Das Mädchen-Buch
eine ganz andere Beziehung ist zwischen Mutter und Tochter. Vielleicht noch nicht mal so die ersten Jahre, ich glaub, das kommt erst später, so ab Pubertät und im Erwachsenenleben, glaub ich, dass doch Jungs sich mehr von der Mutter so abnabeln, Frauen kennenlernen und dann eher in der Familie der Frau so sind.« … »Ich selber kenne das auch von mir, dass für mich so eine Mutter doch schon so eine größere Rolle spielt, wenn man so Probleme hat, ja nicht unbedingt Freundin, aber so eine andere Beziehung zu der Mutter, wo ich denke, dass erwachsene Männer sich nicht so unbedingt ihrer Mutter anvertrauen.«
SELDA, 42 JAHRE, DREI SÖHNE, EINE TOCHTER
Ganz ähnliche Vorstellungen hatte die 30-jährige Nadine, Mutter einer sechs Monate alten Tochter. »Ach wär’ schön, wenn es ein Mädchen wird«, hatte sie sich gedacht, wobei es ihr im End | 39 | effekt dann doch egal sei. Auch ihre Vorstellungen sind geprägt von ihrem eigenen Verhältnis zu ihrer Mutter:
»Wenn es ein Mädchen wird, habe ich gehofft, dass es dann auch eine Mutter-Tochter-Beziehung wird, wie ich sie jetzt zu meiner Mutter hatte, dass das sehr innig ist und dass man über alles sprechen kann …, also Mädchen erzählen ja immer mehr …« »Ich habe mir vorgestellt, dass wir uns immer gut verstehen, dass es nie so schwerere Konflikte oder Auseinandersetzungen gibt, dass man einfach ganz normal über alles sprechen kann, dass sie mir auch das Vertrauen schenkt und Sachen mit mir bespricht und da keine Angst vor haben muss …. klar hat man auch mal Freundinnen usw., aber große, schwierige Themen, dass sie da das Vertrauen in mich hat …«
NADINE, 30 JAHRE, EINE TOCHTER
Jungs hingegen suchen eher nicht den »Gesprächspartner Mutter«, fährt sie fort, auch wenn sie durchaus den einen oder anderen Ratschlag von ihr annehmen würden. Aber doch anders und nicht im Sinne von: »Wir trinken jetzt mal ’ne Limo zusammen und quatschen mal, was ist denn da blöd oder was stört dich da.« Vielleicht eher: »Ja sag mal, aber gleich muss ich weg«, oder: »O. k., aber mach schnell, ich will weiterspielen.«
Der damals 35-jährige Simon hatte vor der Geburt seiner Tochter, als er das Geschlecht seines Kindes noch nicht kannte, die Vorstellung:
»Wenn es ein Junge wird, dann hast du das Bild: ›Hey, wir zwei gehen ins Stadion und ich bring dir meinen blöden | 40 | Fußballclub bei und du wirst dann auch Fan.‹ Und bei Mädchen dacht’ ich immer: Ach, die sind wahrscheinlich total lieb und finden den Papa unheimlich toll.«
SIMON, 35 JAHRE, EINE TOCHTER, EIN SOHN
Jada ist 39 Jahre und hat einen dreijährigen Sohn und eine 16 Monate alte Tochter. Sie hatte sich schon beim ersten Kind ein Mädchen gewünscht, »weil es mir einfach vertrauter war«, sagt sie. Als klar war, dass es ein Junge würde, war sie erst mal »schockiert«. Ihre Angst bestand darin, »dass ich mich so gar nicht auskenne, wie Jungs so sind und ticken«. Getröstet hat sie sich mit dem Gedanken:
»Es kann ja auch sein, du kriegst ein Mädchen, das dir aber überhaupt nicht ähnlich ist, also dass das gar nichts mit dem Geschlecht zu tun hat.«
JADA, 39 JAHRE, EINE TOCHTER, EIN SOHN
Bei der zweiten Schwangerschaft hat Jada sich Verstärkung auf der Geschlechterseite gewünscht:
»Nicht allein unter Männern sein«, war ihr Gedanke. Und: »Ich hab immer ein bisschen Mitleid gehabt mit den Familien, wo es nur Jungs gab, da hab ich immer die Mutter bemitleidet ein bisschen … Ich dachte, die sind so allein als Frau.«
Mathilda, Mutter einer kleinen Tochter, hatte auch die Vorstellung, selber noch ein bisschen »Puppenmutter« sein zu dürfen: | 41 |
»Ja, ist irgendwie so süß und kann man irgendwie hübscher machen, hübscher anziehen, und irgendwie die Haare frisieren. Ich hatte auch immer viele Frisuren und so, das fand ich ganz toll und das kann man irgendwie mehr bei einem Mädchen als jetzt bei einem Jungen.«
MATHILDA, 31 JAHRE, EINE TOCHTER
»Kinder sind Flügel des Menschen«, sagt ein arabisches Sprichwort. Das Kind gilt als das Symbol für Leben schlechthin, als Medizin gegen das Gefühl der Endlichkeit, als sicheres Zeichen für Zukunft, für die tröstliche Vorstellung, dass etwas über uns selbst hinaus weitergeht. In ihren Kindern, so haben viele Eltern die Vorstellung, bekommen ihre nicht gelebten Träume noch eine Chance. Auf die Mädchen bezogen heißt das zum Beispiel: Väter erhalten doch noch die Traumfrau, die sie sich immer gewünscht haben,
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