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Das Mädchen-Buch

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Titel: Das Mädchen-Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Raffauf
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verbunden. Die gesellschaftliche Entwertung des | 156 | Weiblichen ist an den Körper gebunden, insbesondere an die Menstruation. In Untersuchungen wurde herausgefunden, wie wenig sich viele Frauen »im eigenen Körper zu Hause fühlen«, wie sie die erste Menstruation zunächst als »toll«, weil sie jetzt zur Welt der Frauen »dazugehören«, und später als »lästig« und »nervig« ansehen. Sie ist ein »Hygieneproblem«, dass es wegzumachen gilt, wie es auch die Binden- und Tampon-Werbung verspricht. 73
    Eltern können dem etwas entgegensetzen, indem sie die Nachricht vom ersten Blutstropfen in der Unterhose nicht nur mit Hygieneanweisungen beantworten, sondern auch ihrer Freude Ausdruck verleihen und Raum geben, darüber zu sprechen. Es müssen keine Partys gefeiert werden, das empfinden viele Mädchen als peinlich »überdimensioniert«, aber ein kleines Zeichen – zusammen Eis essen gehen, ein Geschenk auf dem Kopfkissen – betont die andere, die lustvolle Seite der Menarche. »Frau sein ist etwas Tolles und du gehörst jetzt dazu«, ist die Botschaft, die mutig und stark macht.
    »Ich habe meiner Tochter einen Stein in Herzform auf den Nachttisch gelegt. Den hütet sie seither wie ihren Augapfel.«
    ELISA S., EINE TOCHTER, EIN SOHN
    »Chaupadi«
    Die Sitte »Chaupadi« verbietet es Frauen im Westen Nepals, sich im Haus oder in einem Tempel aufzuhalten, während sie ihre Tage haben.
    Nach alter Tradition müssen junge Mädchen und Frauen während dieser Zeit in Kuhställen ausharren. Jedes Jahr sterben dort Frauen an Schlangenbissen, Unterkühlung oder Blutungen. | 157 |
Und plötzlich ist da keiner mehr
    Der Eintritt in die Pubertät ist für manche Jugendliche von Einsamkeit begleitet. Eltern denken oft: »Jetzt sind sie doch schon so weit, jetzt müssen sie doch wissen, was im Haushalt, in der Schule, in der Familie zu tun ist, jetzt brauchen sie mich nicht mehr so.« Und so ziehen sie sich vielleicht zurück. Manche Eltern beziehen die Launen der Mädchen auf sich und reagieren gekränkt.
    Andere sehen ihre blühenden, hübschen Töchter gleichzeitig als Spiegel ihres eigenen Alterungsprozesses. Manche Väter gehen zu ihren körperlich entwickelten Töchtern auf Distanz. Die Mädchen verstehen das nicht. Sie empfinden ihrerseits das veränderte Verhalten der Eltern als gegen sich gerichtet.
    Aufgrund solcher Missverständnisse und Gekränktheiten entwickelt sich bei ihnen manchmal eine große Leere. Dabei brauchen sie ihre Eltern dringend. Nicht mehr als ständige Begleiter, aber als Ansprechpartner, sie brauchen keine Kontrolleure, die ihnen keinen Spielraum lassen. Sie brauchen ihren eigenen Bereich und Vertrauenspersonen, »feste Säulen«, die ihnen helfen, durch die stürmische Zeit zu kommen.
    Der Vater einer Tochter erzählte mir, dass seine Tochter in der Zeit, als sie ihre erste Periode bekam, sehr reizbar war und gleichzeitig sehr in sich gekehrt. Er habe sie nicht darauf angesprochen, sondern einfach »weiter im Text« gemacht. Es habe so eine Art Einvernehmen gegeben: »Ich weiß, dass du gerade daran knabberst, ich spreche dich nicht darauf an, aber ich bin bei dir und es ändert sich nichts zwischen uns.« | 158 |
Mütter: Modell »Frau«
    Mütter sind das erste weibliche Modell, das die Töchter kennenlernen. An ihren Müttern orientieren sie sich: Wie geht Frausein? Wie könnte, sollte, müsste, werde ich einmal werden? Und das sehen oder erahnen sie an allen Verhaltensweisen und Gedanken, die sie bei ihrer Mutter beobachten und ablesen. Daran, wie die Mutter über sich und über andere Frauen redet, wie sie sich selbst behandelt, erfahren sie: Mag sie sich? Und sie schlussfolgern daraus: »Sind Frauen sich selber etwas wert?« Sie bekommen mit: »Hat meine Mutter Humor? Sagt sie ihre Meinung, wenn ihr etwas nicht gefällt? Ist sie fürsorglich? Nimmt sie sich zurück für andere? Liebt sie ihren Beruf? Wie geht sie mit Jungen, mit Männern, mit Frauen, mit Mädchen um? Mag sie ihren Körper? Achtet sie permanent auf ihr Gewicht und spricht abwertend über ihren Körper oder steht sie vor dem Spiegel und ist zufrieden mit sich? Ist sie unglücklich mit sich, ihrem Leben, ihrem Aussehen, ihrer Rolle oder schaut sie grundsätzlich positiv in die Welt?« Das alles kriegen Mädchen mit, mit und ohne Worte. Sie »atmen« es ein und sie ziehen ihre Schlüsse daraus – bewusst oder unbewusst. Manche verhalten sich genauso wie ihre Mütter, andere wollen es extra anders machen. Das

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