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Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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Juden gibt es einige, die im Kopf nichts anderes haben als Bohnenstroh … Ach, lassen wir das … Oje, ich plappere wie ein Wasserfall, nicht wahr?« Sie lachte hell.
    Giuditta stimmte in ihr Lachen ein.
    »Aber lass uns über wichtigere Dinge reden«, sagte Octavia. »Erzähl mir mehr über diesen Hut. Er ist wunderschön. Und Ha-Shem ist mein Zeuge: Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich jemals so etwas über dieses schändliche Ding äußern würde, das wir auf dem Kopf tragen müssen.«
    »Was soll ich darauf sagen?«, fragte Giuditta und errötete.
    »Mein liebes Kind, du brauchst nur rot zu werden, wenn du etwas angestellt hast, nicht, wenn du etwas gut gemacht hast«, erklärte Octavia. »Der Lumpenhändler hat gesagt, dass du heute einen anderen Hut trägst als gestern. Was heißt das? Hast du mehr als einen?«
    Giuditta nickte.
    »Dir muss man aber auch jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen«, seufzte Octavia. »Kann ich denn mal einen deiner Hüte sehen? Oder ihn dir vielleicht abkaufen?«
    »Ihn mir abkaufen?«, fragte Giuditta überrascht.
    »Was willst du denn sonst tun, ihn mir etwa schenken?«, sagte Octavia scherzhaft.
    »Ja, daran hatte ich eigentlich gedacht …«
    Octavia lachte herzhaft auf. »Bist du dir sicher, dass du Jüdin bist?« Und wieder lachte sie. »Ach Liebes, das war nur ein Spaß. Ich mache mich gern lustig über uns, genau wie über die dummen Christen. So gewöhne ich mich an ihre törichten Sprüche, und sie treffen mich nicht so sehr.«
    »Kommt mit, Octavia«, erklärte Giuditta plötzlich, packte sie am Arm und zog sie zurück zu den Arkaden rund um den Hauptplatz des Ghetto Nuovo. Dort sagte sie zu ihr: »Wartet hier, ich bin gleich wieder da.« Dann rannte sie die Treppen nach oben und betrat ihre Wohnung.
    Dort saßen sich Isacco und Donnola schweigend mit gesenkten Köpfen gegenüber. Isacco schaute kurz auf und starrte sie aus glänzenden Augen an. Dann senkte er wortlos wieder den Kopf und stieß leise auf.
    Giuditta raffte alle Kopfbedeckungen zusammen, die sie in ihren einsamen Stunden genäht hatte, und lief dann wieder die Treppe hinunter, glücklich, der tristen Wohnung zu entkommen.
    »Hier, sucht Euch einen aus«, sagte sie dann atemlos zu Octavia.
    »Hör mal, Mädchen, sag nicht Ihr zu mir, sonst komme ich mir so schrecklich alt vor.«
    »Einverstanden«, sagte Giuditta lächelnd und reichte ihr die Hüte. »Such dir den aus, der dir am besten gefällt.«
    Octavia nahm die Kopfbedeckungen entgegen und sah sie schnell durch. »Du hast großes Talent, Mädchen«, bemerkte sie schließlich. Dann lächelte sie Giuditta verschmitzt an. »Komm mit«, sagte sie und ging zur Mitte des Platzes, wo die Frauen im Kreis beisammensaßen.
    Sie unterhielten sich zum Großteil untereinander, während sie Handarbeiten erledigten oder Gemüse putzten und gleichzeitig ihre spielenden Kinder im Auge behielten. Aber immer wieder sah eine zur Fondamenta degli Ormesini hinüber, wo Bruder Amadeo weiter seinen Hass auf ihre Rasse hinausschrie.
    »Guten Tag, Rachel«, sagte Octavia, als sie in den Kreis der Frauen trat. »Guten Tag, alle zusammen.«
    Die Frauen musterten Giuditta misstrauisch.
    Octavia tat so, als bemerkte sie es nicht. Sie setzte sich auf einen freien Stuhl, bedeutete Giuditta, sich neben sie zu stellen, und begann dann, sich betont langsam die Hüte anzusehen. »Wie hieß dieses Modell noch mal, hast du gesagt?«, fragte sie schließlich und hielt einen Hut hoch.
    Die Frage traf Giuditta unvorbereitet, und so machte sie zwar den Mund auf, brachte jedoch nur einen unverständlichen Laut heraus.
    »Mainz, hast du gesagt?«, fuhr Octavia fort. »Modell Mainz.« Sie nickte zufrieden. »Der Name passt wirklich sehr gut.« Mit diesen Worten setzte sie sich den Hut auf. »Und, steht er mir, was meinst du, Rachel?«, fragte sie eine der Frauen.
    »Na ja, es ist ein gelber Hut«, sagte Rachel achselzuckend, als ob sie das nicht weiter interessieren würde. Aber ihre Stimme klang unsicher, und sie ließ den Blick einen Augenblick zu lange auf der Kopfbedeckung ruhen.
    »Ja, du hast recht«, sagte Octavia, nahm den Hut ab und drehte ihn dann in den Händen hin und her. »Aber diese Stickereien … Und wie diese verschiedenen Muster und Farbtöne miteinander kombiniert sind … Irgendwie kommt er mir vor wie ein ganz normaler …« Sie verstummte und zuckte mit den Schultern. »Ach, ich glaube, ich wollte gerade etwas Dummes sagen.« Sie gab Giuditta den Hut zurück. »Da,

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