Vater und sein Bruder sähen ihn lieber tot als in Liebe zu einer Bertolucci entbrannt. Womöglich würden sie ihn schneller umbringen, als es die Bertolucci täten.
    Folglich musste er Chiara heimlich treffen, eine unerträgliche Demütigung. Die umso schlimmer war, als Chiara zu den beiden letzten Verabredungen nicht erschienen war und er trotz aller Mühen den Grund dafür nicht herausfand. Beim ersten Mal hatte sie ihm über Galeazzo mitgeteilt, ihr sei etwas dazwischengekommen. Timoteo hatte wieder und wieder den flüchtig gekritzelten Zettel angestarrt und sich keinen Reim darauf machen können. Mit Galeazzos Hilfe hatte er ihr wenig später eine Botschaft gesandt und sie zu einem weiteren Treffen bestellt, doch wieder war sie nicht erschienen. Das war in der vergangenen Woche gewesen, am Vorabend des blutigen Kampfes. Seither wartete er ungeduldig auf ein Zeichen von ihr.
    Ob sie ihm böse war? Immerhin hatte er ihren Onkel erschießen wollen.
    Mittlerweile gestand er sich allerdings ein, dass er es wohl letztlich nicht fertiggebracht hätte. Was vermutlich auch gut so war, denn sonst hätte er eine Bluttat begangen, die Chiara und ihn auf immer entzweit hätte. So widerwärtig Gentile

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