Das Mädchen-Buch
nicht, dass ich nach den anstrengenden Stunden der Geburt mit meinem Kleinen im Bett liege und mir vom ersten Besuch anhören darf:
»Aber es sollte doch ein Mädchen werden.«
Also: Warum spinnt alle Welt auf Mädchen? Es kann doch nicht nur an den Kleidchen liegen, oder?
Gegenteiliges höre ich nur noch von meinem Großvater: »Wurscht wos werd, hauptsach da Bua is gsund.« Verbunden mit Augenzwinkern.
m Ein Gast antwortet:
Ehrlich gesagt, ich weiß es auch nicht so genau. Aber ich vermute, es hat damit zu tun, dass Mädchen in dem Ruf stehen, pflegeleichter, braver, genügsamer, ruhiger und was weiß ich noch alles zu sein. Noch dazu wünschen sich viele Frauen vermutlich eher Mädchen, weil sie denken, mit einem Mädchen eine bessere und langlebigere Beziehung führen zu können.
Aus meinem Umfeld kann ich das aber eigentlich alles nicht bestätigen ...
Einziger Punkt: Die Kleidung für Mädchen ist wirklich hübscher und die Auswahl ist ungefähr 1000-mal größer. Ich werde nie verstehen, warum Buben schon mit einem Jahr in Grau, Schwarz und mit Star-Wars-Emblem herumlaufen sollen.
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m Estrella25 malt ein düsteres Bild von Jungs und berichtet von ihren eigenen (Vor-)Urteilen, um sie dann mit einem Strich wegzuwischen:
Pooh-Bah
Hi,
ich kann Dir nur sagen, was ich dachte über Jungs und Mädchen:
Mädchen werden weniger oft kriminell als Jungs
statistisch gesehen sind (glaube ich) junge Männer unter 25 Jahren die am meisten selbstmordgefährdete Personengruppe
und werden auch am häufigsten Opfer eines Mordes
nahezu sämtliche Störungen und Krankheiten betreffen prozentual gesehen eher kleine Jungs als kleine Mädchen (geschlechtsspezifische Sachen [die nur Mädchen bekommen können] natürlich ausgenommen!). Beispiele gibt es sooo viele, etwa Hämophilie, Herzfehler, Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte, aber auch Sprach- und andere Entwicklungsverzögerungen, Hyperaktivität etc.
Jungen leiden in vielen Fällen »öffentlicher« unter falscher oder liebloser Erziehung (die sich dann beispielsweise in Aggressivität äußert etc., also »öffentliche« Auswirkungen hat) − bei Jungs kann man also mehr »falsch machen«
Männer werden häufiger nikotin-, alkohol- oder drogenabhängig als Frauen
und sie sterben dann auch noch früher!
sooo, hab ich jetzt alle geschockt? Das wollte ich nicht. Ich habe selbst ein Mädchen und einen sehr süßen, sehr kleinen
(6 Wochen alten) Jungen und liebe beide gleichermaßen.
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In allen diesen Gedanken wird vor allem eines klar: Das Geschlecht des Kindes ist ganz offensichtlich nicht egal. | 37 |
Coach
Unsere Haltung und Wertschätzung dem weiblichen Geschlecht gegenüber schwingen im Umgang mit unseren Töchtern immer mit. Wenn wir unsere eigenen Wünsche zulassen und uns auch unsere Ängste eingestehen können, ist das ein guter Schritt dahin, unsere unbewussten Enttäuschungen oder Projektionen nicht auf unsere Kinder zu übertragen. So können wir uns damit auseinandersetzen, was wir eventuell in Jungen hineinprojizieren und was in Mädchen. Was wir von ihnen erwarten oder erwartet hätten. Und uns auch die Frage stellen, welchen Wert wir überhaupt dem »Geschlecht« beimessen und was das mit uns und unserer Erziehung zu tun hat.
Maskulinisierung der Welt
Auf die Weltbevölkerung bezogen gelten die Jungen mehr: Allein in Indien wurden in den vergangenen zwanzig Jahren 12 Millionen Mädchen nicht geboren.
In China kommen auf 100 neugeborene Mädchen 121 Jungen, in Indien sind es 112. Normal wäre ein Verhältnis von 105 zu 100. In manchen chinesischen Städten gibt es doppelt so viele Jungen wie Mädchen.
Ich habe mit Eltern über ihre Vorstellungen und ihre Wünsche an ihre Töchter gesprochen, darüber, was sie sich von und für ihre Kinder erhoffen. In den Gesprächen äußerten vor allem junge Mütter die Vorstellung, dass Töchter eher an sie gebunden bleiben und ihnen emotionale Sicherheit geben. | 38 |
»Ja, das sagt man ja so: Wenn die Tochter heiratet, gewinnt man einen Sohn, und wenn der Sohn heiratet, verliert man ihn.«
NADINE, 30 JAHRE, EINE TOCHTER
Selda ist 42 Jahre alt. Sie hat drei Söhne und eine zweijährige Tochter. Sie hatte sich gewünscht, dass das vierte Kind eine Tochter würde, aber es war nicht »ausschlaggebend«, wie sie sagt. Ihre Vorstellung und gleichzeitig ihre Hoffnung für sich als Mutter einer Tochter sieht sie in der Zukunft, in ihrer Zukunft:
»Natürlich glaube ich ganz fest, dass es noch mal
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