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Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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nimm ihn wieder.«
    »Was wolltest du denn sagen?«, fragte eine der Frauen nach.
    »Ach, eine Dummheit«, wiederholte Octavia.
    »Davon erzählst du jede Menge. Da kommt es auf eine mehr oder weniger auch nicht an … Los, nun sag schon.«
    »Ich fand den Hut so schön, dass ich dabei gar nicht an einen Judenhut denken musste. Ich wollte sagen, dass das ein ganz normaler Hut ist, den sich auch eine Christin kaufen würde.« Wieder hob sie die Schultern. »Manchmal kann ich ganz schön töricht sein.« Sie drehte sich zu Giuditta um. »Los, komm, zeig mir noch einen.«
    »Zeig ihn mir doch auch einmal, Mädchen«, sagte eine der Frauen und deutete auf den Hut, den Octavia gerade anprobiert hatte.
    Schüchtern und ein wenig zögernd kam Giuditta ihrer Bitte nach.
    Die Frau nahm ihn unter den neidischen Blicken ihrer Freundinnen, die es jetzt bedauerten, nicht als Erste gefragt zu haben.
    »Ach, der hier ist aber wirklich etwas Besonderes!«, rief Octavia mit dem neuen Hut in der Hand.
    »Modell Negroponte«, erklärte Giuditta.
    Octavia betrachtete sie kopfschüttelnd. »Du machst wohl Scherze, oder? Vorhin hast du noch gesagt, dies wäre das Modell Köln.«
    »Ach ja, natürlich …« Giuditta nickte.
    Octavia lächelte sie an und flüsterte ihr ins Ohr: »Städte des Nordens, Mädchen!«
    »Was hast du zu ihr gesagt?«, fragte sofort eine der Frauen.
    Octavia drehte sich zu ihr um. »Dass sie mir einen Rabatt gewähren soll, denn ich glaube, ich werde ihr all diese Hüte abkaufen. Schließlich will ich ab heute jeden Tag einen anderen aufsetzen.«
    »Was, wirklich alle?«, fragte die Frau, die den ersten Hut noch in der Hand hielt und ihn fest an ihre Brust drückte. »Der gehört aber mir, ich wollte sie gerade fragen, was er kostet.«
    »Und ich wollte mir diesen anderen hier anschauen«, sagte die Frau namens Rachel und zeigte auf den Hut, den Giuditta in der Hand hielt.
    »Das Modell Amsterdam?«, fragte Octavia. »Ach nein, Rachel, den will ich.«
    »Das kannst du vergessen«, protestierte Rachel, stand auf und nahm Giuditta den Hut aus der Hand.
    Gleich darauf standen auch die anderen Frauen auf, umringten Giuditta und probierten die Hüte auf.
    Als sie schließlich wieder gingen, zählte Giuditta das Geld in ihrer Hand. Alles in allem waren es zwei Matapan, eine Münze im Wert von zwölf Bagattini und fünf Torneselli.
    »Nicht schlecht, hm?«, fragte Octavia.
    Giuditta war sprachlos.
    »Du hast Talent, Mädchen«, wiederholte Octavia. »Und ich ebenfalls, wenn ich das in aller Bescheidenheit sagen darf«, fügte sie hinzu und stupste Giuditta verschwörerisch mit dem Ellenbogen in die Seite. »Wir sollten darüber nachdenken, ob wir nicht zusammen Geschäfte machen, was meinst du?«
    Giuditta lachte überrascht auf. »Wirklich?«
    »Wofür hast du denn dein Talent, wenn du es nicht nutzt?«
    Giuditta glaubte ihren Ohren nicht zu trauen. Aber dann wurde ihr klar, dass jetzt genau das Wirklichkeit wurde, was sie sich gewünscht hatte, was ihr durch den Kopf gespukt war, ohne dass sie den Gedanken wirklich zu Ende gedacht hatte. Sie sah den Frauen hinterher, die sich entfernten und stolz die neuen Hüte auf dem Kopf trugen. Und Giuditta dachte, dass sie genauso schön aussahen, wie sie es sich vorgestellt hatte. »Wirklich?«, fragte sie noch einmal nach.
    Octavia nickte und lächelte. »Ich weiß, dass dein Vater nicht arbeitet …«, sagte sie leise.
    Giuditta erstarrte.
    »Unsere Gemeinde ist klein, Mädchen …«
    »Ich will nicht darüber reden«, beendete Giuditta die Unterhaltung. Dann drehte sie sich um und rannte davon.
    Als sie bei den Arkaden war, stieß sie beinahe mit einem Mädchen zusammen, das etwa dreizehn Jahre alt sein mochte.
    »Wohnt hier der jüdische Arzt?«, fragte das Mädchen.
    »Was für ein Arzt?«, fragte Giuditta misstrauisch.
    »Der Marianna die Hure behandelt hat«, erwiderte das Mädchen.
    »Wer bist du?«, fragte Giuditta.
    »Meine Mutter arbeitet auch als Hure. Und sie war eine Freundin von Marianna«, sagte das Mädchen und senkte die Lider. Als sie wieder aufschaute, standen Tränen in ihren Augen. Aber zugleich lag ein Ausdruck von Würde und Entschlossenheit auf ihrem Gesicht. »Meine Mutter ist krank. Sie hat dieselbe Krankheit wie Marianna. Und Marianna hat ihr gesagt, es gibt einen jüdischen Arzt mit einem großen Herzen, der Heilmittel kennt, damit man nicht leiden muss, und … der alles getan hat, um sie zu retten.«
    Giuditta durchzuckte ein Schauder. »Dieser Arzt

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