Das Mädchen-Buch
ebenfalls überrumpelt von den frühen Pubertätszeichen ihrer Mädchen. Sie trauern über die verlorene Kindheit und sind selbst noch gar nicht auf Ablösung eingestellt. Geschlechtsreife schafft Distanz zwischen Eltern und Kindern. Gleichzeitig beunruhigt die Eltern der Gedanke, ihre Töchter könnten zu frühe sexuelle Erfahrungen machen.
Mädchen, die früher die sexuelle Reife erreichen, haben laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, auch früher Sex. Und trotzdem ist das kein Grund zur Panik, denn es gibt noch viele andere Faktoren, die dazu beitragen, dass Mädchen früher den ersten Sex erleben, als sie es eigentlich verkraften können.
Warum früher als früher?
Viele Einflüsse sorgen offenbar dafür, dass sich der Körper heutzutage früher entwickelt und die Hormone früher das Signal kriegen, zu feuern. | 122 |
Andere Ernährung Lebensmittel enthalten häufig Hormone und Antibiotika. Tiere bekommen sie ins Futter gemischt. Beim Kauf von Fleisch sollte man darauf achten, dass die Tiere mit Gras gefüttert wurden.
Zusammensetzung von Körperpflegemitteln Cremes, Haarfärbemittel und andere Kosmetika sind mit Chemikalien und hormonähnlichen Zusätzen hergestellt, die unseren Körperrhythmus durcheinanderbringen.
Stress und Reizüberflutung Umwelteinflüsse wie künstliches Licht und klimatische Bedingungen haben sich verändert.
Väter Amerikanische Forscher sehen eine überraschende andere Ursache für den frühen Eintritt von Mädchen in die Pubertät: abwesende Väter. Im Durchschnitt, so sagen sie, kommt ein Mädchen, das von seinem Vater getrennt lebt, bevor es zehn Jahre alt ist, fünf Monate früher in die Pubertät als ein Mädchen, das einen präsenten Vater hat, der sich in die Erziehung einmischt, sich für seine Tochter interessiert und ein positives Verhältnis zu ihr hat. Je mehr der Vater in die Erziehung eingebunden ist, desto später haben die Mädchen ihre erste Regelblutung, sagen die Forscher. In Bezug auf die Präsenz oder Abwesenheit der Mutter wurde kein Zusammenhang zur körperlichen Entwicklung festgestellt. Klingt fast so, als hätten Väter magische Fähigkeiten. Aber es gibt eine sehr einleuchtende Erklärung für diesen Zusammenhang: Mädchen, die sich innerhalb der Familie nicht an männlichen Vorbildern orientieren können, probieren sich früher außerhalb aus. Der Körper stellt sich darauf ein. 60 | 123 |
Spagat zwischen Körper und Seele
Wie geht es einem Mädchen, das sich körperlich zur Frau entwickelt, aber seelisch noch mit Bibi Blocksberg beschäftigt ist? Einsam und unsicher fühlen sich manche, nicht richtig in ihrer Haut. Die gleichaltrigen Mädchen können nicht verstehen, was mit ihnen vorgeht, die Älteren rümpfen möglicherweise die Nase darüber, dass sie noch so kindliche Interessen haben. Andererseits können ältere Mädchen ziemlich gut nachfühlen, wie es jungen Frühstarterinnen geht:
»Ich denke, dass Frühstarter sich körperlich und geistig ihren Mitschülern und Gleichaltrigen nicht richtig zugehörig fühlen und dass es schwer für sie ist, mit ihrer Entwicklung klarzukommen und sich damit wohlzufühlen.«
LEONA, 17 JAHRE
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»Frühstarter werden besonders von Gleichaltrigen wenig akzeptiert, weil sie nicht auf einer Ebene sind. Sei es nur körperlicher oder geistiger Art. Ich denke aber, dass vor allem die Erwachsenen solche Frühstarter überschätzen. Sie sehen nur einen körperlich weiter entwickelten Jugendlichen und schließen dann direkt darauf, dass dieser auch geistig schon sehr weit ist.«
JOELLE, 18 JAHRE
Das Dilemma ist, dass die Seele noch nicht so weit ist. Aber das sieht man von außen nicht. Mädchen in dieser Situation ziehen sich häufig in ihr Schneckenhaus zurück, weil sie sich überall unverstanden und nicht akzeptiert fühlen. Erwachsene behandeln sie mal als groß und mal als klein. Sie selbst wissen nicht, | 124 | wie ihnen geschieht, wie sie sich verhalten sollen und wo sie auf Verständnis treffen.
Coach
Als Eltern können wir uns fragen: Wie würde es mir gehen, wenn ich mich nirgendwo richtig dazugehörig fühle? Wie lebt es sich in einer Welt zwischen den Stühlen? Wie habe ich mich damals gefühlt, als ich dachte: Jetzt geht da was los, ich weiß nicht was, aber geht es nur mir so? Keiner kann mich verstehen oder nachempfinden, was mit mir los ist.
Als Eltern können wir unsere Töchter unterstützen, indem wir ihnen signalisieren, dass wir etwas von ihrer Konfusion verstehen, dass es
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